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Assekuranz Sach allgemein

Gen Z als Zielgruppe mit hohem Sicherheitsbedürfnis

Welche Erwartungen haben junge Menschen an Versicherungen? Dieser Frage hat sich Sirius Campus gewidmet und herausgefunden: Viele planen in den nächsten Jahren den Abschluss von Versicherungen. Die Gen Z entpuppt sich in der Untersuchung zudem als Zielgruppe mit hohem Sicherheitsbedürfnis.

Das Forschungs- und Beratungsinstitut Sirius Campus hat sich in der Marktuntersuchung „Versicherung der Zukunft – Erwartungen der Gen Z“ mit den Erwartungen junger Menschen an Versicherungen befasst. Die Befragten sind zwischen 16 und 30 Jahren alt.

Wichtig für Gen Z: Work-Life-Balance und berufliche Flexibilität

Heraus kam, dass 87% eine finanzielle Sicherheit für wichtig halten. Ebenfalls wichtig sind den jungen Leuten die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit (82%) und berufliche Flexibilität (75%). 65% hätten gerne einen sicheren Arbeitsplatz, z. B. im Öffentlichen Dienst. Eine Mehrheit von 60% beklagt hohe Wohnkosten als persönliche Herausforderung. 55% meinen, sie haben zu wenig Geld fürs Reisen und 46% fehlen die Chancen für den Vermögensaufbau.

Positiver Blick in die Zukunft?

Wie blickt die Gen Z mit diesen Sorgen dann generell in die Zukunft? Auch das hat Sirus Campus erfasst und kommt zu dem Ergebnis: 22% sind sehr optimistisch und 36% sehen eher optimistisch nach vorne. Dieser positive Blick findet sich auch in bestimmten Chancenwahrnehmungen, z. B. für Vermögensaufbau (48%), Familiengründung (42%) und Karriere (39%).

„Fast erschreckend, wie unsere junge Generation vor lauter Krisen ihre Chancen nicht erkennt“

34% der jungen Leute sind aber auch pessimistisch und weitere 42% sehen etwa die gesellschaftliche Entwicklung gemischt. Als herausfordernd werden etwa höhere Belastungen durch Berufstätigkeit (53%), Spaltung der Gesellschaft (50%), Klimakatastrophe (47%) und negative Wirtschaftsentwicklung (46%) angesehen. Laut der Untersuchung sehen junge Frauen dies für sich selbst und gesellschaftlich noch pessimistischer als junge Männer. Dr. Oliver Gaedeke, Geschäftsführer von Sirius Campus, meint dazu: „Es ist fast erschreckend, wie unsere junge Generation vor lauter Krisen ihre Chancen nicht erkennt.“

Auch interessant: Sirius Campus zufolge senkt eine intensivere Internetnutzung den gesellschaftsbezogenen Optimismus. Eine intensivere Soziale-Medien-Nutzung hingegen erhöhe den persönlichen und den gesellschaftsbezogenen Optimismus.

Wunsch nach guter finanzieller Absicherung

Der Wunsch nach guter finanzieller Absicherung bei Unfällen oder Schicksalsschlägen wird von 75% geteilt bzw. als wichtig angesehen. So sind auch diverse Versicherungen in der jungen Generation bereits verbreitet: 56% haben eine private Haftpflicht-, 32% eine Hausratversicherung. 28% geben an, eine Reiseabsicherung für z. B. Krankheit während der Reise bzw. bei Rücktritt vor der Reise abgeschlossen zu haben, und 23% haben eine Rechtsschutzversicherung. Auch die Kfz-Versicherung ist bei 42% der Befragten verbreitet. Die Versicherungen, die am häufigsten als erstes oder zweites abgeschlossen werden, sind die private Haftpflicht-, Kfz- und Unfallversicherungen.

Hohes Sicherheitsbedürfnis unter jungen Leuten

Sirius Campus folgert in der Pressemitteilung zur Untersuchung: „Damit ist die Gen Z alles andere als ein Versicherungsmuffel.“ Im Gegenteil: Diese Generation stelle sich in weiten Teilen als attraktive Zielgruppe mit hohem Sicherheitsbedürfnis dar.

Sechs Millionen junge Menschen planen Versicherungsabschluss

Und es liegt noch viel Potenzial in dieser Zielgruppe: In der Gen Z planen 60% – das sind rund sechs Millionen Menschen – in den nächsten zwei Jahren einen Versicherungsabschluss. Kfz- (16%), private Haftpflicht- (15%), Rechtsschutz- (13%) oder Hausratversicherung (12%) stehen häufig auf der To-Do-Liste der Jungen. Aber auch Altersvorsorge (16%) und Berufsunfähigkeits- (14%) sowie Unfallversicherungen (11%) sind bei vielen in Planung. Anlässe für Versicherungsabschlüsse gibt es viele, z. B. Berufseinstieg oder Wohnungswechsel, und der Bedarf für Abschluss steigt mit solchen Anlässen.

Inhalte auf TikTok beeinflussen positiver als andere

Es gibt einige wirksame externe Impulse für den Start in den Entscheidungsprozess. Laut Sirius Campus gehören dazu Werbung in Online- und sozialen Medien, Werbebriefe oder Newsletter von Finanzdienstleistern sowie Empfehlungen der Eltern oder von Händlern anderer Produkte.

Die junge Generation ist besonders auch in den sozialen Medien aktiv, rund ein Zehntel informiert sich dort gezielt. Unter den Sozialen-Medien-Nutzern kommt auf TikTok mit 40% Reichweite zwar weniger als auf YouTube (62%) oder Instagram (54%). Die Inhalte auf TikTok beeinflussen den Entscheidungsprozess aber laut der Untersuchung positiver als andere Kanäle. Bei Vermittlern schließen häufig besonders qualitäts- und serviceorientierte junge Leute ab, die sich am liebsten persönlich beraten lassen.

