Die Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat einige Hausbesitzer aufhorchen lassen. Steigt die Nachfrage?
Ja, das ist so. Auch für Häuser in der ZÜRS-Zone 4, also in den Gebieten, die aufgrund ihrer hohen Gefährdungsklasse eigentlich nicht versicherbar sind. Allerdings erlebt DOMCURA schon seit etwa fünf Jahren guten Zuwachs. Wir haben uns damals neu aufgestellt und einen Erfahrungstarif aufgebaut. Das war möglich, weil wir in der Vergangenheit schon Hunderttausende Schäden reguliert und sehr kleinteilig dokumentiert haben. Auf dieser Grundlage können wir den Aktuaren unserer Risikoträger mitteilen, wie viel gewisse Schäden am Ende tatsächlich kosten. 2015 sind wir etwa um 20.000 Verträge gewachsen, im vergangenen Jahr waren es rund fünfmal so viel.
Welche Folgen hat das Sturmtief „Bernd“ darüber hinaus für Ihr Haus?
Wir hatten im Zeitraum von Juni bis Ende August 2021, also in dem Zeitraum, in den auch „Bernd“ gefallen ist, 8.900 Elementarschäden, davon entfallen 3.100 auf „Bernd“. Die Schadenhöhe dieser Fälle ist um einen zweistelligen Faktor höher als ein normaler Elementarschaden. Das sind schon große Volumina.
In dem Erfahrungstarif kann ein solches Ereignis nicht kalkuliert sein?
Ein Jahrhundertereignis wie „Bernd“ wurde in dem Tarif natürlich noch nicht verarbeitet. Aber was im Rahmen der diesjährigen Indexierung in Höhe von 5,54% deutlich wird, ist: Der Verband hat das Ausmaß erkannt und verstanden. Wir sind mittlerweile der Platzhirsch im Maklermarkt. Mehr als jede vierte Wohngebäude-Police wird bei uns abgeschlossen. Der Erfahrungstarif fördert großes Vertrauen bei den Vermittlern – auch hinsichtlich der Qualität unserer Kalkulation. Aber wenn sich solche Fälle wie „Bernd“ häufen, dann hat das Auswirkungen auf die Prämie. Womit wir auch schon bei dem in den zurückliegenden Monaten viel diskutierten Thema wären, ob die Versicherungswirtschaft den Elementarschutz bei Großschäden noch allein tragen kann und sollte.
Wäre eine Pflicht für eine Elementarschutzversicherung die Lösung?
Das könnte ich mir vorstellen. Vor der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer waren deutschlandweit lediglich 46% der Gebäude gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Überschwemmung versichert. Bei DOMCURA hingegen liegt die Quote der Kunden, die ihre Immobilie zusätzlich gegen Elementargefahren versichern lassen, immerhin bei rund 70%. Was auch daran liegt, dass die Makler, die mit uns zusammenarbeiten, hinsichtlich dieses wichtigen Zusatzschutzes höchst sensibilisiert sind. Aber natürlich ist auch eine höhere Quote wie bei uns noch steigerbar.
Sie haben vorhin schon ZÜRS 4 genannt. Die DOMCURA will auch in dieser Zone versichern. Wie weit sind Sie da gekommen?
Ähnlich wie beim Thema Nachhaltigkeit waren wir auch hier First Mover. Denn wir waren die Ersten, die flächendeckend ZÜRS-4-Immobilien versichert haben. Aber natürlich muss man festhalten, dass es hierbei um gerade einmal 98.000 Objekte in ganz Deutschland geht – im Vergleich zu beispielsweise 20,4 Millionen Adressen der Gefahrenzone ZÜRS 1. Allein daran können Sie schon ablesen, dass der Markt eher überschaubar ist. Aber wir fühlen uns unserem firmeneigenen Motto verpflichtet: Wir versichern alle Dächer, unter denen man wohnen kann.
Und nach der jüngsten Hochwasserkatastrophe überlegen sich bestimmt einige Besitzer von ZÜRS-4-Objekten, ob es nicht doch klüger wäre, die Immobilie trotz einer spürbar höheren Prämie zu versichern.
Nun werden vermutlich wieder viele Häuser dort aufgebaut, wo es brenzlig bleibt. Wie ist da das Zusammenspiel?
Es ist tatsächlich so, dass in einigen Gebieten entlang der Ahr der Wiederaufbau am alten Ort nicht erlaubt ist. Dort müssen Ausgleichsflächen gefunden werden. Genau dieser Aspekt hat allerdings gravierende Auswirkungen für Versicherungsnehmer. Denn, was vielleicht nicht jeder weiß: Die Wohngebäudeversicherung ist in aller Regel eine Neuwertversicherung. Das bedeutet: Wenn ein 20 Jahre altes Haus weggeschwemmt wurde, dann würde die Versicherung normalerweise den Neuwert dieses Objektes erstatten. Voraussetzung: Das Haus wird dort wieder aufgebaut, wo es zuvor gestanden hat. Wenn nun aber dort ein Wiederaufbau untersagt wird und das Haus an einer anderen Stelle errichtet werden soll, dann sind die Versicherer nur dazu verpflichtet, zum Zeitwert zu entschädigen. Wir bei DOMCURA wollen aber nicht, dass Versicherungsnehmer in einem solchen Fall schlechter gestellt werden. Deshalb sind wir mit unseren Risikoträgern diesbezüglich im Gespräch. Denn das Thema dürfte künftig eine große Rolle spielen.
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Seite 3 Die Wohngebäudeversicherung wird wohl weiter komplizierter. Aber wie gefährlich ist es für Ihr Haus, sich so sehr auf diese Sparte zu konzentrieren?
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Leserkommentare
Comments
Domcura und Bedingungen ...
"Wenn nun aber dort ein Wiederaufbau untersagt wird und das Haus an einer anderen Stelle errichtet werden soll, dann sind die Versicherer nur dazu verpflichtet, zum Zeitwert zu entschädigen."
Tatsächlich gilt:
"Ist die Wiederherstellung an der bisherigen Stelle rechtlich nicht möglich oder wirtschaftlich
nicht zu vertreten, genügt es, das Gebäude an anderer Stelle innerhalb der Bundesrepublik
Deutschland zu errichten." (Quelle: Musterbedingungen GDV).
Andere Konzepte regeln diesen Punkt sogar noch großzügiger.
"Linoleum ist ein ökologischer Bodenbelag, bestehend aus Leinöl, Korkmehl und Jute."
Und für dessen Ersatz zahlt die Domcura einen Zuschuss?
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