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20. Oktober 2022
Über die Notwendigkeit eines Vertriebspartnervertrages

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Über die Notwendigkeit eines Vertriebspartnervertrages

Über die Notwendigkeit eines Vertriebspartnervertrages

Gründer von Maklerunternehmen, die mit Vertriebspartnern wie Maklerpools oder Produktgebern zusammenarbeiten möchten, sollten grundlegende Inhalte der Kooperation durch einen Vertriebspartnervertrag regeln. Eine Rechts­expertin klärt über die wichtigsten Aspekte eines solchen Vertrages auf.

Ein Artikel von Michaela Ferling, Rechtsanwältin der Kanzlei FERLING RECHTSANWÄLTE

Wer kennt es in der Gründerszene nicht? Man brennt für das neu gegründete Maklerunternehmen und die Vertriebspartner, mit denen eine Zusammenarbeit geplant ist, können es auch kaum abwarten, Geschäft einzureichen. Zeit- und kostenintensive Tätigkeiten wie Abrechnungen, Kundenverwaltungsprogramm, Schulungen etc. werden an Dritte, allen voran Maklerpools, ausgelagert. Endlich ins Verdienen kommen, das hat allerhöchste Priorität. Eine solide vertragliche Grundlage, die die Zusammenarbeit mit den eigenen Vertriebspartnern bildet, wird entweder gänzlich vergessen oder es fehlt die Zeit oder das Geld wird gespart. Eine Nachlässigkeit, die sich später bitter rächen kann.

Unabhängig davon, auf welcher Grundlage eine Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner geplant ist, ob als Handelsvertreter oder in Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sollten also grundlegende Regelungen getroffen werden.

Regelung von Vergütung und Stornoreserve

Eines der wichtigsten Themen ist die Regelung der Vergütung. Das gilt ohne Zweifel bei der Einführung eines ausgeklügelten Einheitensystems mit Vergütungsplan – meist in Kombination mit einem Karriereplan –, aber auch schon dann, wenn „nur“ prozentual partizipiert wird, wenn also die Vertriebsgesellschaft an den Geschäften der angebundenen Vermittler einen Overhead erhält. In beiden Fällen ist eine vertragliche Regelung, die transparent die Vergütung der nachstrukturierten Vertriebspartner festlegt, nicht nur empfehlenswert, sondern unerlässlich.

Gleiches gilt für eine wirksame Regelung der Stornoreserve. Generell gilt, dass die Provision das Schicksal der Prämie teilt. Im Bereich der Lebens- und Krankenversicherungen ist die Provision in Abhängigkeit der im jeweiligen Tarif verankerten Stornohaftungszeit, in aller Regel 60 Monate, erst nach Ablauf der Stornohaftungszeit vollständig verdient. Der Vermittler würde folglich – bei Zugrundelegung einer Haftungszeit von 60 Monaten – Monat für Monat eine Vergütung in Höhe 1/60 erhalten, soweit der Kunde die Prämie entrichtet hat. Branchenüblich ist auch, dass Abschlussprovisionen bei Lebens- und Krankenversicherungen diskontiert, also bevorschusst, ausbezahlt werden. Zur Absicherung des Stornorisikos wird branchenüblich eine Stornoreserve gebildet. Allein die Tatsache, dass eine Stornoreserve einbehalten wird, sollte geregelt sein.

Stornoreserve: Keine unangemessene Benachteiligung

Spätestens seit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) aus dem Jahr 2012 sollte bei der Formulierung der Stornoreserve zusätzlich darauf geachtet werden, dass diese den Vertriebspartner nicht unangemessen benachteiligt. In der Entscheidung des OLG wurde eine Klausel zur Stornoreserve für unwirksam erklärt, bei der die Auszahlung der gesamten einmal einbehaltenen Stornoreserve auf den Zeitpunkt nach Vertragsende hinausgeschoben wurde, bis alle vermittelten Verträge aus der Stornohaftung waren. Unter dem Stichwort Übersicherung erachtete das Gericht die Klausel als eine unangemessene Benachteiligung, denn das Haftungsvolumen sank mangels Neuvermittlung nach Vertragsende jeden Monat kontinuierlich, während die Stornoreserve unverändert hoch blieb.

Diese Entscheidung sollte Anlass genug sein, eine wirksame Regelung im Vertriebspartnervertrag aufzunehmen, die dafür Sorge trägt, dass eine Übersicherung in jedem Fall vermieden wird. Denn das Prekäre an einer unwirksamen Stornoreserveklausel ist, dass die Vertriebsgesellschaft die Stornoreserve in aller Regel nicht selbst einbehalten hat und das Geld entweder durch den Produktgeber oder den Maklerpool einbehalten wurde. Dass in diesen Fällen eine Liquiditätslücke entsteht, braucht nicht vertieft zu werden.

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Ein Artikel von
Michaela Ferling