Optimierende und eigenständig entscheidende Kunden

„Bereits in frühen Jahren prägen sich Heuristiken und Verhaltensformen beim Versicherungsabschluss aus. So sind optimierende Kunden, die immer auf der Suche nach bestimmten Vorteilen sind, viel häufiger auf der Suche nach Informationen in den sozialen Medien, schließen aufgrund des Verhandlungsspielraums aber lieber bei Vermittlern ab“, so Gaedeke. „Eigenständig entscheidende Kunden bleiben den sozialen Medien fern, aber erkundigen sich ausgiebig auf Websites von Versicherern und Vergleichsportalen, wo sie dann aufgrund von Preisvorteilen abschließen.“

Über die Untersuchung

In die Sirius Campus Marktuntersuchung „Versicherung der Zukunft – Erwartungen der Gen Z“ flossen die Stimmen von 1.231 Teilnehmern im Alter von 16 bis 30 Jahren ein, die in einer repräsentativen Online-Befragung gesammelt wurden. Die Befragung wurde im Oktober 2023 durchgeführt. (lg)

Bild: © CarlosBarquero – stock.adobe.com

 

Ausblick 2024: Damit rechnet ERGO dieses Jahr

Welche Themen haben Entscheider der Versicherungsbranche im neuen Jahr im Blick? Wo setzen sie in diesem Jahr den Fokus an und welche Rolle spielt der Einsatz von KI? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Michael Fauser, Vorstandsvorsitzender der ERGO Vorsorge Lebensversicherung AG.

Welche Themen und Entwicklungen werden Sie als Versicherer 2024 besonders im Blick haben?

Einen Schwerpunkt legen wir auf das bAV-Geschäft. Die betriebliche Altersversorgung ist für Arbeitgeber in Zeiten eines weit verbreiteten Fachkräftemangels ein entscheidender Faktor, um Mitarbeiter zu halten. Für Beschäftigte ist sie zur Schließung von Versorgungslücken ein unverzichtbarer Baustein. Hier schlummert noch viel Potenzial am Markt. Insgesamt wollen wir unsere Position in diesem Bereich stärken und planen auch Neuerungen in unserem Produktportfolio.

Welche Sparten, Produkte und/oder Zielgruppen stellen Sie in den Fokus?

Das Thema Arbeitskraftabsicherung bleibt für uns sehr wichtig. Erst im September haben wir mit der ERGO Body Protect eine neue Grundfähigkeitsversicherung auf den Markt gebracht, die mit dem Sport Plus-Baustein einzigartig im Wettbewerb ist. Kunden können damit weitere Grundfähigkeiten absichern, die für viele Sportarten und eine Vielzahl von Hobbys wichtig sind. Darüber hinaus lässt sich die ERGO Body Protect auch als bAV anbieten. ERGO besitzt hier mit dem Psyche Plus-Zusatzbaustein ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Des Weiteren planen wir bei unserer Berufsunfähigkeitsversicherung weitere Produktoptimierungen, wie zum Beispiel eine weitere Verringerung der Gesundheitsfragen.

Wie reagieren Sie auf die Veränderungen am Maklermarkt?

Die stete Verbesserung unserer Prozesse in der Zusammenarbeit mit den Maklern ist eine fortlaufende und wichtige Aufgabe, die wir uns auch für 2024 vorgenommen haben. Für das laufende Jahr planen wir unter anderem eine vereinfachte Nutzung unseres Tools zur Rendite-Risiko-Optimierung bei der Erstellung einer individuellen Fondsauswahl mit ESG-Konformität und Beratungsdokumentation. Das über die vergangenen Jahre gewachsene Vertrauen der Vermittler in uns und unsere Produkte zeigt, dass unsere Maßnahmen überzeugen.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Mithilfe künstlicher Intelligenz und dem Einsatz von Robotics zur automatisierten Bearbeitung lassen sich Prozessoptimierungen, beispielsweise bei der Übertragung von Beständen, erreichen, von denen die Kollegen, Makler und Kunden gleichermaßen profitieren. Stichwort Dunkelverarbeitung.

Bild: © ERGO

 

Ausblick 2024: So blickt Concordia ins neue Jahr

Welche Entwicklungen haben die Entscheider der Versicherungsbranche im Jahr 2024 im Blick? Wo liegt ihr Fokus? Und welche Pläne haben sie beim Einsatz von künstlicher Intelligenz? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Julia Palte, Vertriebsvorständin der Concordia Versicherungen.

Welche Themen und Entwicklungen werden Sie als Versicherer 2024 besonders im Blick haben?

In den nächsten zehn Jahren wird unsere Business Transformation Komposit ein wichtiges Thema sein, das Auswirkungen auf Kunde, Vertrieb, Produkte, Service, Schaden, Prozesse und Technologie hat. Implikationen ergeben sich dabei v. a. auf die Organisation und Kultur.

Wir sind dabei, unsere Ausschließlichkeits- und Maklerorganisation mit neuen Vertriebsstrukturen und Gebietszuschnitten noch spezifischer an unseren Vertriebspartnern und -partnerinnen und Kunden und Kundinnen auszurichten. Wir bleiben vor Ort und planen ergänzend den Aufbau überregionaler Teams. Daneben werden wir unser Key Account Management in der Maklerorganisation ausbauen und um weitere Kooperationen ergänzen.

