Verleitung zum Vertragsbruch?
Unlauter ist jedoch auch das Verleiten zum Vertragsbruch. Könnte ein derartiges Verleiten zum Vertragsbruch darin bestehen, dass der Inkassodienstleister Finanzanlagenvermittlern mittels Provisionszahlung einen Anreiz bietet, ihren Kunden einen Verkauf ihres Vertrages nahezulegen?
Ausnutzung eines fremden Vertragsbruchs ist nicht unlauter
Der BGH meint, dass dem nicht so ist. Ein Verleiten zum Vertragsbruch liege nur dann vor, wenn gezielt und bewusst darauf hingewirkt werde, dass ein anderer seine vertraglichen Pflichten verletze. Das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruches sei dementsprechend in der Regel nicht unlauterer Wettbewerb.
Versicherer nicht am vermeintlich gebrochenen Vertrag beteiligt
Des Weiteren liege auch bereits deshalb kein Verleiten zum Vertragsbruch vor, weil der Versicherer nicht geltend gemacht habe, dass der Vertrag zwischen Versicherungsnehmer und ihm als Versicherer gebrochen worden wäre, so der BGH. Vielmehr behaupte der Versicherer, die Finanzanlagenvermittler hätten auf Einwirken des Inkassounternehmens hin, ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern gebrochen.
Der Versicherer wirft den beteiligten Finanzanlagenvermittlern also vor, sie hätten sich von den versprochenen Provisionszahlungen des Inkassodienstleisters locken lassen und ihre Kunden – ungeachtet ihrer Interessen – zur Kündigung animiert. Selbst wenn dem jedoch so wäre, hätte der Versicherer keine Ansprüche, da kein mit ihm geschlossener Vertrag gebrochen wurde.
Finanzanlagenvermittler müssen einfach standhaft bleiben
Die Antwort auf die eingangs aufgeworfene Frage lautet folglich, dass nichts gegen das Anbieten einer Provision spricht. Finanzanlagenvermittler dürfen nur zu keinem Zeitpunkt ihre Pflichten gegenüber ihren Kunden vernachlässigen, wenn sie sich nicht selbst haftbar machen wollen.
Verfahren an OLG zurückverwiesen
Das Verfahren wurde nun zur erneuten Beurteilung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Da der BGH entschieden hat, dass Versicherer und Inkassounternehmen grundsätzlich sehr wohl in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, kommen nämlich noch weitere Gründe für unlauteren Wettbewerb in Betracht, die vom OLG Nürnberg nun noch geprüft werden müssen. (tku)
BGH, Urteil vom 05.11.2020 – I ZR 234/19
Bild: © New Africa – stock.adobe.com
Seite 1 Wirrwarr um verkaufte Lebensversicherung, Provisionen und unlauteren Wettbewerb
Seite 2 Verleitung zum Vertragsbruch?
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können