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14. Juni 2023
bAV vor tarifvertraglichem Hintergrund: (k)ein Buch mit 7 Siegeln
bAV vor tarifvertraglichem Hintergrund: (k)ein Buch mit 7 Siegeln

bAV vor tarifvertraglichem Hintergrund: (k)ein Buch mit 7 Siegeln

Die Tarifvertragsparteien treffen häufig Regeln auch für die betriebliche Altersversorgung. Versicherungsvermittler haben aber kaum Zugang zu den Tarifverträgen, was dazu führt, dass diese kaum umgesetzt werden können. Die Kanzlei Guse hat sich des Themas angenommen.

Ein Artikel von Christian Guse, Rechtsanwalt bei der Anwaltskanzlei Guse

Tarifverträge spielen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) eine wichtige Rolle. Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, die selbst Partei des Tarifvertrags sind. Fast jedes zweite Arbeitsverhältnis in der Bundesrepublik ist tarifvertragsgebunden. Weitere sind an Tarifvertragsgestaltungen angelehnt.

Makler und Produktanbieter, die tarifvertragliche Vorgaben nicht kennen und keinen Zugang dazu haben, schließen damit 50% des Absatzmarktes für sich aus. Das Problem: Viele bAV-Berater und Vermittler sind im bAV-Bereich fachlich hervorragend aufgestellt, stoßen aber beim bAV-Produktverkauf an ihre Grenzen, weil die Informationen aus dem Tarifvertrag (TV) meist nicht verfügbar sind. Wenn die TV-Vorgaben nicht bekannt oder klar sind, droht haftungsrelevante Falschberatung. Die Problematik ist systemimmanent, trifft aber die Berater. Tarifverträge werden von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften regelmäßig nur ihren Mitgliedern zur Verfügung gestellt.

Warum werben die Tarifvertragsparteien nicht mit der bAV?

Der Autor dieses Beitrags fragt, wenn zu bAV-Tarifverträgen für die Kanzlei recherchiert wird, oftmals direkt bei den Verbänden und Gewerkschaften an. In vier von fünf Fällen kommen die Verträge nicht. Allgemein zugängliche Datenbanken beinhalten meist keine bAV-Tarifverträge. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, die für sich in Anspruch nehmen, auf der Höhe der Zeit zu sein, Tarifverträge nicht herausgeben. Wir befinden uns im Informationszeitalter. Die Frage lautet also nicht: Bekommt man eine Information? Sondern richtigerweise: Wie lange dauert es, bis man die Information hat? Noch wichtiger ist aber auch in der bAV die alte Regel: Tue Gutes und rede darüber. Wenn Tarifvertragsparteien es also ernst mit der bAV meinen, warum werben sie dann nicht dafür, indem sie ihre Tarifverträge veröffentlichen? Stattdessen halten sie die Informationen unter Verschluss wie Miraculix das Rezept des Zaubertranks (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Vermittler und Berater bleiben außen vor

Warum werden die Berater und die Vermittlerbranche – die ja letztlich durch ihre Vertriebsaktivitäten einen bAV-Tarifvertrag erst „zum Fliegen bringen“ – von den Tarifvertragsparteien in den meisten Fällen nicht mit den notwendigen Informationen versorgt? Stattdessen werden sie von den Tarifvertragsparteien sich selbst und dem eigenen Recherchegeschick überlassen.

Dass § 8 Tarifvertragsgesetz Arbeitgeber dazu verpflichtet, die im Betrieb anwendbaren Tarifverträge bekanntzumachen, hilft oft auch nicht weiter. Vermittler erleben oft, dass Arbeitgeber sich nicht mal darüber sicher sind, ob ein Tarifvertrag in ihrem Betrieb anzuwenden ist  geschweige denn, welcher oder dass sie ihn auffinden. Dies gilt sogar für die öffentlichen Stellen, wo Tarifverträge nach § 7 Tarifvertragsgesetz hinterlegt werden müssen.

Und selbst, wenn im Einzelfall Informationen erhältlich sind, ist der Inhalt für den Makler oft unverständliches Juristendeutsch. Dies gestaltet die Umsetzung des TV im Vertrieb schwierig.

1. Tarifvertragsdaten fürs Mobiltelefon oder Tablet

Als einen Ausweg hat die Kanzlei Guse mit einem juristischen Team und einem jungen Wirtschaftsingenieur vor fünf Jahren ein Start-up gegründet – eine Datenbank für bAV-Tarifverträge aufgebaut und dazu 2020 die App „bAV-Tarifvertragsprofi“ auf den Markt gebracht. Derzeit sind dort ca. 252 bAV-Tarifverträge aus etwa 56 Branchen gelistet. Die Tarifverträge werden nach Stichworten geclustert, vertriebsrelevante Inhalte für Berater „vereinfacht“ und über die mobile App zugänglich gemacht. Dies ist auch für fremde Verwaltungs- oder Angebotssoftware möglich.

2. bAV-Tarifvertragsvorgaben für Verwaltungsplattformen und in Angebotssoftware

Die Daten sind aber nicht nur über die Applikation für Berater zugänglich. Sie können auch über eine Schnittstelle direkt in bAV-Angebots- und Verwaltungssoftware integriert werden. Da eine Plattform generell alle bAV-Beteiligten verbindet und die direkte Rechenkernanbindung bietet, beraten Makler auf dieser Basis auch rechtssicher, tarifvertragskonform, schnell und effizient.

AssCompact Forum betriebliche Versorgung 2023

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des AssCompact Wissen Forums betriebliche Versorgung, das am 20.06.2023 in Neuss stattfindet. Die Kanzlei Guse ist dort mit einem Ausstellungsstand vertreten. Gleichermaßen gestaltet sie ein Podiumsgespräch zum Thema „Tarifvertragliche betriebliche Versorgung – kein Buch mit 7 Siegeln“ mit Christian Birkenheier, Geschäftsführer von Das Rentenwerk und Stefan Huber, Geschäftsführer der evorsorge Systems GmbH. Es moderiert Christian Guse, Rechtsanwalt bei der Anwaltskanzlei Guse.

Weitere Informationen zum Programm finden Sie unter asscompact.de/forum-betriebliche-versorgung.

Bild: © Parradee – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Christian Guse