Im Kontext des demografischen Wandels setzen wir konsequent auf Ausbildung und Nachfolgespezialisten. In der Maklerorganisation haben wir uns bspw. an einem Vehikel für Maklernachfolgen beteiligt.

Welche Sparten, Produkte und/oder Zielgruppen stellen Sie in den Fokus?

Der persönliche Vertrieb, und damit unsere Ausschließlichkeits- und Maklerorganisation, stehen auch künftig im Fokus. Die Concordia ist zu ca. 70% in Komposit und etwa 30% in Leben und Kranken vertreten. Unser zweistelliges Wachstum in der Krankenversicherung wollen wir auch 2024 fortsetzen. Im Mittelpunkt stehen unser Beihilfe- und unser Tarif Zahn Sorglos.

Wir werden auch weiterhin einen Schwerpunkt in der Landwirtschaft und in der Krankenversicherung im Öffentlichen Dienst haben.

Wie reagieren Sie auf die Veränderungen am Maklermarkt?

Als Reaktion auf die anhaltende Maklerkonsolidierung und zunehmende Marktkonzentration bieten wir unseren Maklern und Maklerinnen u. a. Nachfolgelösungen mit entsprechenden Services sowie Kauf- und Verrentungsmodellen. Unser Key Account Management bauen wir aus, um zentral und vor Ort die Bedürfnisse unserer Partner und Partnerinnen zu bedienen. Im Digitalisierungskontext setzen wir weiterhin auf Standardisierungsinitiativen und digitale Schnittstellen. Zu erwähnen ist hier natürlich v. a. BiPRO. Wir arbeiten an einem Fortbildungsprogramm, in dem unsere Makler und Maklerinnen die Technik und Prozesse ihrer Maklerverwaltungsprogramme besser nutzen lernen. Zudem entwickeln wir spezifische Produkte für Vergleichsrechner und setzen weiterhin auf unsere Stärken in der Landwirtschaft und im Rechtsschutz.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Wir beschäftigen uns aktiv vor allem mit dem Einsatz von klassischer KI und arbeiten in ausgewählten Prozessen mit Anbietern bzw. Dienstleistern am Markt zusammen. Im Rahmen unserer Business Transformation Komposit werden wir hier die nächsten Schritte gehen, in Vertriebsprozessen insbesondere in Bezug auf Next Best Offer. Aktuelle Entwicklungen wie ChatGPT prüfen wir natürlich v. a. für unterstützende Prozesse. In unserer Schadenbearbeitung haben wir schon heute ein neuronales Netz als Algorithmus im Einsatz, der die Steuerung von Schäden auf die richtigen Schadensachbearbeiter unterstützt. Das ermöglicht uns eine deutlich effizientere und schnellere Bearbeitung der Schadenfälle.

Bild: © Concordia Versicherungen

 

Ausblick: Versicherer blicken verhalten zuversichtlich auf 2024

GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger hat AssCompact einen Ausblick auf das Jahr 2024 gegeben. Themen sind Altersvorsorge, Elementarversicherung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und KI sowie Solvency-II-Review und die anstehende Europawahl.

Ein Artikel von Dr. Norbert Rollinger, Präsident des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV)

Nach einem schwierigen Jahr mit großen geopolitischen Krisen und anhaltend hoher Inflation blicken die deutschen Versicherer verhalten zuversichtlich auf 2024. Einige Auf­gaben und Herausforderungen des Jahres 2023 bleiben auch im neuen Jahr auf der Agenda.

Altersvorsorge

Für die private Altersvorsorge will das Bundesministerium der Finanzen nach den Arbeiten der Fokusgruppe im Frühjahr ein Eckpunktepapier vorlegen. Aus Sicht des GDV wird es ohne grundlegende Reform kein Durchstarten in der geförderten privaten Altersvorsorge geben. Die Versicherer werden auch weiterhin Lösungsvorschläge und Know-how einbringen. Dem Verband geht es vor allem um Sicherheit und Planbarkeit für die lebenslange Rente als sozialpolitisch sinnvolle und notwendige Form der Auszahlung.

Auch in der betrieblichen Altersversorgung soll es 2024 mit einem Reformgesetz weitergehen. Neben Verbesserungen beim Sozialpartnermodell bleibt wichtig, die bAV auch darüber hinaus zu stärken. Die Direktversicherung bleibt gerade für kleine und mittlere Unternehmen der Durchführungsweg der ersten Wahl. 

Elementarversicherung

Ganz oben auf der Tagesordnung bleibt auch im kommenden Jahr das Thema Pflichtversicherung für Elementarschäden. Eine Bund-/Länder-Arbeitsgruppe hat die Beratungen zur Umsetzbarkeit einer Pflichtversicherung aufgenommen. Wir Versicherer bemühen uns weiterhin um die Erhöhung der Ver­sicherungsdichte. Doch ohne Prävention und Klimafolgenanpassung wird die Versicherungslücke bei Naturgefahren nicht zu schließen sein. Deshalb setzt sich der Verband weiterhin für ein Gesamtkonzept aus Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung ein. 

Nachhaltigkeit

Was den Verband 2024 ebenfalls weiterhin bewegen wird: Die meisten Unternehmen stecken mitten in der Umsetzung der neuen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Dabei zeigt sich, dass der mit den Berichtspflichten verbundene Bürokratieaufwand zum Teil enorm ist. Dazu kommen weitere Anforderungen etwa aus der Taxonomie oder der geplanten Europäischen Lieferkettenrichtlinie.

Der GDV wird nicht müde, die politischen Akteure auf allen Ebenen auf die überbordenden Berichtspflichten hinzuweisen und Erleichterungen einzufordern. Wir müssen von einer reinen Compliance-Orientierung zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung mit Impact kommen.

