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28. August 2025
Wohngebäude: Vermittler erwarten Trend zum Rückzug
Wohngebäude: Makler erwarten Trend zum Rückzug

Wohngebäude: Vermittler erwarten Trend zum Rückzug

Die Wohngebäudeversicherung steht unter Druck. Werden sich Versicherer künftig vermehrt aus unprofitablen Verträgen zurückziehen? Eine AssCompact Studie zeigt, dass die große Mehrheit der Makler glaubt, dass dies passieren könnte. Wie ein Vermittler die Lage in der Sparte sieht.

In den letzten Jahren hat sich die Wohngebäudeversicherung – neben der Kfz-Versicherung – als eines der „Sorgenkinder“ der Versicherungsbranche erwiesen. Neben höheren und häufigeren Schäden verursacht durch Extremwetter setzen auch steigende Baukosten und Materialengpässe die Sparte unter Druck.

Kürzlich hat die Continentale bekannt gegeben, dass sie ab Oktober kein Neugeschäft in der Wohngebäudeversicherung über Makler und Mehrfachagenten mehr zeichnen wird. Der Versicherer gibt auf Nachfrage die Profitabilität sowie die geringe Bedeutung des Vertriebswegs Makler in der Wohngebäudeversicherung im Unternehmen als Hintergründe für die Entscheidung an.

Makler erwarten Veränderung im Markt der Wohngebäudeversicherung

Die Bekanntmachung der Continentale wirft nun allerdings die Frage auf: Werden sich künftig mehr Anbieter aus der Sparte zurückziehen? Eine Umfrage aus der aktuellen AssCompact Studie „Privates Schaden-/Unfallgeschäft 2025“ zeigt, dass die große Mehrheit der befragten Makler eine solche Entwicklung erwartet. Fast neun von zehn der befragten Vermittler (87,6%) stimmen der Aussage „Versicherer werden sich verstärkt aus unrentablen Wohngebäudeverträgen zurückziehen“ zu.

Für Nico Streker, Geschäftsführer bei Asspick Versicherungsmakler GmbH, einem auf die Wohngebäudesparte spezialisiertem Makler, kam die Entscheidung der Continentale nicht völlig überraschend. Die Situation in der Wohngebäudeversicherung sorge dafür, dass immer mehr Gesellschaften ihre Zeichnungspolitik überdenken, erklärt Streker gegenüber der AssCompact. „Wir sehen nicht nur bei der Continentale, sondern auch bei anderen Versicherern wie HDI, SIGNAL IDUNA, Alte Leipziger und AXA, erste Bemühungen, sich aus bestimmten Segmenten, z. B. dem Hausverwaltergeschäft, zurückzuziehen oder ihre Tarif- und Annahmepolitik deutlich zu verschärfen.“ Der Druck steige besonders bei untertarifierten Altverträgen und Rahmenvereinbarungen.

„Totalausfall“ für Makler

Auf die Frage, warum die Continentale seiner Meinung nach nur den Maklervertrieb aufgegeben hat, erklärt Streker, dass die Begründung vermutlich in den Kostenstrukturen liege. Die individuelle Beratung, Verhandlung und Platzierung, die im Maklergeschäft häufig passiere, sei aus Sicht mancher Gesellschaften teurer und aufwändiger als andere Vertriebswege.

Allerdings greife die Argumentation zu kurz: „Gerade Maklerkunden haben in der Regel werthaltige Verträge und profitieren von langfristiger Betreuung. Ein Rückzug aus diesem Segment bedeutet am Ende auch den Verlust von stabilen Kundenbeziehungen aus Maklerseite“, so Streker. „Eine selektive Zeichnungspolitik, die nur die Rosinen im Kuchen nimmt, ist sicher bequem. Nur: Für uns Makler, die auf Verlässlichkeit und Kontinuität angewiesen sind, ist das ein Totalausfall.“

Bezahlbarer Schutz ist schwerer zu finden

Welche Auswirkungen hat also ein Rückzug wie der der Continentale auf Makler und auf Kunden? „Für uns als Makler bedeutet das: weniger Auswahl, weniger Wettbewerb, deutlich erschwerte Platzierungen bei Portfolios oder Objekten mit Vorschäden“, erklärt Streker. Für Kunden resultiere eine solche Veränderung in steigenden Prämien, strengeren Annahmekriterien und mitunter dem Risiko, „überhaupt keinen bezahlbaren Schutz mehr zu finden“.

Hohe Prämienanpassungen in der Wohngebäudeversicherung sind bereits seit einigen Jahren ein Thema. Laut dem Branchenmonitor 2024 Wohngebäudeversicherung der V.E.R.S. Leipzig GmbH sind die Durchschnittsprämien in der Wohngebäudeversicherung allein in den Jahren 2018 bis 2023 um 54,35% auf 649,38 Euro gestiegen. Auch zum Jahresanfang 2025 haben viele Wohngebäudeversicherer ihre Prämien auch über die üblichen Indexanpassungen hinaus erhöht, schreibt das Kölner Ratinghaus Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH.

Das führt laut Streker oft zu Beschwerden auf Kundenseite. „Viele Kunden können die massiven Beitragsanpassungen von 20, 30 oder sogar 100% nur schwer nachvollziehen“, so Streker. Die Aufgabe des Maklers sei, dann Ursachen transparent zu erklären. Dennoch bleibe am Ende die Frustration.

Prävention als Gamechanger?

Die Situation bleibt also weiterhin auf allen Seiten angespannt. Entlastung könnten Streker zufolge konsequente Investitionen in Schadenprävention bringen – dies werde aber häufig noch vernachlässigt. Für viele Versicherer liege der Fokus derzeit ausschließlich auf der Sanierung ihrer Portfolios und einer restriktiveren Annahmepolitik.

„Technische Lösungen wie Wasserleckagesensoren, intelligente Brandmelder oder verbesserte Rückstausicherungen könnten Schäden erheblich reduzieren. Auch Aufklärungskampagnen für Eigentümer – beispielsweise zur Wartung von Leitungen, Fugen, Dachkontrollen, Hochwasserschutzberatung oder richtigen Verhaltensweisen bei Unwetterwarnungen – sind bislang kaum Teil der Zeichnungspolitik“, so Streker. „Solange Schadenprävention nicht fest auf der Agenda steht, wird der Markt dauerhaft defizitär bleiben – und die Last tragen weiterhin Kunden und Makler.“ (js)