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29. Oktober 2020
Versicherungssteuer: GroKo entfesselt das Bürokratiemonster

Versicherungssteuer: GroKo entfesselt das Bürokratiemonster

Die Reform des Versicherungssteuergesetzes hat den Finanzausschuss des Bundestages passiert. Der federführende Ausschuss hat sich mit den Stimmen der Großen Koalition per Beschlussempfehlung für den Gesetzesentwurf stark gemacht. Der Bundestag wird heute Abend noch über das Vorhaben abstimmen.

Nachdem in der öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss hauptsächlich Unverständnis und Sorge vor einem drohenden Bürokratiemonster vorherrschte (AssCompact berichtete), liest sich die nun vorliegende Beschlussempfehlung des Finanzausschusses überraschend unkritisch.

Finanzausschuss empfiehlt Zustimmung

Mit ihr empfehlen die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD dem Bundestag die Zustimmung zur vorgelegten Modernisierung des Versicherungssteuerrechts. Der Bundestag wird voraussichtlich bereits heute Abend nach einer halbstündigen Diskussion über den Gesetzesentwurf abstimmen.

Präzisierung des Versicherungssteuerrechts

Der Hintergrund des Gesetzesvorhabens ist, dass die Bundesregierung eine Präzisierung des Versicherungssteuerrechts erzielen möchte. In erster Linie geht es darum, bisher steuerbefreiten Versicherungsarten die Steuerfreiheit zu entziehen, wenn sie bestimmte Vorgaben nicht erfüllen. Die Steuerfreiheit in der Kranken-, Pflege- oder Lebensversicherung soll weiterhin erhalten bleiben, wenn der Begünstigte gleichzeitig die Risikoperson oder ein naher Angehöriger der Risikoperson ist. Andernfalls soll die Steuerbefreiung gestrichen werden.

Besteuerung von Nischenprodukten

Dem Gesetzgeber geht es hauptsächlich darum, bestimmte Nischenprodukte steuerlich nicht mehr zu bevorzugen. So sollen beispielsweise Filmausfall-, Schlüsselkraft- und Spielerausfallversicherungen zukünftig mit dem üblichen Satz von 19% Versicherungssteuer belegt werden. Mit den genannten Versicherungsprodukten sichern sich Filmstudios, große Unternehmen und Fußballclubs gegen Schäden ab, die durch den Ausfall einer Risikoperson entstehen. Die Leistung kommt dementsprechend aber nicht der Risikoperson zugute, sondern einem Dritten.

Finanzieller Erfüllungsaufwand unrealistisch

Branchenverbandsvertreter kritisieren das Gesetzesvorhaben scharf (AssCompact berichtete). Zum einen sei es unklar formuliert und führe neue ungeklärte Begriffe ins Versicherungsrecht ein. Zum anderen sei der bürokratische Aufwand immens. Der Gesetzgeber hatte lediglich mit einem Erfüllungsaufwand von 150.000 Euro gerechnet, wogegen die Versicherungswirtschaft eher von 150 Mio. Euro ausgeht. Auch der Finanzausschuss bemängelt die offensichtlich unrealistische Größenordnung, die im Gesetzesentwurf genannt wird. Zukünftig sollen dem Finanzausschuss praxisorientierte Schätzungen vorgelegt werden, fordern selbst die Vertreter der Großen Koalition im Ausschuss.

Halbes Jahr mehr Zeit

Substanzielle Änderungen hat der Ausschuss in seiner Beschlussempfehlung nicht gefordert. Lediglich der Zeitplan wurde um ein halbes Jahr nach hinten verschoben. Das Gesetz soll dementsprechend nicht bereits Mitte kommenden Jahres in Kraft treten, sondern erst Versicherungsverträge betreffen, die 2022 neu abgeschlossen werden. Auf bestehende Verträge findet das Gesetzesvorhaben keine Anwendung. Die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses ist hier zu finden.(tku)

Bild: © rudall30 – stock.adobe.com

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