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19. Oktober 2021
Was bedeuten die Sondierungsergebnisse für Vermittler?
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Was bedeuten die Sondierungsergebnisse für Vermittler?

Am Freitag haben die Ampel-Parteien die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche präsentiert. Die wichtigste Erkenntnis für das Vermittlergeschäft: Radikale Veränderungen wie die Bürgerversicherung oder die Abschaffung der dreistufigen Altersvorsorge sind zunächst vom Tisch. Offen bleiben aber Aussagen über Änderungen am Vergütungssystem.

Die Sondierungsberatungen zwischen den Ampel-Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sind am vergangenen Freitag zu Ende gegangen. Unter Vorlage eines Ergebnisberichts kündigten die drei Parteien nun die Aufnahme förmlicher Koalitionsgespräche an. Dabei zeigt der Blick in das veröffentliche Ergebnispapier, dass auf das Vermittlungsgeschäft zunächst keine radikalen Veränderungen zukommen dürften. „Die am Freitag vorgestellten Ergebnisse der Sondierungsgespräche zeigten in den Bereichen Altersvorsorge und Gesundheitspolitik einen erfreulichen Pragmatismus“, wie Martin Klein, Vorstand des Vermittlerverbandes VOTUM, die Gesprächsresultate bewertete.

Duales Gesundheitssystem soll erhalten bleiben

Lange war darüber diskutiert worden, ob eine SPD-geführte Koalition das Aus für das duale Gesundheitssystem bedeuten würde. Zum einen schreiben die gesetzlichen Kassen gerade seit der Corona-Pandemie jährlich rote Zahlen und haben mit immer größeren Milliarden-Defiziten zu kämpfen, sodass auch 2021 ein größerer Bundeszuschuss zur Nachfinanzierung der Gesundheitsausgaben notwendig wird. Zum anderen bescheinigen Umfragen unter den Versicherten dem dualen Gesundheitssystem regelmäßig hohe Zufriedenheitswerte. Außerdem zeigt eine neue Untersuchung im Auftrag des Wissenschaftlichen Instituts der PKV, dass weder eine Einheitsversicherung noch ein permanenter Finanzausgleich die demografischen Herausforderungen im dualen Gesundheitssystem lösen können. Die Sondierungspartner zerstreuten in dieser durchaus kontroversen Debatte nun endgültig alle Zweifel: Die Abschaffung der privaten Krankenversicherung ist vom Tisch; oder wie es im Sondierungspapier heißt: Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten.

Dreistufige Altersvorsorge bleibt unangetastet

Neben der gesetzlichen Rente bleibt die betriebliche und private Altersvorsorge wichtig. Zur Rentenpolitik heißt im Papier: „Neben der gesetzlichen Rente bleiben die betriebliche wie private Altersvorsorge wichtig für ein gutes Leben im Alter. Eine gute und verlässliche Rente nach vielen Jahren Arbeit ist für die Beschäftigten wichtig. Es geht darum, sich mit eigener Arbeit eine gute eigenständige Absicherung im Alter zu schaffen.“ Konkret geben die Ampel-Parteien an, weder Rentenkürzungen noch eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters zu verfolgen. Außerdem soll das Mindestrentenniveau von 48% weiter gesichert werden. Insgesamt bleibt es aber dabei: Grundsätzlich soll die umlagefinanzierte Rente durch eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Arbeitnehmern sowie die erwerbsbezogene und qualifizierte Einwanderung gestärkt werden. Diese Festlegung gibt Klein allerdings Anlass zur Kritik: „Dies zeigt weiterhin, dass man sich der Realität der demografischen Entwicklung nicht stellt.“

Gesetzliche Altersvorsorge: Einstieg in Kapitaldeckung

Um diese Zusagen allerdings generationengerecht abzusichern, planen die Parteien zur langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung einzusteigen. Dazu wird nach Angaben der Verhandlungsergebnisse das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds geprüft. In einem ersten Schritt wollen die künftigen Koalitionäre der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Mrd. Euro zuführen. „Hier bewahrheitet sich leider unsere Befürchtung, dass die künftige Bundesregierung plant, zu prüfen, einen Staatsfonds für alle Vorsorgesparer aufzulegen“, kritisiert BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Die Ampelkoalition sollte jedoch bei aller Tatkraft nicht das Kind mit dem Bade ausschütten und die Altersvorsorge für alle standardisieren. Denn die Lebenslagen von Menschen in unserem Land sind zu individualisiert, als dass man allen mit einem Einheitsprodukt gerecht wird. Hier bedarf es flexibler Angebote, für die eine Beratung durch Versicherungsvermittler zentral ist. Daher vermissen wir auch Aussagen zur sozialpolitischen Bedeutung unseres Berufsstands. Der BVK bietet sich hier als sachverständiger Ansprechpartner und Ratgeber für die Koalitionäre an“, so Heinz weiter. Zudem soll der Rentenversicherung auch ermöglicht werden, ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen. Darüber hinaus haben die Sondierer aber die weitere Finanzierung der Sozialsysteme (noch) nicht verraten: Auch mögliche Beitragserhöhungen sind nämlich nicht vom Tisch. Denn zumindest fehlt im Ergebnisbericht ein eindeutiges Bekenntnis von SPD, Grünen und FDP zur Einhaltung der 40%-Grenze bei den Sozialabgaben.

Reform der privaten Altersvorsorge

Aber auch bei der privaten Vorsorge soll sich einiges ändern: „Wir werden das bisherige System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren. Wir werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen“, so die Angaben im Ergebnisbericht. Außerdem soll künftig die Möglichkeit bestehen, dass private Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester eine gesetzliche Anerkennung finden. Geringverdiener sollen mit speziell zugeschnittenen Anreizen zum Abschluss einer privaten Altersvorsorge motiviert werden. Für laufende Riester-Verträge gelte ein Bestandschutz. Der Sparerpauschbetrag soll auf 1.000 Euro erhöht werden.

Keine Aussagen zum Provisionsverbot

Die Frage nach dem künftigen Vergütungssystem im Vermittlungsgeschäft wurde indes noch nicht angesprochen. „Wie heute ein Versicherungsmakler die Vermittlung einer Gebäudehaftpflicht vergütet bekommt, ist sicherlich nicht Thema von Sondierungsgesprächen. Da sollten wir unsere Branche auch nicht überhöhen“, hegte Klein überzogene Vorstellungen nach einer raschen Verständigung in der Frage ein. Wenn es überhaupt zu solchen Themen kommen werde, so der Votum-Vorstand, werde es zunächst diverse Sondierungs- und Arbeitsgruppen geben. Und mit entsprechenden Referentenentwürfen rechnet Klein „maximal in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode“ – und diese würden auch nicht zu einem sofortigen Provisionsverbot führen, sondern „wenn, dann zu einem Ausstieg aus dem provisionsbasierten System“, so Klein weiter. (as)

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