Inwieweit trifft das LVRG auch die betriebliche Altersvorsorge?
Sybille Siefer Das Reformgesetz hat Auswirkungen auf die Durchführungswege der bAV, welche direkt oder indirekt mit Lebensversicherungen finanziert werden. Daher wirkt sich das Gesetz insbesondere auf die Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse aus. Aber auch alle rückgedeckten Direktzusagen und Unterstützungskassenversorgungen werden tangiert. Ebenso auch die Pensionsfonds, soweit sie versicherungsförmig finanziert werden.
Welche Auswirkungen wird es geben?
SyS: Berater müssen sich intensiv mit dem Gesetz befassen. Schließlich gilt es auf die Fragen der Kunden zu reagieren. Und natürlich muss die neue Situation in die Beratung mit einfließen. Ich gehe aber davon aus, dass das Gesetz auf das klassische bAV-Geschäft wenig Einfluss haben wird. Schließlich sind die Gründe warum sich Unternehmen häufig für eine versicherungsförmige bAV entscheiden recht einfach: Keine Bilanzierung, umfassende Risikoauslagerung und keine Haftung. Das umschreibt genau das Produkt Lebensversicherung.
Spannend bleibt die Frage, wie die Versicherer angesichts des Gesetzes, aber auch wegen der anhaltenden Diskussion um die Attraktivität der Lebensversicherung reagieren werden? Viele Versicherer sind schon dabei, neue Tarife mit höheren Renditechancen (dann natürlich auch mit etwas höheren Risiken) auf den Markt zu bringen bzw. haben dies bereits getan. Weiteres wird die Zukunft zeigen. Die anspruchsvollen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere auch durch Solvency II, werden vermutlich dazu führen, dass es auf dem Lebensversicherungsmarkt zu einer weiteren Konsolidierung kommt – der eine oder andere Versicherer hat zwischenzeitlich sein Neugeschäft schon eingestellt. Ich gehe aber davon aus, dass gerade die leistungsstarken Versicherer, die im Zukunftsmarkt bAV tätig sind, davon ausgenommen sind.
Das Gesetz hat zum Ziel, die Lebensversicherung zu stärken. Das wollten eigentlich auch die Versicherer so, nur ist jetzt keiner so richtig glücklich.
Uwe Kettler Das Gesetz kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Es muss auf die anhaltende Niedrigzinsphase reagiert werden. In der Tat sind, insbesondere bezogen auf die künftig noch weiter reduzierte Garantieleistung, die Zillmersätze relativ gesehen „zu hoch“. Es ist richtig, dass die Versicherer damit gezwungen sind, noch mehr auf ihre Kostenstruktur zu achten. Es ist auch weniger das LVRG, das zur Kritik Anlass gibt.
Eher ärgerlich ist die zögerliche Haltung der Versicherer wenn es darum geht, auf die in letzter Zeit eher pauschalierende Aburteilung des Produkts Lebensversicherung zu reagieren und seine Vorteile deutlich zu machen – insbesondere auch in Abgrenzung zu den sonstigen Anlageformen und deren Produkt- und Kostenmerkmalen. Eine lebenslang garantierte Leistung und darüber hinaus eine Überschussbeteiligung, die auch im aktuellen Umfeld je nach Anbieter noch zu einer Brutto-Gesamtverzinsung von über 4 % führt, bietet keine mir bekannte andere Anlageform.
SyS Zusätzlich ist mir persönlich in der derzeitigen Diskussion zu viel „Polemik“ enthalten. Kunden, die heutzutage eine Lebensversicherung abschließen, wird – fälschlicherweise – fast schon Naivität vorgeworfen. Gerade bei einer gut gestalteten bAV ergeben sich erhebliche Kostenvorteile durch die kollektive Versicherung. Darüber hinaus werden die Beiträge – soweit der Arbeitnehmer den Vertrag aus Entgeltumwandlung finanziert – aus dem Bruttoeinkommen finanziert. Die Steuereffekte sind (trotz der späteren Abgabenpflicht) nicht zu unterschätzen.
UK Besonders dramatisch finde ich, dass wir in der Beratung immer mehr feststellen, dass die Zahl der Arbeitnehmer, die aufgrund der aktuellen Diskussionen eine Entgeltumwandlung einfach ablehnen, ohne sich tiefer mit dem Produkt auseinanderzusetzen, zunimmt. Und das, obwohl eine Eigenvorsorge unerlässlich ist – was der Staat insbesondere durch die steuerliche Förderung noch unterstreicht. Dies kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Hier ist Aufklärungsarbeit seitens der Berater gefordert, denn die bAV lohnt sich immer noch!
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