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29. März 2011
Vorlesungstag an der Universität Leipzig thematisiert Atomrisiken

Vorlesungstag an der Universität Leipzig thematisiert Atomrisiken

Der elfte „Vorlesungstag an der Universität Leipzig“ war auch geprägt von der Katastrophe in Japan. Er fand letzten Donnerstag, am 24.03.2011 statt.

Der Einladung zu einem der wichtigsten Branchentreffs im Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis folgten rund 260 Teilnehmer. Die Begrüßungsworte von Herrn Professor Dr. Fred Wagner, Vorstand des Versicherungsinstituts, und Prodekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig, Herrn Professor Dr. Matthias Schmidt, standen im Licht der aktuellen katastrophalen Ereignisse in Japan. Auch die Rolle der Versicherungswirtschaft insbesondere bei der Schadenregulierung wurde dabei thematisiert.

Delegierte Sozialversicherung als Wachstumsmarkt

Als erster Referent sprach anschließend Herr Dr. Werner Görg, Vorsitzender des Vorstands des Gothaer Versicherungskonzerns, über „Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit“. Er stellte heraus, dass die Überschüsse bei den Vereinen vielfach zur Vorsorge für steigende Eigenkapitalanforderungen durch Solvency II angespart worden seien. Aktiengesellschaften wurden hingegen zu kapitalmarktorientierten Ausschüttungen gezwungen. Folglich gäbe es derzeit keine ökonomischen Gründe für Konsolidierungen von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, so Dr. Görg. Einen Wachstumsmarkt sieht er in der „delegierten Sozialversicherung“. Durch den fortschreitenden Rückzug des Staats aus dessen sozialer Verantwortung würden neue Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft entstehen. Die finanziell stark aufgestellten Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit seien dem besonders gewachsen.

Kfz-Versicherung in der Talsohle

Im Anschluss referierte Herr Klaus-Jürgen Heitmann, Mitglied des Vorstands der HUK-COBURG Versicherungsgruppe, zum Thema „Status Quo und Perspektiven der Kfz-Versicherung in Deutschland“. Zunächst zeigte Herr Heitmann auf, dass sich die Kfz-Versicherung aktuell in einer Talsohle befindet. Die Produktlandschaft sei diversifiziert und die Preisgestaltung intransparent. Als größte aktuelle Herausforderung sieht er, dass Automobilhersteller zunehmend als Konkurrenten im Wettbewerb auftreten. Die Versicherungswirtschaft könne hier nur mit dem Instrument der Preispolitik agieren. Ferner müssten eine brancheninterne Transparenz von Produkt- und Preisgestaltung sowie ein branchenexterner Wettbewerb um das Schadenmanagement ermöglicht werden.

Atomrisiken versichern

Nach der Mittagspause sprach Herr Dirk Harbrücker, Geschäftsführer der Deutschen Kernreaktor-Versicherungsgemeinschaft und Mitglied des Vorstands der EXTREMUS Versicherungs-AG, aus aktuellem Anlass über die Versicherung von Atomrisiken. Herr Harbrücker hatte sich kurzfristig zu diesem Vortrag bereit erklärt. Er beschrieb die Regelungen zur Deckung von Nuklearrisiken in Japan und Deutschland. In der Diskussion um die Verlängerung der Laufzeiten seien Entscheidungen ausschließlich auf politischer Ebene zu treffen. Haftung und Deckungsvorsorge blieben jedoch in Kraft, solange Kernmaterialien in Deutschland gelagert oder bearbeitet würden.

Herausforderungen für die Lebensversicherung

Im Anschluss stellten Herr Professor Dr. Fred Wagner und Herr Dr. Florian Elert Ergebnisse aus einer empirischen Studie des Instituts für Versicherungswissenschaften e.V. an der Universität Leipzig zum Thema „Perspektiven und Herausforderungen in der Lebensversicherung“ vor. Dr. Elert ging zunächst auf die veränderten Rahmenbedingungen für die Branche ein. Dazu zählen auch aktuelle Rechtsprechungen, wie das EuGH-Urteil zu Unisextarifen oder die anstehende Reduktion des Rechnungszinses auf 1,75%. Auch die Wirkung von Solvency II auf die Lebensversicherung wurde hinterfragt. Insgesamt erwarten die Versicherer durch das neue Aufsichtsrecht und weitere politisch-rechtliche Rahmenbedingungen zum Teil starke Einflüsse auf ihre Geschäftsmodelle. Professor Wagner legte den Fokus auf die Erwartungen für die Entwicklungen der Geschäftsmodelle in den einzelnen befragten Versicherungsunternehmen. Dabei erkannte er zum Teil eine Inkonsistenz zwischen individueller Strategie und Erwartungen hinsichtlich der Branchenentwicklung.

Die darauf folgende Podiumsdiskussion unter Moderation von Professor Wagner hatte „Herausforderungen im Gesundheitswesen: Status quo, Perspektiven, Lösungswege“ zum Thema. Die geladenen Experten waren Herr Professor Dr. Herwig Birg, Bevölkerungswissenschaftler/Demograph von der Universität Bielefeld, Herr Dr. Werner Görg, Vorsitzender des Vorstands des Gothaer Versicherungskonzerns, Herr Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit, Herr Dr. Volker Leienbach, Direktor im PKV Verband der privaten Krankenversicherung e.V. und Herr Professor Dr. Herbert Rebscher, Vorsitzender des Vorstands der DAK Deutsche Angestellten-Krankenkasse. Die höchst kontrovers diskutierten Fragen thematisierten die Sicherheit der Sozialversicherungssysteme in Deutschland, im Besonderen in den Bereichen Gesundheitsversorgung und Pflegeversicherung.