Digitalisierung, KI

Und selbstverständlich bleibt die Digitalisierung eine der zentralen Herausforderungen nicht nur der Versicherungswirtschaft, sondern des ganzen Landes. Gerade auf nationaler Ebene spielt der restriktive Datenschutz eine enorme Rolle. Der Gesetzgeber muss den Interpretationsspielraum der Landesbehörden begrenzen, damit Innovationen auch tatsächlich zum Einsatz kommen – so wie im Koalitionsvertrag vorgesehen.

Spannend wird auch, wie und wann die europäische KI-Verordnung auf den Weg gebracht wird. Die anfängliche Euphorie, dass die Europäische Union das weltweit erste Regelwerk für den Einsatz künstlicher Intelligenz umsetzt, wurde kürzlich durch die Exekutivverordnung der USA gebremst. Wichtig ist, dass die derzeitig hohen Compliance-Vorschriften intensiv überdacht werden. Sonst besteht die Gefahr, dass Europa dem Megatrend KI auf Jahre hinterherlaufen wird.

Solvency-II-Review, Europawahl

Beim Solvency-II-Review zeichnet sich ab, dass es bei dem bewährten risikobasierten Aufsichtssystem bleiben wird. Als Konsequenz der letzten Jahre werden Zinsänderungsrisiken in Zukunft stärker berücksichtigt. Die vorgesehenen Erleichterungen für kleinere Versicherer begrüßen wir sehr. Ob sie viele Ver­sicherer anwenden können, wird allerdings erst die Praxis zeigen.

Zu guter Letzt möchte ich ein besonders wichtiges Thema aufgreifen: Die anstehende Europawahl im Sommer 2024. Es liegt auf der Hand, dass wir als GDV auf europäischer Ebene die Interessen unserer Mitgliedsunternehmen bestmöglich vertreten und in einen konstruktiven Austausch mit Entscheidungsträgern und -trägerinnen gehen. Als Wirtschaftsverband liegt es aber auch in unserer Verantwortung, in einer offenen, demokratischen und stabilen Europäischen Union zu arbeiten. Dessen müssen wir uns immer bewusst sein.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © GDV

 
Ein Artikel von
Dr. Norbert Rollinger

Ausblick 2024: Diese Entwicklungen beschäftigen die WWK

Welche Themen haben Entscheider der Versicherungsbranche im neuen Jahr im Blick? Wo setzen sie in diesem Jahr den Fokus an und welche Rolle spielt der Einsatz von KI? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Rainer Gebhart, Vertriebsvorstand der WWK Lebensversicherung a. G.

Welche Themen und Entwicklungen werden Sie als Versicherer 2024 besonders im Blick haben?

Fondsgebundene Altersvorsorge ist auch im Jahr 2024 unser Thema. Obwohl das aktuelle Wirtschaftsumfeld herausfordernd für Kunden ist, bleibt der private Vorsorgebedarf aufgrund der demografischen Entwicklung unverändert hoch. Kunden sind deshalb gut beraten, ihre Sparvorgänge diszipliniert fortzusetzen. Eine Fondspolice ist dafür besonders gut geeignet, denn nur über die Chancen der globalen Aktienmärkte kann ein auskömmlicher Kapitalstock erwirtschaftet werden. Und nur eine Fondspolice garantiert eine lebenslange Rente.

Welche Sparten, Produkte und/oder Zielgruppen stellen Sie in den Fokus?

Die betriebliche Altersversorgung ist für viele Arbeitnehmer ein wertvoller Baustein, um für das Alter vorzusorgen. Unsere Fondspolicengeneration WWK IntelliProtect® 2.0 erfüllt alle für die bAV entscheidenden Anforderungen und hat mit dem iCPPI-Garantiemechanismus auch in schwierigen Börsenphasen ihre Stärke unter Beweis gestellt. 2024 verbessern wir unser Produktangebot noch einmal: Im Kern wird WWK IntelliProtect® 2.0 in der bAV damit noch flexibler, kostengünstiger und transparenter.

Wie reagieren Sie auf die Veränderungen am Maklermarkt?

Makler, Vertriebe und Pools setzen immer stärker auf Produktgeber mit optimierten digitalen Prozessen. Deshalb bauen wir unser Angebot an digitalem Service weiter aus. Im Bereich der bAV ist es uns gelungen, durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozesse und Serviceangebote, die bAV deutlich zu vereinfachen. Hervorzuheben ist der neue digitale bAV-Service: Damit können wir alle individuellen Beratungsdokumente bereitstellen, die direkt auf die Bedürfnisse des Vertriebspartners ausgerichtet sind.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Künstliche Intelligenz ist sicherlich ein Bestandteil der digitalen Transformation in der Versicherungsbranche. Sie unterstützt Geschäftsprozesse nicht nur, sondern bietet in vielen Bereichen einen großen Mehrwert. So reduziert beispielsweise die automatisierte Zuordnung den manuellen Aufwand bei der Bearbeitung erheblich und hilft bei der Priorisierung und raschen Bearbeitung von Anfragen. Die WWK nutzt KI derzeit bereits bei Chatbots und beim Dokumentenscan. Weitere Einsatzmöglichkeiten werden laufend eruiert und geprüft.

Bild: © WWK

 

Ausblick 2024: Das erwartet die VHV

Welche Themen haben Entscheider der Versicherungsbranche im neuen Jahr im Blick? Wie reagieren Versicherer auf Veränderungen am Markt? Und welche Rolle spielt KI? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Dr. Angelo O. Rohlfs, Vorstand für Vertrieb und Marketing bei der VHV Allgemeine Versicherung AG.

