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J.P. Morgan startet nachhaltigen Aktien-ETF

J.P. Morgan Asset Management hat den JPMorgan – Carbon Transition Global Equity SICAV ETF vorgestellt. Der ETF soll es Anlegern ermöglichen, CO2-reduziert in globale Aktien zu investieren und die Risiken des Klimawandels für ihr Portfolio zu verringern.

Der neu aufgelegte J.P. Morgan Asset Management den JPMorgan Carbon Transition Global Equity SICAV ETF (JPCT) ist ab sofort auf XETRA handelbar. Der nachhaltige ETF ermöglicht es, in ein breit gestreutes globales Aktienportfolio zu investieren, das nur einen geringen Tracking Error zum MSCI World Index aufweist und dabei die Kohlenstoffintensität der Investments deutlich reduziert. Die Gesamtkostenquote beträgt 19 Basispunkte.

Keine Ausschlüsse oder Sektorabweichungen nötig

Basisindex ist der JPMorgan Asset Management Global Carbon Transition Index. Er weist eine signifikant reduzierte Kohlenstoffintensität im Vergleich zum MSCI World Index auf, ohne dafür Ausschlüsse oder Sektorabweichungen vorzunehmen zu müssen. Vielmehr wird auf Basis eines hauseigenen Research-Modells ermittelt, welche Unternehmen in ihrem Sektor am besten für den Übergang in eine kohlenstoffarme Wirtschaft ausgerichtet sind.

Mindestens 30% weniger CO2

Der JPCT bietet Anlegern laut J.P. Morgan Asset Management eine um mindestens 30% geringere Kohlenstoffintensität als der MSCI World Index und hat das Ziel, im Einklang mit der EU Climate Transition Benchmark (CTB) für nachhaltige Investments jährlich eine weitere CO2-Reduzierung von mindestens 7% zu erreichen. Das quantitative Investmentmodell für den CO2-Übergang, das dem neuen Index zugrunde liegt, wurde in enger Zusammenarbeit des Sustainable Investing Teams und des Quantitative Beta Solutions (QBS) Teams von J.P. Morgan Asset Management entwickelt.

Risiken des Klimawandels verringern

Diese Strategie soll Anlegern dabei helfen, die Risiken des Klimawandels für ihr Portfolio zu verringern. Der ETF investiert hierzu nicht nur in Unternehmen, die CO2-Emissionen reduzieren, sondern beispielsweise auch in Technologien, die für einen erfolgreichen Übergang in eine kohlenstoffarme Welt notwendig sind. Das Modell lässt sich J.P. Morgan Asset Management zufolge auf jedes Investmentuniversum anwenden.

Dreidimensionaler Analyseprozess

Im Analyseprozess werden die drei Dimensionen bewertet, um die Vorreiter von den CO2-Nachzüglern zu unterscheiden: erstens die Produktion von direkten und indirekten Emissionen und wie Unternehmen ihre Emissionen managen und planen, diese zu reduzieren. Zweitens wie Unternehmen Ressourcen wie Strom, Wasser und Abfall verwalten. Und drittens andere klimabezogene Überlegungen zum Risikomanagement wie physische Risiken und Reputationsrisiken. Insgesamt werden mehr als 70 Kennzahlen in die Entscheidung einbezogen. (mh)

Bild: © NicoElNino – stock.adobe.com

 

Plansecur startet Vermögensverwaltung mit Reuss Private Deutschland

Plansecur hat sein Dienstleistungsangebot um die Finanzportfolioverwaltung ergänzt. Dabei vertraut der Allfinanzdienstleister auf die langjährige Expertise des Vermögensverwalters Reuss Private Deutschland. Zudem baut Plansecur die Zusammenarbeit mit FONDSNET aus.

