Ein Artikel von Christian Nuschele, Head of Distribution & Marketing bei Standard Life
Die gute Nachricht vorab: Knapp die Hälfte (48%) der über 50-Jährigen in Deutschland blickt „optimistisch“ oder „eher optimistisch“ auf ihren Ruhestand. Weniger als ein Viertel (22%) ist dagegen „pessimistisch“ oder sogar „sehr pessimistisch“ gestimmt.
Wenn es um die eigenen Finanzen geht, wandelt sich aber leider das Bild. Fast jeder dritte in der Bundesrepublik Lebende über 50 Jahre hält die eigene finanzielle Absicherung im Ruhestand für gefährdet. In Schulnoten ausgedrückt geben 31% ihrer Vorsorge für das Rentenalter ein „mangelhaft“ (16%) oder sogar ein „ungenügend“ (15%). Nur rund ein Viertel (26%) sieht die persönliche Absicherung als „gut“ oder „sehr gut“ an.
Das sind Kernergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov, die Standard Life zu Beginn dieses Jahres in Auftrag gegeben hat. Für die Onlineuntersuchung befragte YouGov im März 2025 insgesamt 906 Personen ab 50 Jahren im gesamten Bundesgebiet. Damit konzentriert sich diese Untersuchung – anders als die meisten anderen Umfragen – ausschließlich auf die persönlichen Einstellungen von Männern und Frauen, die unmittelbar vor ihrem Renteneintritt stehen oder sich bereits in Rente befinden.
Deutlich geringeres Einkommen erwartet
Die Hälfte (50%) der Befragten erwartet laut dieser Umfrage im Ruhestand keine großen Veränderungen im Vergleich zu ihrem Arbeitsleben. Drei Viertel (77%) in der Zielgruppe stimmen der Aussage zu, dass sie dann mehr Zeit in ihre Hobbys investieren wollen.
Veränderungen werden aber bei den Ausgaben und Einnahmen im Alter erwartet: Knapp sechs von zehn (57%) der Befragten gehen davon aus, dass sie im Ruhestand ein deutlich geringeres monatliches Einkommen zur Verfügung haben werden als während ihres Erwerbslebens. Demgegenüber erwartet etwas mehr als die Hälfte der Befragten gleichbleibende oder höhere Ausgaben im Alter. Es wird also mit einer auftretenden Lücke gerechnet. Wie hoch diese Lücke sein wird, kann aber nur sehr schwer eingeschätzt werden. Ein Grund dafür ist die fehlende Finanzplanung fürs Alter: Mehr als zwei Drittel (69%) der Befragten haben bislang keinen Plan ihrer laufenden Einnahmen und Ausgaben im Ruhestand erstellt.
Verzicht auf Beratung birgt Risiken
Richtig alarmierend ist, dass Menschen in der wichtigen Frage der Ruhestandsplanung auf Beratung verzichten. Mehr als die Hälfte der Befragten (56%) gab an, ihren Ruhestand finanziell selbst zu planen und auf professionelle Hilfe zu verzichten. Weitere 28% planen ihren Ruhestand finanziell gar nicht.
Dies bestätigt zwei wichtige Erkenntnisse: Zum einen ist den Menschen noch nicht bewusst, wie wichtig die finanzielle Planung des Ruhestands ist. Hier sollte dringend Aufklärungsarbeit geleistet werden. Denn wer bei der Ruhestandsplanung nicht oder zu spät agiert, riskiert seine bis dahin erfolgreich aufgebaute Altersvorsorge.
Der zweite wichtige Aspekt betrifft eine gewisse Beratungsprokrastination: In Deutschland fehlt es an einer Kultur, sich bei Finanzfragen aktiv von einem Experten Rat einzuholen. Um sich gezielt helfen zu lassen, müssen Kundinnen und Kunden natürlich die eigene finanzielle Situation transparent machen und die familiären Rahmenbedingungen offenlegen. Das empfinden viele Menschen als nicht angenehm – und gleichzeitig fehlt der Appetit, sich möglichen unangenehmen Erkenntnissen zu stellen. Gerade bei komplexen Themen wie der Ruhestandsplanung sollte man aber die notwendige Offenheit zeigen, weil gerade hier eine qualifizierte Beratung sehr wichtig ist.
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