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14. Juni 2021
Wann dürfen überhängende Äste abgeschnitten werden?

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Wann dürfen überhängende Äste abgeschnitten werden?

Gefahr des Absterbens der Kiefer ist zumutbar

Das Landgericht Berlin wird sich nun ein weiteres Mal mit dem Fall zu beschäftigen haben. Die Richter müssen klären, ob die Nutzung des Nachbargrundstücks durch die überhängenden Äste der Kiefer beeinträchtigt wird. Sollte das der Fall sein, dann ist die Entfernung des Überhangs durch den Nachbarn zulässig. Die Eigentümer des Baums könnten unter diesen Umständen auch nicht geltend machen, dass ein Zuschneiden der hohen Äste die Standfestigkeit des Baums gefährden könnte und unter Umständen ein Absterben der Kiefer droht.

Selbsthilferecht ist weitreichend

Der BGH macht dazu deutlich, dass das Selbsthilferecht aus § 910 Abs. 1 BGB nach der Vorstellung des Gesetzgebers einfach und allgemein verständlich ausgestaltet sei. Es unterliege daher insbesondere keiner Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung. Des Weiteren liege die Verantwortung dafür, dass Äste und Zweige nicht über die Grenzen des Grundstücks hinauswachsen, beim Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht. Kommt der Eigentümer seiner Verpflichtung jedoch nicht nach und lässt die Zweige des Baumes über die Grundstücksgrenze wachsen, dann kann er nicht von seinem Nachbarn verlangen, das Abschneiden zu unterlassen und die Grundstücksbeeinträchtigung einfach hinzunehmen.

Naturschutzrecht könnte noch Abhilfe schaffen

Eine kleine Hoffnung bleibt den Eigentümern der Schwarzkiefer aber noch. Die Bundesrichter machten in ihrer Urteilsbegründung auch deutlich, dass das Selbsthilferecht durch naturschutzrechtliche Regelungen, etwa durch Baumschutzsatzungen oder -verordnungen, eingeschränkt sein könnte. Auch das wird das Berufungsgericht bei seiner erneuten Beurteilung zu berücksichtigen haben.

Natürliche Immissionen sind grundsätzlich hinzunehmen

Anders sieht es übrigens aus, wenn der Baum ordnungsgemäß bewirtschaftet wird und sich vollständig auf der Seite des Eigentümers befindet. Unter solchen Umständen muss der Nachbar die „Verunreinigungen“ durch Äste, Zapfen und Blätter akzeptieren, die Wind und Wetter auf sein Grundstück regnen lassen (AssCompact berichtete). (tku)

BGH, Urteil vom 11.06.2021 – V ZR 234/19

Bild: © Nathalie Pothier – stock.adobe.com

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