Die Kasseler Finanzberatungsgesellschaft Plansecur, die mit ihren 170 Beratern deutschlandweit mehr als 85.000 Privat- und Firmenkunden in Deutschland betreut, und die Reuss Private Deutschland AG haben gemeinsam zwei fondsgebundene Vermögensverwaltungsmodelle aufgelegt. Reuss Private Deutschland gehört als Finanzportfolioverwalter der Reuss Private Group an, einem Verbund von Spezialdienstleistern mit Produkten und Services für unabhängige Berater, professionelle Vermögensverwalter, Family Offices und anspruchsvolle private Anleger.

Verzahnung im Softwarebereich

Bereits seit 2013 kooperiert Plansecur mit FONDSNET, einer Schwestergesellschaft der Reuss Private Deutschland AG, und arbeitet mit den IT-Systemen und -Lösungen des Maklerpools und seiner Tochter foo – financial engineering. Diese Zusammenarbeit wird nun ebenfalls ausgebaut. Durch eine engere Verzahnung von FONDSNET Beratungsmodulen und Plansecur-Software sollen die Anwendungen des Allfinanzdienstleisters weiter optimiert und noch leistungsfähiger werden. Neben Vermögensverwaltung und IT setzt Plansecur fortan auch im Bereich Pooling auf die Expertise von FONDSNET, über die nun fast alle Depotstellen der Finanzberatungsgesellschaft abgewickelt werden. (mh)

Bild: © Wasan – stock.adobe.com

 

Fondsvermögen in Deutschland wächst trotz Corona-Krise

Das in Deutschland verwahrte Fondsvermögen ist in den ersten zwei Quartalen des laufenden Jahres erneut gestiegen. Insgesamt lag das Plus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 5%. Offene Wertpapierfonds dominieren dabei weiter klar.

Der Fondsverband BVI hat aktuelle Zahlen zum Fondsvermögen in Deutschland veröffentlicht. Demnach ist das von Depotbanken verwahrte Vermögen deutscher Fonds in den letzten zwölf Monaten um knapp 5% gestiegen. Insgesamt betreuten die 38 Verwahrstellen in Deutschland zur Jahresmitte 2020 ein Vermögen von 2,38 Bio. Euro. Vor einem Jahr waren es 2,27 Bio. Euro.

Das sind die größten Verwahrstellen

Marktführer unter den Verwahrstellen ist BNP Paribas mit einem Vermögen von 643 Mrd. Euro an. Dahinter folge die State Street Bank mit 296 Mrd. Euro und HSBC Trinkaus & Burkhardt mit 271 Mrd. Euro. Mit der DZ Bank (254 Mrd. Euro), J.P. Morgan (183 Mrd. Euro), DekaBank Deutsche Girozentrale (160,6 Mrd. Euro) und der Landesbank Baden-Würtemberg verwahren vier weitere Häuser dreistellige Milliardenbeträge.

Offene Wertpapierfonds dominieren

34 Verwahrstellen sind im Geschäft mit offenen Wertpapierfonds tätig. Sie versammeln ein Gesamtvermögen von 2,11 Bio. Euro. Dagegen sind nur 11 Gesellschaften im Bereich der offenen Immobilienfonds tätig, in denen ein Vermögen von 239 Mrd. Euro verwahrt wird. Noch deutlich kleiner ist das Segment der geschlossenen Investmentfonds nach den Vorschriften des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB). In diesem Bereich betreuen laut BVI 13 Verwahrstellen ein Nettovermögen von 28 Mrd. Euro. (mh)

Bild: © Monster Ztudio – stock.adobe.com

 

Das sind die Fondsfrauen des Jahres 2020

Die Fondsfrauen haben 2020 zum zweiten Mal erfolgreiche Frauen in der Finanzbranche mit dem Fondsfrauen Award ausgezeichnet. In insgesamt drei Kategorien hat das Karrierenetzwerk diesmal die diesjährigen Gewinner gekürt.

Frauen sind in der Finanzbranche nach wie vor stark in der Minderheit. Um das zu ändern, wurden 2015 die Fondsfrauen gegründet, ein Karrierenetzwerk für Frauen in der Finanzbranche. Seit vergangenem Jahr kürt das Netzwerk die Fondsfrauen des Jahres. Für den diesjährigen Award gingen im Vorfeld über 100 Nominierungen für die drei Kategorien Company of the Year, Role Model of the Year und Woman of the Year.

