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Assekuranz
27. November 2015
Lebensversicherung: Zeitenwende

Lebensversicherung: Zeitenwende

Der Oberfränkische Vermittlertag der IHK für Oberfranken, der am 08.10.2015 in Bayreuth stattgefunden hat, hat sich schwerpunktmäßig mit den Herausforderungen der Assekuranz beschäftigt: den Veränderungen bei der Lebensversicherung. Thomas Grau, Fachbereichsleiter des Maklervertriebes Süd der Allianz Lebensversicherungs-AG und der Allianz Private Krankenversicherungs-AG sowie Vorstand der Allianz Pensionsfonds AG, referierte über die Herausforderungen und Chancen für die Lebensversicherungswirtschaft.

Verschiedene Medien verkünden bereits den Tod der klassischen Lebensversicherung. Befeuert wird dies auch durch einen aktuellen Verordnungsentwurf der Bundesregierung. Dort wurde unter anderem die Abschaffung des Garantiezinses festgelegt (siehe auch Garantiezusagen sind weiterhin möglich). Thomas Grau, der als Referent zum Oberfränkischen Vermittlertag nach Bayreuth eingeladen war, reagierte in diesem Zusammenhang eher gelassen. Und auch die anwesenden Vermittler verfallen ob der Nachricht nicht in Sorge. Sorgenfalten bereiteten eher die Botschaften, die Grau in seinem Vortrag vermittelte: Veränderte Rahmenbedingungen beeinflussen massiv die Finanzierung der Altersvorsorge. Neben der bekannten und leicht nachvollziehbaren steigenden Lebenserwartung, beeinflussen und beschäftigen die veränderten Kapitalmärkte – gerade im Zusammenspiel mit Solvency II – die Anlagemöglichkeiten der Lebensversicherer.

Renditen in fast allen Anlageklassen auf Tiefständen

Grau zeigte auf, dass sich die Anlagewelt massiv gewandelt hat. Waren in der Hochzinsphase die Anlagestrategien eines Versicherers mit beispielsweise Staatsanleihen klar umrissen, müssen sich Versicherer heute mit einem gänzlich veränderten Anlageuniversum auseinandersetzen, um rentable Zinserträge zu erwirtschaften. Die Folge: Versicherer müssen bei der Kapitalanlage noch breiter diversifizieren und in Anlageklassen gehen, die vor zehn Jahren noch nicht so im Fokus standen. Besonders interessant seien laut Grau derzeit beispielsweise US-Unternehmensanleihen. Hier reiche es aber nicht aus mit dem „Fernrohr über den großen Teich zu schauen“. Hier müsse man vor Ort sein und fundierte Marktkenntnisse mitbringen. Dies gelte auch besonders für die langfristigen internationalen Anlagen in Erneuerbare Energien oder Infrastrukturprojekte. So investiere die Allianz beispielsweise auch in Parklizenzen in Chicago oder in französische Windparks und Autobahnen. Weiterhin seien Aktien für Versicherer besonders interessant. Diese böten einen effektiven Inflationsschutz.

Solvency II: Je höher die Renditeerwartung, umso höher die Kapitalbindung

Am 01.01.2016 treten europaweit einheitliche Regelungen zur Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen in Kraft. Somit müssen sich Bewertung und Ausrichtung der Kapitalausstattung an den übernommenen Risiken ausrichten. Die Spielräume Kapital in Assets mit höheren Renditechancen anzulegen werden damit beeinflusst, denn nur mit ausreichend Solvenzkapital könne in volatilere und renditestärkere Assets investiert werden. Während ein Investment in europäische Staatsanleihen kein zusätzliches Solvenzkapital erfordere, sei dies bei einer Anlage in europäische Aktien bei Solvency II sehr wohl notwendig. Wie Solvency II genau funktioniert, hat aktuell der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) aufbereitet – http://www.gdv.de/2015/10/so-funktioniert-solvency-ii/.

Neubewertung der Garantieverzinsung als Perspektive?

Grundsätzlich gebe es laut Grau für Lebensversicherer zwei Handlungsmöglichkeiten. Die erste Alternative sei eine Kapitalanlage in Vermögensklassen mit geringerem Kapitalbedarf. Diese bieten aber nur geringe Rentabilität und sind daher als Alternative weniger attraktiv. Die zweite Alternative ist der Ausbau der Produkte mit neuen Garantien, welche von den Kunden immer stärker nachgefragt werden. Diesen Weg beschreite beispielsweise die Allianz. Für die Darstellung der neuen Garantien sei ein leistungsstarkes Sicherungsvermögen eines Anbieters als Basis sehr hilfreich. Aufgrund der hohen Finanzstärke der Allianz Leben seien auch im Sicherungsvermögen attraktive Anlageklassen vertreten. Eine Vorsorgestrategie mit klassischen Produkten erfülle jedoch nicht immer die noch hohen Renditeerwartungen der Kunden. Daher biete die Allianz in Zukunft zwar weiterhin Produkte mit konventionellen Garantien an, öffne aber die Türen für Produkte mit neuen Garantien. Die Funktionsweise dieser Produkte: Die eingezahlten Beiträge werden garantiert und die Kunden sind mit diesen Produkten chancenorientierter aufgestellt, sei es über die Partizipation am Aktienmarkt oder eine insgesamt chancenreichere Anlage. Beim Rentenübergang findet eine Neubewertung der Rechnungsgrundlagen des Vertrages statt.

Protektor-Einsatz nicht in Sicht

Angesprochen auf die künftige Entwicklung der Zinsen, zeigte sich Grau eher verhalten. Schließlich haben der Staat und die EZB derzeit kein großes Interesse daran, dass die Zinsen kurzfristig wieder steigen werden. Grau sah jedoch keine Veranlassung, dass Protektor-AG als Sicherungseinrichtung der deutschen Lebensversicherer derzeit zum Einsatz kommen würde. Hier helfe die 16-jährige Übergangsfrist, die Solvency II vorsieht. Abschließend zeigte sich Grau überzeugt: Die Rentenversicherung – insbesondere in den auf die aktuellen Gegebenheiten ausgerichteten neuen Varianten – ist und bleibt das Produkt für die Altersvorsorge, denn Entnahmepläne enden irgendwann und wer könne sein Lebensende schon voraussagen. (kb)