Welche Themen und Entwicklungen werden Sie als Versicherer 2024 besonders im Blick haben?

Die VHV Allgemeine ist führender Bauspezialversicherer und ein bedeutender Kfz-Versicherer. Beide Felder sind stark von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängig. Wir erwarten, dass im Jahr 2024 diese Situation anhalten und Auswirkungen auf die Bedeutung der Produkte haben wird. Im Baubereich meinen wir dabei konkret die Entwicklung von Investitionsvolumina und einhergehende Auftragslagen sowie Insolvenzen. Im Kfz-Bereich gilt es weiterhin, die Schadenentwicklung und -inflation zu beobachten.

Welche Sparten, Produkte und/oder Zielgruppen stellen Sie in den Fokus?

Wir als VHV sind ein Maklerversicherer und verstehen uns als verlässlicher Partner unserer Vermittlerinnen und Vermittler. Wir entwickeln alle Produkte laufend weiter, um ihnen ein optimales Produktversprechen mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu bieten. Im Jahr 2024 sind Optimierungen in der Hausratversicherung geplant. Alles rund um erneuerbare Energien wird auch weiterhin Thema bleiben. Damit versetzen wir unsere Partner in die Lage, den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden.

Im Baubereich begleiten wir unsere Kunden durch die aktuellen Rahmenbedingungen und suchen dabei nach bedarfsgerechten Lösungen. Grundsätzlich wird der Fokus weniger auf dem privaten Wohnungsbau und mehr auf der Absicherung von Infrastrukturprojekten sowie dem Kautions- und Bürgschaftsgeschäft liegen.

Wie reagieren Sie auf die Veränderungen am Maklermarkt?

Als Partner unserer Vermittlerinnen und Vermittler hören wir ihnen zu, um ihre Anforderungen zu verstehen. Diese verändern sich schneller, also müssen wir schneller reagieren. Deshalb sind wir bei der VHV bereits vor Jahren mit der digitalen Transformation gestartet und befinden uns noch mittendrin. Nur durch eine moderne Technologieinfrastruktur sind wir in der Lage, auf die Bedürfnisse unserer Partner in der Abwicklung ihrer Geschäftsvorgänge eingehen zu können.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

Wir haben bei der VHV Allgemeine künstliche Intelligenz vor allem im Bereich der Sprachverarbeitung wie Chatbots oder Spracherkennung getestet. Auch in der Bild- und Videoerkennung ist der Einsatz von KI bereits geprüft worden. Eine Unterstützung für Vermittlerinnen und Vermittler durch KI ist grundsätzlich möglich, aber bei uns noch nicht näher untersucht. Grundsätzlich sollte wie bei allen Digitalisierungsansätzen die Brille des Kunden aufgesetzt werden. Es gilt zu hinterfragen, an welchen Stellen der Einsatz von künstlicher Intelligenz Mehrwerte für die Arbeit des Vermittlers schafft und bei welchen Prozessen die menschliche Komponente immer noch Grundlage des Vertriebs- und Geschäftserfolges bleibt.

Bild: © VHV

 

Hochwasserlage rückt Elementarversicherung wieder in den Fokus

In mehreren Bundesländern stehen viele Gebiete unter Wasser. Aufgrund des Hochwassers zeichnen sich schon heute hohe Kosten für die Versicherer und den Staat ab. Die Diskussion um eine Elementarschaden-Pflichtversicherung dürfte deshalb wieder an Fahrt aufnehmen.

Die Hochwasserlage in den betroffenen Bundesländern bleibt kritisch. Noch gibt es zu den Ereignissen der vergangenen Tage keine Zahlen zu den Schäden – ob nun versichert oder nicht.

Erst kürzlich hatte der GDV für die Versicherer eine Naturgefahrenbilanz für das Jahr 2023 veröffentlicht. Demnach sind im vergangenen Jahr Schäden in Höhe von 4,9 Mrd. Euro durch Wetterextreme entstanden. Dem GDV zufolge entfielen auf die Sachversicherung Schäden in Höhe von 3,6 Mrd. Euro: 2,7 Mrd. Euro für Schäden durch Sturm und Hagel und 900 Mio. Euro durch weitere Naturgefahren wie Überschwemmungen in Folge von Starkregen. Die Schadenbilanz fällt hier leicht unterdurchschnittlich aus. Für die Kraftfahrtversicherer war 2023 mit rund 465.000 Schäden in Höhe von 1,3 Mrd. Euro hingegen überdurchschnittlich hoch. Der langjährige Durchschnitt liegt hier bei 1,1 Mrd. Euro.

Lösung Elementarschaden-Pflichtversicherung?

2023 war also so etwas wie ein normales Jahr aus Sicht der Versicherer. Die aktuelle Situation dürfte die Diskussion um eine Elementarschaden-Pflichtversicherung jedoch wieder beleben. Im Jahr 2021 nahm diese aufgrund der verheerenden Folgen des Sturmtiefs Bernd an Fahrt auf. Die Versicherer bezahlten damals 8,75 Mrd. Euro an die Versicherten, 30 Mrd. Euro übernahm der Staat. Immobilienbesitzer wurden durch das Ereignis wachgerüttelt und schlossen eine Elementarschadenversicherung ab. Allerdings ebbte das Interesse bald wieder ab, wie Versicherer und Assekuradeure berichteten. Und so bleiben weiterhin etwa 46% der Hausbesitzer ohne Elementarschutz. Zudem wurden die Versicherungen immer teurer, zuletzt auch aufgrund der Schadeninflation. Seither wird über die Versicherbarkeit von Elementarschäden und die Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung diskutiert. Doch hat auch die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe vonseiten der Politik bisher keine Ergebnisse gebracht.