Das ist die Company oft he Year

Aus den Nominierungen wurden von einer unabhängigen Jury pro Kategorie drei Top-Kandidat*innen ausgewählt. In der Kategorie „Company of the Year“ wurde das Unternehmen gesucht, das sich im zurückliegenden Jahr am meisten um Frauenförderung gekümmert hat, zum Beispiel durch betriebsinterne Programme, gezielte Weiterbildung, Nachwuchsförderung, geänderte Stellenanzeigen oder die Änderung der Unternehmenskultur. Laut der Jury traf das am besten auf Raiffeisen Capital Management zu.

Das ist das Role Model of the Year

Als „Role Model of the Year“ wurden Vorbilder nominiert, die sich im vergangenen Jahr für Frauenförderung stark gemacht haben – ob durch Ermutigung und Förderung von Frauen, die Einführung spezieller Programme im eigenen Unternehmen, Mentoring, öffentliche Auftritte, Artikel, Support bei Veranstaltungen oder Ähnliches. Am besten habe dies Vorbildrolle Michaela Krahwinkel von Union Investment ernst genommen und einen aktiven Beitrag dazu geleistet, dass Frauen gefördert werden und mehr Frauen in Führungspositionen gelangen.

Das ist die Woman of the Year

In der Kategorie „Woman of the Year“ ging der Preis in diesem Jahr an Edda Schröder von Invest in Visions. Daneben schafften es auch Anja Mikus von der Stiftung KENFO und Sonja Laud von Legal & General Investment Management auf die Nominiertenliste. Um auf dieser zu landen, mussten due Kandidaten zeigen, dass Gender Diversity längst kein Nice-to-Have mehr ist, sondern ein wichtiger Aspekt für gute Unternehmensführung und sichtbare Erfolge. (mh)

Bild: © tomertu – stock.adobe.com

 

UBP launcht einen der ersten FinTech-Aktienfonds

Die Digitalisierung der Finanzwirtschaft schreitet unaufhaltsam voran. Dafür sorgen nicht zuletzt zahlreiche FinTechs. Union Bancaire Privée (UBP) will Anlegern das damit verbundene Potenzial nun durch die Auflage eines FinTech-Aktienfonds erschließen.

UBP hat die Lancierung des UBAM – Global Fintech Equity bekanntgegeben. Der neue Aktienfonds investiert weltweit in verschiedene Bereiche der FinTech-Branche investiert. Der Fonds wird vom verwaltet; Martin Moeller, Co-Head des UBP-Teams für Schweizer und globale Aktien, ist leitender Portfoliomanager. Für den Fonds soll er ein Portfolio aus 20 bis 40 Aktien aufbauen.

Zahlreiche FinTech-Themen abgedeckt

Mit rund 180 Unternehmen und einer Börsenkapitalisierung von über 2 Bio. Dollar stellt die FinTech-Sparte laut UBP ein diversifiziertes, stark wachsendes Anlageuniversum dar, das nahezu 3% des MSCI AC World ausmacht. Das Fondsportfolio umfasst insbesondere Engagements in FinTech-Themen wie globalen Zahlungsverkehr, digitalisierte Finanzsysteme, Netzwerk und Sicherheit, Daten und Analysetools, InsurTech und RegTech sowie innovative Finanzplattformen.

Bottom-up-Ansatz

Die Einzeltitelauswahl erfolgt auf der Grundlage eines selektiven Bottom-up-Ansatzes, der auf einem Bewertungsmodell mit proprietären Daten beruht und sich auf die Cashflow-Generierung (CFROI) konzentriert. Die Investitionen erfolgen in Firmen während des gesamten CFROI-Zyklus und zielen auf Unternehmen ab, deren Wachstum die Marktprognosen übertreffen. Zudem sollten Unternehmen, dank hoher Eintrittsschranken überdurchschnittliche Gewinne aufrechterhalten und sich in schwierigen Zeiten neu erfinden können. Die Gewichtung dieser drei Möglichkeiten zur Generierung von Alpha hängt zudem vom makroökonomischen Umfeld und den vom Team als mit hoher Überzeugung identifizierten Titeln ab.

