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7. Juli 2022
Wie nachhaltig sind überhaupt die Versicherer aufgestellt?

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Wie nachhaltig sind überhaupt die Versicherer aufgestellt?

Forcierung von Gesundheitsangeboten

Weiter untersuchte der aktuelle ESG-Report auch Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen und nahm damit auch soziale Nachhaltigkeitsaspekte ins Visier. Dafür hat Franke und Bornberg sich u. a. für Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung interessiert. Am häufigsten bieten die Versicherer in dieser Kategorie Betriebssport und professionelle Hilfsangebote für ihre Beschäftigten an. Beides erhöht die Wahrscheinlichkeit für mehr Arbeitszufriedenheit und Fitness sowie weniger Ausfallzeiten durch Krankheit, resümiert der Bericht. Für eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben die Versicherer die drei Klassiker Home-Office, flexible Arbeitszeiten und Angebote zur Kinderbetreuung eingeführt.

ESG-Orientierung der Kapitalanlagen

Aber auch mit den jeweiligen Kapitalanlagen haben Versicherer einen ordentlichen Hebel für eine Umlenkung von Kapital in nachhaltige Unternehmen und Branchen. So beliefen sich im Betrachtungsjahr 2020 die Kapitalanlagen der Erstversicherer in Deutschland auf 1.762 Mrd. Euro. Im selben Jahr betrug bspw. der Bundeshaushalt ca. 442 Mrd. Euro und die Marktkapitalisierung aller DAX-30-Unternehmen rund 1.081 Mrd. Euro. Dazu hat der aktuelle ESG-Report die Strategien für nachhaltige Kapitalanlagen analysiert. Am weitesten verbreitet sind dabei klassische Ausschlusskriterien von Investments, aber auch Negativkriterien, auf die 19 von 26 Versicherern setzen. Diese definieren vorab, in welche Staaten, Branchen oder Unternehmen nicht investiert werden darf.

 

Wie nachhaltig sind überhaupt die Versicherer aufgestellt?

 

Die vier häufigsten Ausschlüsse für Staaten sind Korruption, Verstöße gegen die Pressefreiheit, Nicht-Ratifizierung des Übereinkommens von Paris sowie Verhängung der Todesstrafe. Bei den Ausschlusskriterien für Unternehmen wiederum lassen sich zwei Schwerpunkte herauskristallisieren: Waffen und Kohle. Menschenrechtsverletzungen sowie Verstöße gegen den UN-Wertekanon UN Global Compact folgen auf der „No-Go-Liste“ der Versicherer für Unternehmensbeteiligungen.

Aussagekraft von nicht-standardisierten Nachhaltigkeitsberichten mau

Gerade für außenstehende Analysten und Interessierte stellen die Nachhaltigkeitsberichte eine wichtige Informationsbasis dar. Franke und Bornberg hat daher auch die Nachhaltigkeitsberichte und nicht-finanziellen Berichte der teilnehmenden Versicherer mit den Daten aus der Praxis verglichen. Problematisch sei vor allem, dass fehlende Standards die Vergleichbarkeit zwischen den Berichten zumindest erschwerten, wenn nicht sogar unmöglich machten. „Wer die Nachhaltigkeit von Versicherern auf Basis von Berichten mit unterschiedlichen Standards bewertet, vergleicht nicht selten Äpfel mit Birnen“, resümiert Franke und stellt den Nachhaltigkeitsberichten damit ein ausbaubares Zeugnis aus. Ein anschauliches Beispiel dafür liefern interne Guidelines, wie die zur Bevorzugung bestimmter Verkehrsmittel. Die Praxis beim jeweiligen Unternehmen weiche allerdings oft diametral davon ab, heißt es im Bericht.

Insgesamt positive Entwicklung

Und wie entwickelt sich also die Assekuranz in Sachen Nachhaltigkeit? Insgesamt betrachtet, zeigen sich im Vergleich zum Vorjahresreport mehrere positive Entwicklungen. So ist sowohl der Wasserverbrauch der Versicherer als auch der Stromverbrauch gesunken. „Im Vergleich zum Vorjahr beobachten wir bei den Versicherern einige Fortschritte. Aber wie sonst auch gibt es ESG-Pioniere, Mitläufer und Nachzügler“, konstatiert Michael Franke. Zudem stellt sich die Top-Management-Ebene der Assekuranz auch zunehmend weiblicher auf, wenngleich auf niedrigem Niveau. Auf Vorstandsebene stieg der durchschnittliche Frauenanteil von 9,4% auf zuletzt 11% und in den Aufsichtsräten von 24,7% auf 29%. (as)

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