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Steuern & Recht
6. März 2018
MiFID II, Zielmärkte, Provisionen – Folgen für Pools und Vermittler

MiFID II, Zielmärkte, Provisionen – Folgen für Pools und Vermittler

Bei Finanzanlagenvermittlern herrscht Unsicherheit: MiFID II ist in Kraft und muss von Wertpapierdienstleistungsinstituten bereits umgesetzt werden, die neue FinVermV, die MiFID II für Vermittler konkretisiert, liegt jedoch noch nicht vor. Peter Härtling, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für RuhestandsPlanung, erklärt, wie Pools mit der Situation umgehen und welche Auswirkungen MiFID II für die Ruhestandplanung hat.

MiFID II ist seit dem 03. Januar in Kraft. Die FinVermV liegt noch nicht vor. Was müssen 34f-Vermittler jetzt schon tun und was kommt auf sie zu?

Finanzanlagenvermittler müssen künftig genau darlegen, was sie aufgrund der Vermittlung von Investmentfonds verdienen. Wer weiterhin eine Bestandspflegecourtage haben möchte, muss dieses Geld zur Verbesserung der Services verwenden. Ansonsten müssen wir die Finanzanlagenvermittlungsverordnung abwarten und bis dahin nach bisher gültigem Recht weitermachen, also nach der alten FinVermV. Fondsplattformen müssen zwar schon Zielmarktdefinitionen ihrer Produkte vorlegen, aber Vermittler müssen dazu bisher noch nichts dokumentieren. MiFID II wird sich auf diejenigen Vermittler auswirken, die selbst die Fondsauswahl betreiben: Sie haben dadurch eine erhöhte Aufklärungspflicht und müssen für jedes einzelne Produkt und für jeden einzelnen Fonds mit dem Kunden über den Zielmarkt, über die Geeignetheit der Anlage und über Risiken sprechen, damit der Kunde das Produkt nach der Aufklärung auch erwirbt. Aus unserer Sicht wird die Konsequenz aus MiFID II für Vermittler sein, dass sie künftig mit einer Vermögensverwaltung zusammenarbeiten werden.

Welche speziellen Herausforderungen sehen Sie durch MiFID II für Pools?

Für uns stellt MiFID II natürlich eine bürokratische Herausforderung dar: Es sind wieder neue Formulare auszufüllen und gegebenenfalls Telefongespräche aufzuzeichnen. Außerdem müssen wir die jeweiligen Zielmarktdefinitionen für die Produkte mittels Software zur Verfügung stellen. Das heißt, wir brauchen von den Anbietern die entsprechenden Informationen. Wenn ein Vermittler diese Informationen nicht hat, muss er selbst den Zielmarkt definieren. Auch hier müssen wir als Pool unterstützen.

Wird sich die Produktauswahl dadurch nicht einschränken?

Es kommt auf die Gesellschaften an. Wer im deutschen Markt weiterhin Umsatz generieren will, wird die Informationen gemäß MiFID II schon liefern. Vermittler werden eventuell mehr auf diejenigen Produkte ausweichen, die Zielmarktdefinitionen bieten, damit ihnen Mehrarbeit durch eigene Zielmarktdefinitionen erspart bleibt.

Wie weisen Sie nach, dass zum Beispiel Bestandspflegecourtage für die Verbesserung der Beratung eingesetzt wird?

Wir können die verbesserten Serviceleistungen über unsere Software darstellen: in Form von Apps, Vergleichsmöglichkeiten, Berichterstattungen und so weiter. Es gibt einen Punktekatalog, in dem aufgelistet ist, was der Vermittler erfüllen und gegenüber dem Kunden dokumentieren sollte, damit er auch künftig eine Bestandspflegecourtage erhalten kann. Die Alternative wäre, komplett auf Honorar umzustellen, sodass der Kunde sämtliche Provisionen und Kick-Backs aus den Fonds zurückerstattet bekommt. Ich gehe davon aus, dass es im Laufe der Zeit auch Fondsanteilsklassen ohne diese Gebühren geben wird. Dann muss der Vermittler sowieso auf Honorarbasis agieren, um auch künftig für seine Services bezahlt zu werden.

Sind die Regulierungen sogar ein Vorteil für das Poolgeschäft?

Einerseits ja, andererseits nein. Ich denke, es ist heute enorm wichtig, den Vermittlern Ideen für Schlüsselthemen mitzugeben, damit sie sich auf Themen konzentrieren können, die im Markt stark angenommen werden. Im Moment weicht ein Großteil der Versicherungsvermittler, auf das Sachversicherungsgeschäft aus, weil Biometrie in der Annahmepolitik immer schwieriger wird und die Lebensversicherung einfach out ist. Pools positionieren sich hier mit Vergleichsprogrammen, um den Sachversicherungsbestand aufzubauen. Das erfordert jedoch langfristig für die Vermittler einen hohen administrativen Aufwand in der Kundenbetreuung und ist nur dann ein lukratives Businessmodell, wenn der Pool beispielsweise besondere Deckungskonzepte bietet, die dem Vermittler helfen, sich im Markt abzuheben. Wir haben uns mit diesem Thema stark auseinandergesetzt, um unseren Partnern derartige Konzepte zu liefern.

Welche Konsequenzen erwarten Sie durch MiFID II für die Ruhestandsplanung?

Grundsätzlich geht es bei der Ruhestandsplanung ja darum herauszufinden, welche Anlageformen zusätzlich zu der gesetzlichen Versorgung durch einen Investor genutzt werden müssen, damit er im Alter ausreichend versorgt ist. Daraus ergibt sich sowieso eine Beratung, die Fragen stellt wie: Welche individuelle Rendite ist erforderlich, wie hoch ist die Risikobereitschaft, welches Risiko kann eingegangen werden und welches nicht, welche persönliche Inflationsrate muss einberechnet werden? So hat ein guter Finanzberater auch bisher schon beraten. Das bedeutet wiederum, dass bei der Produktauswahl eine Zielmarktdefinition schon mitberücksichtigt werden muss.

Dem Verbraucher muss künftig noch verständlicher gemacht werden, welche Risiken er eingeht, damit er auch dazu bereit ist. Es muss klar werden: Wenn man auf sehr sichere Produkte zurückgreift, muss man auf Rendite verzichten und später im Alter dann auf die entsprechenden Einnahmemöglichkeiten. Ich stelle bei Verbrauchern eine Müdigkeit fest, sich überhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das ist verständlich, wenn man sich zum Beispiel die hohen Gebühren und die schlechte Ertragslage von Lebensversicherungen anschaut, die früher das Tüpfelchen auf dem i des Einkommens waren. Umso mehr wird eine gute Aufklärung und Beratung wichtig. Aber: Wenn ein Kunde keine Lust hat, ein zwei- bis dreistündiges Protokollierungs- und Aufklärungsprozedere mitzumachen, dann wird der Vermittler nichts für ihn tun können.

Sehen Sie ein Beratungshindernis durch MiFID II?

Nein. Wie die Beratung regulatorisch beeinflusst wird, wird sich immer ändern, da muss man als Berater durch. Ich bin nicht dafür zu jammern. Ich bin dafür, dass man versucht, dort etwas zu ändern, wo man es kann. Aber ansonsten geht es letztendlich um die korrekte Beratung der Kunden und um die standesgemäße und gute Honorierung für eben diese gute Beratung. Wenn ich wellenreiten möchte, muss ich mich darauf einstellen, dass es auch hohe Wellen gibt. (tos)