Profiteure struktureller Trends

„Das FinTech-Thema profitiert von strukturellen Trends und erhielt zudem durch den größeren Bedarf an E-Commerce- und Datentechnologielösungen während der Covid-19-Pandemie Auftrieb“, kommentiert Michaël Lok, Co-CEO Asset Management bei der UBP, die Lancierung des neuen Fonds. Der Fonds könne zur Diversifizierung eines Technologie-Portfolios beitragen und sei eine effiziente Methode, um eine Allokation in verschiedenen bahnbrechenden Trends in der FinTech-Branche sicherzustellen. (mh)

Bild: © putilov_denis – stock.adobe.com

 

Trump vs. Biden: So blickt die Finanzbranche auf die US-Wahl

In dieser Woche ist es endlich soweit: am Dienstag wird der neue US-Präsident gewählt. Am Mittwochmorgen dürften die Ergebnisse feststehen. Die stark polarisierende Wahl beschäftigt auch die Finanzmärkte. AssCompact fasst kurz vor der Wahl einige Expertenstimmen aus der Finanzbranche zusammen.

Wird Joe Biden der neue US-Präsident oder kann Donald Trump erneut überraschen und sich wie vor vier Jahren doch noch den Wahlsieg schnappen? Am Mittwoch dürfte diese Frage beantwortet sein, denn in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch europäischer Zeit finden die US-Präsidentschaftswahlen statt. Selten zuvor hat eine Wahl so polarisiert wie die der Zweikampf Trump gegen Biden. Die Zukunft der größten Volkswirtschaft der Welt beschäftigt natürlich auch die Finanzmärkte.

Sieg von Joe Biden keineswegs sicher

Trotz eines Vorsprungs in den Umfragen scheint ein Sieg von Joe Biden alles andere als sicher. Das sieht auch Ron Temple, Head of US Equities und Co-Head von Multi-Asset bei Lazard AM, so. Die Einschätzung der kurzfristigen Reaktion auf jede Wahl sei jedoch ohnehin sehr schwierig und letztlich nicht so wichtig. „Was wirklich zählt, ist, wie die längerfristigen Aussichten für Unternehmen sind, Gewinne zu erzielen? Das wichtigste Szenario, das es zu berücksichtigen gilt, ist die Möglichkeit einer blauen Welle, bei der die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus, dem Senat und dem Weißen Haus gewinnen“, meint Temple.

Beispielloser Impuls möglich

Wenn die Demokraten auf Basis einer solchen blauen Welle Investitionen in Infrastruktur und Klimaziele in Höhe von 2 bis 3 Bio. Dollar frühzeitig Priorität einräumen würden, könnte das laut Temple einen fiskalischen Impuls geben, der beispiellos für die Ära nach dem Zweiten Weltkrieg wäre. „In diesem Szenario dürften die Wachstums- und Inflationserwartungen steigen und zu einer steileren US-Zinskurve führen. Wenn sich das Wachstum beschleunigt, wird sich die Erholung auf weitere Wirtschaftssektoren ausdehnen und den Anlegern eine größere Auswahl an Aktien bieten, die Erträge und Gewinne steigern können“, so Temple. Damit verbundene höhere langfristige Zinsen und höhere Diskontsätze auf künftige Cashflows, könnten zu einer größeren Rotation von Growth-Titeln, die in der Zukunft möglicherweise hohe Erträge erwirtschaften, in Aktien von Unternehmen führen, die bereits hohe Erträge erwirtschaften. Dieses Szenario sei jedoch keine beschlossene Sache.