Versicherer wollen mehr Prävention und Bebauungsregeln

Erst- und Rückversicherer sprechen sich denn auch klar gegen eine Pflichtversicherung aus. Sie setzen auf Prävention und Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung. Diese sollen dazu beitragen, dass Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien finanziell nicht aus dem Ruder laufen. „Es wird vielerorts geplant und gebaut, als ob es den Klimawandel und seine Folgen nicht gäbe“, so GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen. „Daher benötigen wir eine Verankerung der Anpassung an den Klimawandel im Bauordnungsrecht, weniger Flächenversiegelungen und Bauverbote in Überschwemmungsgebieten.“ Um die Folgen des Klimawandels abzufedern, haben die Versicherer ein Gesamtkonzept erarbeitet, das drei Kernelemente umfasst: Verbindliche Schritte zur Klimafolgenanpassung, privaten Versicherungsschutz für Hauseigentümer und eine staatliche Vorsorge für den Fall eines katastrophalen Großereignisses.

Zögerliche Hausbesitzer

Versicherungsmakler stellen aber auch immer wieder fest, dass die Beratung der Hausbesitzer nicht immer ganz einfach ist. So gibt es Makler, die eine Wohngebäudeversicherung grundsätzlich nur mit Elementarschutz vermitteln. Überall gelingt dies aber nicht, oftmals verlassen sich die Kunden darauf, dass der Staat im Fall der Fälle schon einspringen werde. Makler müssen zudem feststellen, dass manchem Kunden die Absicherung des Kfz mehr am Herzen liegt als die Absicherung der Immobilie.

Bei einem Treffen von Branchenvertretern anlässlich des 1. Kreuznacher Kamingesprächs der degenia am Jahresende sprachen sich Versicherer, Assekuradeure und Makler beispielsweise für die verbindliche Einführung eines Opt-out-Modells aus. Hierbei muss der Versicherungsnehmer explizit den Einschluss der Elementardeckung ablehnen, sofern er diese nicht wünscht. So könnten auch Vergleichsprogramme diese in ihren Tools vorbelegen. Dies wird bisher aus Gründen einer guten Platzierung im Preisvergleich nicht gemacht.

Einigkeit herrschte auch darüber, dass der Staat nicht länger als Retter in der Not auftreten sollte, um den Schaden zu begleichen. Dies würde als unfair gegenüber den Versicherten gelten, die regelmäßig die erhöhten Prämien für die Elementardeckung entrichten. Den Druck auf Hausbesitzer könnte man auch dadurch erhöhen, dass Banken eine Baufinanzierung nur vergeben, wenn eine Elementarschadenversicherung vorliegt.

Klima-Experten gehen davon aus, dass das Risiko für Naturkatastrophen in Deutschland weiter ansteigen wird. Die Versicherer hoffen deshalb auf eine baldige Reaktion der Politik. Nach dem jetzigen Starkregen sollte die Diskussion wieder an Fahrt aufnehmen. (bh)

Lesen Sie auch: Versicherungspflicht bei Elementar: Studie widerspricht GDV

Bild: © Rico Löb – stock.adobe.com

 

Ausblick 2024: Das plant Baloise dieses Jahr

Welche Themen haben Entscheider der Versicherungsbranche im neuen Jahr im Blick? Wie reagieren Versicherer auf Veränderungen am Markt? Und welche Rolle spielt KI? AssCompact hat nachgefragt – heute bei Bernd Einmold, Chief Sales Officer Vertrieb Sach der Baloise Sachversicherung AG Deutschland.

Welche Themen und Entwicklungen werden Sie als Versicherer 2024 besonders im Blick haben?

Natürlich haben wir weiterhin die gesamtwirtschaftliche Situation im Blick. Sinkt die Inflation weiter und kommt es zu einer moderaten wirtschaftlichen Erholung? Welche Auswirkungen haben die prognostizierten Wachstumshemmnisse auf das Vorsorgeverhalten von Privatkunden und die Investitionsbereitschaft von Unternehmen? Versicherer werden auf Rentabilitätssicherung achten und wünschen sich Stabilität, mit deren Rückkehr angesichts von Klimawandel und daraus entstehenden Großschäden sowie Krieg in und an den Grenzen zu Europa nur langsam zu rechnen ist. Aber auch – wen wundert es – das Thema Digitalisierung steht weiterhin im Vordergrund, dies bei den Schnittstellen zu unseren Vertriebspartnern und -partnerinnen, aber auch beim Heben der Möglichkeiten, die sich durch die KI ergeben werden.

Welche Sparten, Produkte und/oder Zielgruppen stellen Sie in den Fokus?

Wir bei Baloise haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen regelmäßig über dem Markt profitabel wachsen. Wir spielen nicht überall mit, aber da wo wir mitspielen, wollen wir vorne dabei sein – also in unseren Zielsegmenten. Unsere Ausschließlichkeit wollen wir weiter aus- und Agenturen anbauen. Den Makler- und Exklusivvertrieb werden wir unter anderem mit sehr attraktiven Produktüberarbeitungen und weiteren Digitalisierungsmaßnahmen unterstützen.

Wie reagieren Sie auf die Veränderungen am Maklermarkt?

