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28. Juni 2019
„Wir brauchen ein besseres Bild der beratenden und vermittelnden Berufe“

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„Wir brauchen ein besseres Bild der beratenden und vermittelnden Berufe“

In der Diskussion um den Provisionsdeckel kommen aber wieder völlig andere Darstellungen auf das Tablett: Falschberatungen, Fehlanreize, Interessenkonflikte. Die Vorwürfe sind ja bekannt. Wie erklären Sie sich diese stetige Diskrepanz?

Die ganze Deckel-Diskussion ist eine Geißelung der Unternehmerkultur in Deutschland. Wir brauchen Menschen, die das Risiko der Selbstständigkeit auf sich nehmen, innovativ und voller Energie Ideen entwickeln und umsetzen. Wir brauchen Menschen, die sich am Wachstum und Wohlstand unseres Landes beteiligen.

Es entsteht der Eindruck, dass alle diese tollen kleinen mit Energie aufgeladenen Unternehmer – Treiber und Teilnehmer am wirtschaftlichen Erfolg – per se von der Politik und anderen Institutionen als potenzielle Kriminelle abgestempelt werden, die Regulierung und enge staatliche Führung bräuchten, weil sie sonst wie kriminelle Asoziale durch das Land ziehen und alles niederreißen. Das ist Unsinn und ich muss das so in aller Deutlichkeit sagen.

Es tut auch nicht gut, wenn ein solches Bild vermittelt wird. Durch diese Bilder werden Strukturen geschaffen. Wer glaubt, ein Unternehmer müsse nahe an der Kriminalität handeln und jeden Vorteil für sich nutzen, der wird, wenn er Unternehmer ist, ebendies tun. Das ist die Gefahr, die durch nicht reale, aber allgemein anerkannte Vorstellungen entsteht. In der öffentlichen Wahrnehmung gilt das auch für Ärzte, Rechtsanwälte und andere beratende Berufe. Die Arbeit der beratenden, heilenden und vermittelnden Berufe ist doch stark durch die Arbeit mit dem Menschen geprägt.

Volksgesundheit setzt sich aus vielen Aspekten zusammen das ist körperliche, psychische und geistige Gesundheit. Das ist aber auch finanzielle Gesundheit und Vertrauen auf Institutionen und Jurisprudenz im gleichen Maß. Insofern sehe ich es als Präsident des VEVK als meine Pflicht, auch darauf hinzuweisen, dass die hausärztliche Versorgung und der Zugang zu Anwälten durch zu wenige Nachfolger für eine Selbstständigkeit auf Dauer gefährdet sind. Das sollte man im Auge haben, wenn man an einem Markt mit vielen Teilnehmen Interesse hat. Wir alle sprechen mit den sogenannten „kleinen Leuten“, wir kümmern uns um ihre Belange, ohne dass sie dafür mehr bezahlen müssen. Das ist ein Wert, den niemand exakt kalkulieren kann. Das trägt zum sozialen Frieden in unserem Land bei. Wir brauchen ein besseres öffentliches Bild der heilenden, beratenden, behandelnden und vermittelnden Berufe.

Sie spannen da einen sehr weiten Bogen. Der Vorwurf gegenüber den Vermittlern ist konkreter, dass sie nur am Abschluss interessiert seien.

Ehrbare Kaufleute wollen ihre Kunden idealerweise lebenslang begleiten. Das setzt man nicht für einen einmaligen Abschluss aufs Spiel. Wer so handelt, ist kein ehrbarer Kaufmann. Er verliert damit nicht nur die Beziehung zu seinem Kunden, sondern er gefährdet den Fortbestand seines Unternehmens.

Das Risiko des Interessenkonflikts kann aus meiner Sicht höchstens dort bestehen, wo Menschen ausschließlich von Abschlussprovisionen leben und reines Absatzdenken herrscht. Das ist nicht im Sinne des VEVK. Vermittler und Makler, die als Kaufleute ihrem Gewerbe nachgehen, tun das aus Überzeugung und manche Betriebe schon über mehrere Generationen

Tragen die Branche und auch die Vermittlerschaft dann eine oder keine Mitschuld an dem Image?

Die Branche hat eine Mitverantwortung für das Image. Es ist entstanden, weil es Anlass dazu gab. Vertriebsstrukturen mit schmalster oder keiner fachlichen Ausbildung, mit reinen Absatzvorgaben und eingeübten Redewendungen wurden eingesetzt und das Interesse des Kunden spielte eine untergeordnete Rolle. Das ist aus meiner Sicht überwunden. Das Gesamtbild hat sich auch signifikant verbessert – durch die erste Vermittlerrichtlinie und die daran anknüpfenden weiteren Änderungen. Es sind einige notwendige Maßnahmen getroffen worden und die gesamte Entwicklung stimmt mich an dieser Stelle positiv.

Wir müssen noch die Asymmetrie der Machtverhältnisse im Exklusivvertrieb langfristig ausgleichen, dann sehe ich uns auf einem guten Weg. Versicherer, die mit ihrer Exklusivorganisation nicht vorbildlich umgehen, werden Probleme bekommen. Wenn wir das nachhaltig überwinden, steht einem wichtigen und bedeutenden Bestandteil der deutschen Wirtschaftskraft und sozialpolitischen Befriedung, den Versicherungsvermittlern im Exklusivvertrieb ebenso wie den Maklern eine aussichtsreiche Zukunft bevor.

Das brauchen wir auch, um Innovationen in der Wirtschaft zu begleiten und um die betriebliche Altersversorgung und betriebliche Krankenversicherung als Ergänzung der Sozialversicherungssysteme in den Unternehmen flächendeckend zu beraten. Es ist höchste Zeit, mehr Vertrauen zu zeigen und gemeinsam zu arbeiten. Wir alle wollen in einer friedlichen Umgebung in eine Zukunft mit guten Aussichten schauen.

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