US-Präsidentschaftswahl wirft Schatten voraus

Dr. Christoph Bruns und Ufuk Boydak von Loys Fonds glauben, dass es für Trump entscheidend darauf ankommt, die Wahlmänner in den umkämpften Staaten wie Florida, Ohio und Wisconsin auf seine Seite zu ziehen. „Fraglich ist jedoch, ob Trump zusätzliche Wähler gegenüber der Wahl von 2016 mobilisieren kann, denn seine Präsidentschaft hat die USA keineswegs auf die satten Wiesen geführt, die Trump verhießen hatte. Im Gegenteil: Im vierten Jahr seiner Amtszeit erleben die USA unter Trump die größte Wirtschaftskrise seit fast 100 Jahren“, meint das Expertenduo.

Corona-Pandemie verhindert Tumps Pläne

Zudem habe es noch nie hat es so viele zivile Tote in der Amtszeit eines US-Präsidenten gegeben wie unter Trump. „Die Corona-Pandemie hat Trumps Plan verhindert, als strahlender Wirtschaftskapitän Amerikas eine Ära ungekannter neuer Großartigkeit betreten zu haben. Stattdessen beherrschen Massenarbeitslosigkeit, Armut und Gewalt die täglichen Schlagzeilen“, so Bruns uns Boydak.

Eminente Bedeutung für den Rest der Welt

Den Loys-Experten zufolge besitzt die US-Wahl insbesondere für den Rest der Welt eine eminente Bedeutung besitzen. Unter Donald Trump wurden die Beziehungen zu den Verbündeten schließlich einigermaßen zerrüttet. Ob die Staaten Westeuropas Zeit haben, weitere vier Amtsjahre Trumps auszusitzen sei fraglich. Auch die asiatischen Bündnispartner der USA würden mit Sorge auf den anstehenden Urnengang. Niemand werde die Wahl aufmerksamer verfolgen als China. Durch Trumps unilateralen Handelskrieg mit dem Reich der Mitte ist das Verhältnis beider Rivalen auf einen Tiefpunkt gefallen. Für die Welt werd es in den kommenden Jahren sehr bedeutsam sein, wie sich diese beiden Supermächte ins Benehmen setzen.

Ausgang der Wahl irrelevant

Philipp Vorndran und Thomas Lehr von der Kölner Fondsboutique Flossbach von Storch blicken zwar gespannt auf die US-Wahl. Für langfristige Anleger sei der Wahlausgang aber irrelevant. „Weder Donald Trump noch Joe Biden werden als US-Präsidenten an den wesentlichen Kapitalmarkttreibern etwas verändern (können)“, so das Expertenduo in einem Marktkommentar. Das gelte weder für die Notenbankpolitik, die lange Zeit, womöglich sogar dauerhaft expansiv bleiben werden. Auch die fiskalpolitischen Stimuli dürften angesichts der Corona-Folgen für die US-Wirtschaft nicht verschwinden. Gleiches gelte für den Konflikt mit China. „Joe Biden mag weniger martialische Töne anschlagen, deutlich seltener twittern; aber von der „America-First“-Doktrin, die unter ihm zwar anders heißen würde, wird auch er nicht abweichen. Von daher steht die US-Wahl nicht ganz weit oben auf unserer anlagestrategischen Agenda“, prognostizieren Vorndran und Lehr.

Trumps Wahlsieg als Musterbeispiel für falsche Erwartungen

Dass langfristige Investoren sich vom kurzfristigen Blick auf Wahlen lösen sollten, habe aber nicht zuletzt die Wahl Donald Trumps vor vier Jahren gezeigt. Fast alle Marktbeobachter seien damals davon ausgegangen, dass bei einem möglichen Wahlsieg Trumps großes Ungemach drohe, möglicherweise Panik ausbrechen werde. Nichts von alledem ist geschehen. Stattdessen begann der US-Markt kräftig zu steigen. In den ersten 15 Monaten der Trump’schen Amtszeit legte der S&P 500-Index praktisch ohne Rücksetzer zu. Historisch betrachtet war die Volatilität niemals zuvor so tief wie in jener Phase. Damit trat das genaue Gegenteil des erwarteten Chaos ein.