Die sehr ausgeprägten M&A-Aktivitäten im Maklermarkt haben wir im Blick und sehen diesen Trend auch für die nächsten Jahre. Wir sind mit unserem Key-Account-Management und Regionalvertrieb persönlich sehr nah an unseren Makler-Partnern und -Partnerinnen dran, die weiterhin eine kompetente, zuverlässige und schnelle Maklerbetreuung erwarten. Dieses Qualitätsniveau stellen wir durch unseren persönlichen Ansatz sicher und dazu bauen wir als neuen wichtigen Baustein ein dezentrales Gewerbe-Underwriting auf. Damit können wir auch in der Beratung von KMU-Betrieben einen weiteren vertrieblichen Mehrwert bieten. Dieses Jahr ging auch unser Online-Beratungsservice an den Start. Mit einer Terminbuchung können unsere Experten und Expertinnen der Vertriebsunterstützung beim Underwriting oder bei Fragen zu unserer Gewerbeproduktpalette über Videoberatung konsultiert werden. Somit richten wir uns weiterhin strategisch an den Bedürfnissen des Vertriebspartners aus und sehen uns für die Veränderungen gut gerüstet.

Welche Pläne haben Sie zum Einsatz von KI?

KI ist sicherlich gekommen, um zu bleiben. Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema und versuchen, mit kleinen Schritten die gegebenen Möglichkeiten zu heben – zum Beispiel bei Marketingaktivitäten und in unseren Serviceeinheiten. Gerade aus vertrieblicher Perspektive wird es viele nützliche Dienste geben, die den Alltag vereinfachen können. Vertrauen aufbauen, Partnerschaften pflegen und neue Kontakte gewinnen: Das ist und bleibt menschliche Kernkompetenz, die nicht von einer kühlrationalen KI ersetzt werden kann. Wir sehen große Chancen von KI, aber auch die Grenzen von einer softwarebasierenden Vertriebsunterstützung.

Bild: © Baloise

 

Swiss Re prognostiziert Rekordschäden durch Gewitter

Das Swiss Re Institut geht davon aus, dass versicherte Schäden durch schwere Gewitter im Jahr 2023 ein Rekordhoch erreichen werden. Der Rückversicherer warnt, dass dies in Verbindung mit steigenden Immobilienwerten und höheren Reparaturkosten über kurz oder lang die Profitabilität der Versicherer gefährden könnte.

Die Vielzahl von Naturereignissen von geringem bis mittlerem Ausmaß wird nach Einschätzung des Swiss Re Instituts im laufenden Jahr für versicherte Schäden von mehr als 100 Mrd. US-Dollar sorgen. Treiber dabei sind vor allem schwere Gewitter, sogenannte schwere konvektive Stürme (SCS). Es ist das erste Mal überhaupt, dass schwere Gewitter derart hohe Schäden verursachen, berichtet der Schweizer Rückversicherer.

Schadeninflation hat Auswirkungen auf Wirtschaftlichkeit der Versicherer

Während die USA aufgrund ihrer geografischen Lage besonders durch SCS gefährdet sind, haben die versicherten Schäden durch Gewitter auch in Europa zugenommen. Am schwersten betroffen war im laufenden Jahr Italien – hier verursachten schwere Gewitter Schäden in Höhe von 3,3 Mrd. US-Dollar, der höchste bisherige Versicherungsschaden verursacht durch Naturkatastrophen in der Mittelmeernation.

Die hohe Frequenz schwerer Gewitter hat dieses Jahr die Ertragskraft der Erstversicherungsbranche auf die Probe gestellt, sagt Jérôme Jean Haegeli, Group Chief Economist von Swiss Re. „Der kumulative Effekt häufiger Schadenereignisse von geringem Ausmaß hat zusammen mit steigenden Immobilienwerten und Reparaturkosten große Auswirkungen auf die längerfristige Profitabilität eines Versicherers“, so Haegeli weiter.

In den vergangenen drei Jahrzehnten sind die Schäden durch schwere Gewitter stetig um 7% pro Jahr gestiegen. Die Schadensumme allerdings lag im Jahr 2023 knapp 90% über dem bisherigen Jahresdurchschnitt (32 Mrd. US-Dollar) und war mehr als doppelt so hoch wie der bisherige Zehnjahresdurchschnitt (27 Mrd. US-Dollar).

Versicherer sollten Prämien für gewährte Deckung realistisch abbilden

Die jüngsten Ereignisse liefern der Versicherungsbranche eine verlässliche Referenz, um Schätzungen der steigenden Schadentrends zu berechnen. „Um allerdings diese Naturgefahr noch besser verstehen zu können, ist es wichtig, von den Erstversicherern genauere Details zu den Versicherungsschäden zu erhalten und auch, wie sich ihre Versicherungsverpflichtungen verteilen“, erklärt Balz Grollimund, Head Catastrophe Perils bei Swiss Re. Auch sei es wichtig für Versicherer, dass Prämien das Risiko für die gewährte Deckung angemessen abbilden, gerade auch angesichts steigender Schadentrends.

Erst kürzlich hatte die deutsche Finanz- und Versicherungsaufsicht BaFin Versicherer vor den Auswirkungen der steigenden Schadeninflation auf ihre Finanzstabilität gewarnt (AssCompact berichtete). Einige Versicherer hätten in der Vergangenheit zu optimistische Annahmen über die zu erwartenden Inflationsraten getroffen, warnte die BaFin. Unternehmen sollten laut den Aufsehern die Schadeninflation in ihren Jahresabschlüssen 2023 angemessen berücksichtigen und bei Bedarf die Prämien erhöhen. (js)

Bild: © Stanislav – stock.adobe.com

 

Oberösterreichische: Makler, die sich spezialisieren, sind im Vorteil

Die Oberösterreichische Versicherung will in Deutschland ihre Position als Nischenanbieter stärken. Wo Paul Ristock, Niederlassungsleiter Deutschland der Oberösterreichischen, die Trends in diesen Märkten sieht und wie Makler sie für sich nutzen können, darüber hat er mit AssCompact gesprochen.

