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8. November 2023
Workation – Urlaub oder Arbeit?

Workation – Urlaub oder Arbeit?

Heutzutage ist Workation in aller Munde: Entspannt den Urlaub etwas verlängern, ohne dass der Arbeitgeber dabei auf die Arbeitskraft verzichten muss. Doch was versteht man eigentlich darunter und wie können Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer unterstützt werden, wenn das Thema Workation im Raum steht?

Ein Artikel von Smaro Sideri, Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht, Referentin für arbeitsrechtliche Seminare und Podcasthost von „Attraktive Arbeitgeber“

Workation ist ein zusammengesetztes Wort aus „work“ (Arbeit) und „vacation“ (Urlaub). Damit ist nicht gemeint, dass man im Urlaub arbeiten muss, sondern dass eine Kombination stattfinden soll. So kann die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer beispielsweise erst im Urlaub sein und danach dort noch eine Zeit lang arbeiten oder die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer kann an einem Ort arbeiten, an den sie oder er normalerweise lediglich im Urlaub kommen würde.

In aller Kürze ist Workation ein zeitlich befristetes mobiles Arbeiten, in der Regel im Ausland. Dabei geht es eben explizit nicht darum, dass sich der Lebensmittelpunkt oder der Wohnsitz in ein anderes Land verlegt. Begriffe, die synonym verwendet werden, sind u. a. International Remote Work oder mobiles Arbeiten im Ausland, wobei sich Workation in den meisten Fällen durchgesetzt hat.

Ist der Arbeitgeber zum Angebot von Workations verpflichtet?

Workations sind grundsätzlich ein freiwilliges Angebot, das ein Arbeitgeber, ein Unternehmen machen kann. Da heutzutage aber der Kampf um die Fachkräfte entbrannt ist, kann der Arbeitgeber mit dem Benefit „Workation“ punkten. Denn es ist heute üblich, dass insbesondere im Rahmen von Bewerbungsgesprächen immer wieder das Thema Workation aufkommt, da Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer flexibler sein wollen. Fehlt diese Möglichkeit, kann das sogar zu Absagen seitens der Bewerber führen.

Was gilt es bei Workations aus Arbeitgebersicht zu beachten?

Bei Workations kommen verschiedene Aspekte wie Sozialversicherung, Steuer und arbeitsrecht­liche Themen zum Tragen.

Bezüglich der Sozialversicherungspflicht gilt der Grundsatz, dass an dem Arbeitsort Sozialversicherungsbeiträge anfallen, in dem tatsächlich gearbeitet wird. Das würde bedeuten, dass bei einer kurzfristigen Workation im Ausland im jeweiligen Land Sozialversicherungsbeiträge abzuführen wären. Damit das nicht passiert, gibt es zumindest für das europäische Ausland die Möglichkeit, mit einer sogenannten A1-Bescheinigung zeitweise im Ausland zu arbeiten, ohne dort versicherungspflichtig zu werden. In dieser Bescheinigung wird ausgewiesen, dass Deutschland der ständige Arbeitsort ist und nur eine zeitlich begrenzte Tätigkeit im Ausland besteht. Diese Bescheinigung muss vor der Workation beantragt werden und von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mitgeführt werden.

Auch steuerrechtlich ist zu beachten, dass bei einem dauerhaften oder längeren beruflichen Aufenthalt im Ausland eine „eingerichtete Betriebsstätte“ gesehen werden kann, sodass in dem jeweiligen Land eine Steuerpflicht entstehen kann – zusätzlich zur deutschen Steuerpflicht! Deshalb sollten Workations nicht dauerhaft im Ausland stattfinden. Die Grenze der möglichen Dauer ohne zusätzliche Steuerpflicht liegt zurzeit bei 180 Tagen im Jahr.

Möglicherweise werden aber zumindest für das europäische Ausland neue Regelungen geschaffen, da der Bedarf an einem länderübergreifenden mobilen Arbeiten zunimmt. Es gibt bereits Bestrebungen der EU und der Schweiz, erleichterte Bedingungen zu schaffen.

Arbeitsrechtlich geht man bei Workations davon aus, dass der Wunsch zu dieser Arbeitsform auf der Arbeitnehmerseite besteht und nicht vom Arbeitgeber veranlasst ist, sodass nicht die Regelungen für Entsendungen anwendbar sind.

Es gibt bislang keine gesetzliche arbeitsrechtliche Regelung für Workations. Wenn Arbeitgeber Workations anbieten, dann sind dazu individuelle Vereinbarungen zu treffen, in denen die Bedingungen wie Dauer, mögliche Länder, Erreichbarkeit etc. festgehalten werden.

In Unternehmen mit Betriebsräten sind hierzu Betriebsvereinbarungen abzuschließen, die die Einzelheiten von Workations, wie sie im Unternehmen möglich sind, beschreiben und verbindlich regeln. Es besteht hier also Gestaltungsspielraum, der je nach Branche und Tätigkeit bedarfsgerecht angewendet werden kann. Die Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei im Blick zu behalten und gegebenenfalls die Regelwerke anzupassen.

Mobiles Arbeiten als Voraussetzung für Workations

Grundsätzliche Voraussetzung für die Möglichkeit, Workations zu machen, ist, dass es sich um eine Tätigkeit im mobilen Arbeiten handelt. Die arbeitsrechtlichen Regelungen wie die Einhaltung und Erfassung von Arbeitszeiten gelten genauso beim mobilen Arbeiten im Ausland weiter. Währenddessen behalten generell alle arbeitsvertraglichen Regelungen weiter ihre Gültigkeit, mit Ausnahme eben des Arbeitsortes, es sei denn, es wurden für die Dauer der Workation Sonderregelungen vereinbart. Denkbar wäre zum Beispiel die Reduzierung der Arbeitszeit – und dann auch der Vergütung – für die Dauer einer Workation.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht mobil arbeiten können, kommen Workations leider nicht in Betracht. Um auch diesen Beschäftigten alternative Arbeitsmöglichkeiten anzubieten, wäre es denkbar, Workations für Teamevents oder für Fortbildungen oder für einen Bildungsurlaub zu nutzen.

Der Trend zu mehr Flexibilität sowohl bei der Arbeitszeit als auch beim Arbeitsort ist nicht mehr aufzuhalten, sodass Unternehmen gut beraten sind, sich auch mit der Möglichkeit von Workations zu beschäftigen, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © God Image – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Smaro Sideri