Herr Ristock, die Oberösterreichische Versicherung in Deutschland konzentriert sich vor allem auf Nischenprodukte wie Dauercamper, Kleingärten und Tiny Houses. Warum haben Sie sich für diesen Ansatz entschieden?

In Deutschland sind wir ein mittelständischer Versicherer, der seit dem Jahr 2000 als Risikoträger des Assekuradeurs „dieHanauer24“ fungierte. Damals starteten wir als Pionier mit der Photovoltaikversicherung, mit der wir heute noch als Spezialist bekannt sind. Als ich die deutsche Niederlassung zum Januar 2022 übernahm, wollten wir die Strategie als Nischenanbieter weiter stärken. Daher haben wir uns zusätzlich auf die Trendmärkte Dauercamper, Wochenendhaus und Tiny Houses spezialisiert, diese erfreuen sich in Deutschland immer größerer Beliebtheit. Zudem bieten wir hier ein unvergleichliches Produktkonzept an, das durch unsere langjährige Erfahrung auch in der Schadenbearbeitung, u. a. mit Hilfe unseres Netzwerks, nicht so leicht zu kopieren ist. Die Gründe für diese Entscheidung sind einfach – Individualisierung vor Standardisierung. Soll heißen, dass individuell passende Angebote für definierte Zielgruppen immer die Nase vorn haben werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich die Branche dahingehend weiterentwickeln wird.

Welche Trends und Entwicklungen sehen Sie im Moment in diesen Märkten?

In der Photovoltaik-Branche stehen eindeutig ökologische Nachhaltigkeit, der Drang nach Unabhängigkeit in der Energiegewinnung und die Wirtschaftlichkeit im Fokus und beflügeln den Markt zunehmend. Der Bund und die Länder stellen eine Vielzahl an Förderungen bereit, hier seien nur einige genannt: Vergünstigte Darlehen, eine fixe Einspeisevergütung, Investitionszuschüsse und die Mehrwertsteuerbefreiung. Auch die technologische Entwicklung ist interessant, so erhalten wir vermehrt Anfragen von PV-Anlagenherstellern die die einfallreichsten Konstruktionen auf den Markt bringen, die den Naturgefahren stärker trotzen und effizient in der Landwirtschaft eingesetzt werden können. Wir beschäftigen uns also zunehmend mit der Versicherung von neuen Technologien in dem Bereich.

Die Trends Dauercamping, Tiny Houses, Kleingartenvereine und Wochenendhäuser haben alle starke Gemeinsamkeiten. Das sind Ressourcenschonung durch umweltfreundliche und nachhaltige Wohnformen. Geringerer Rohstoff- und Energieverbrauch für einen reduzierten ökologischen Fußabdruck. Kosteneffizienz, geringere Wohnkosten, ein minimalistischer Lebensstil, aber auch Platzmangel in Ballungsräumen und Flexibilität sind Gründe für diese Lebens- und Urlaubstrends. Die jüngsten Krisen und die starke Inflation sind ein zusätzlicher Booster.

Wie reagiert die Oberösterreichische auf diese Entwicklungen?

Wir werden unser Angebot in diesen Märkten konsequent ausbauen und planen, weitere Nischen zu erschließen. Bald bieten wir einen Onlineabschluss für unsere Vertriebspartner in Deutschland an, um die Antragsstellung und die Kundenakquise zu vereinfachen. Wir arbeiten an Produkterweiterungen und Inflationsschutz im bestehen Produktportfolio, so sind wir nach meiner Kenntnis derzeit der erste Versicherer in Deutschland der eine Indexierung in seiner selbstständigen Photovoltaikversicherung anbietet.

In welchen von den von Ihnen betreuten Nischenmärkten sehen Sie aktuell die größten Potenziale für Makler? Wo gab es in den letzten Jahren das meiste Wachstum?

In allen unseren Nischenmärkten sind große Absatzpotenziale für unsere Vertriebspartner, die unabhängigen Versicherungsmakler, geboten. Diejenigen Makler, die sich spezialisieren und Kooperationen mit Dienstleistern eingehen, werden automatisch davon profitieren und können so ein Gegengewicht zu den großen Playern in der Assekuranz bilden, indem sie die Zielgruppen dieser Nischen individuell beraten. „Individualisierung vor Standardisierung“ – damit wird man immer Potenziale heben können.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in diesen Märkten und was für eine Rolle spielt das in Ihrem Unternehmen?

Eine immer größere, daher ist unser Produktangebot kein Zufall. Unsere Nischenprodukte sind auf ökologisch nachhaltige Märkte ausgerichtet. Zurzeit überlegen wir, Kooperationen mit Institutionen einzugehen, die sich mit Umweltprojekten beschäftigen und konkreten Klimaschutz betreiben.

Was zeichnet die Oberösterreichische noch aus?

Wir sind ein Versicherer, der seinen Vertriebspartnern auf Augenhöhe begegnet, das ist uns im Umgang ganz wichtig. Mit uns kann man reden und zwar persönlich, Sie werden sich bei uns mit keinem Sprachmenü herumärgern müssen. Unsere Wurzeln reichen auf 1811 zurück und diese Beständigkeit und Zuverlässigkeit leben wir heute noch über eine typische österreichische Handschlagmentalität. Des Weiteren haben wir keine Rückstände, wir arbeiten unsere Geschäftsvorfälle und Schäden zum größten Teil taggleich ab. Das ist mittlerweile in Deutschland ein Qualitätsmerkmal, das unsere Vertriebspartner zu schätzen wissen.

Bild: © Oberösterreichische Versicherung

 
Ein Interview mit
Paul Ristock