Sorge vor Wahlergebnissen oft übertrieben

Matthew Benkendorf, CIO von Vontobel Quality Growth, rät ebenfalls zur Gelassenheit. „Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Marktreaktionen schwer vorherzusagen sind und dass Wahlergebnisse nicht derart dramatische Auswirkungen auf die Märkte haben, wie man vielleicht glauben mag. Die Sorge vor Wahlergebnissen ist daher oft übertrieben“, so Benkendorf. Wie die Märkte auf Wahlen reagieren, hänge von mehr ab als davon, wer gewählt wird. Wichtige Faktoren seien beispielsweise das Bewertungsniveau der Märkte, das wirtschaftliche Umfeld, die Konjunkturaussichten und, wohl am entscheidendsten, die Prognosen für die Unternehmensgewinne. Die grundlegende Gesundheit der Wirtschaft und das Wachstum der Unternehmensgewinne sind laut Benkendorf am Ende die Faktoren, welche die Aktienkurse beeinflussen werden.

Verschiedene Parteien, gleiche Ziele

Unabhängig davon, wer in weniger die US-Präsidentschaftswahlen gewinnen wird, geht Vontobel davon aus, dass die Beziehungen zwischen den USA und China hinsichtlich Diebstahl geistigen Eigentums, Handel und damit verbundenen ESG-Themen weiterhin im Zentrum des Interesses stehen werden. Die außenpolitische Haltung der USA gegenüber China dürfte unabhängig vom Wahlausgang recht ähnlich sein, wenngleich sich der Verhandlungsstil Joe Bidens gegenüber China von dem des derzeitigen Amtsinhabers Donald Trump unterscheiden würde. Insgesamt hätten Präsidenten oder Regierungen aber nur einen bestimmten Spielraum und können nur einige wenige Schlüsselpunkte auf ihrer Agenda angehen. Unabhängig vom Wahlausgang könnte zudem die Politisierung des Umgangs mit der Covid-19-Pandemie bei beiden Parteien zu einem Ende kommen.

Investitionen nicht von Wahlergebnis abhängig

Laut Benkendorf sollten Investoren in diesem Umfeld nach Unternehmen mit bewährten und wiederholt erfolgreichen Modellen und etablierten, marktführenden Positionen suchen. „Für Investoren ist es von entscheidender Bedeutung, sich daran zu erinnern, dass der Erfolg eines Sektors und, noch wichtiger, der Erfolg von Unternehmen in diesem Sektor, von den zugrunde liegenden Gewinnen, der Nachhaltigkeit und des zukünftigen Wachstums dieser Gewinne abhängt“, so der Vontobel-Experte.

Eine Reihe von überparteilichen Bestrebungen

Grant Bower erwartet derweil ein spannendes Rennen. „Wir gehen davon aus, dass die Wahl so lange knapp bleiben wird, bis uns die endgültigen Wahlergebnisse vorliegen“, meint der Portfoliomanager des 6,2 Mrd. Doller großen Franklin U.S. Opportunities Fund. Auch er hat die möglichen Folgen einer blauen Welle im Blick, sieht aber auch eine Reihe von überparteilichen Bestrebungen, die große Auswirkungen auf die Märkte haben könnten. Dazu zählen etwa Ausgaben für Infrastruktur. „Die Verabschiedung eines Infrastrukturgesetzes im Jahr 2021 wird für beide Parteien hohe Priorität haben“, meint Bowers. Es dürfte Gesetzesvorschläge zur Modernisierung der Flughäfen, Brücken und Straßen des Landes geben. „Unser Research deutet darauf hin, dass der Plan aller Wahrscheinlichkeit nach erhebliche Finanzmittel zur Verbesserung der technologischen Infrastruktur Amerikas umfassen dürfte“, erwartet Bowers.

Kein grundsätzlicher Wandel mit China zu erwarten

Auch die Handelsspannungen und der Schutz geistigen Eigentums stehe sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern im Fokus. Franklin Templeton geht davon aus, dass auch Biden China trotz einer gemäßigteren Haltung weiter unter Druck setzen würde, um weltweit einheitliche Bedingungen für Technologiefirmen zu schaffen –einnehmen könnte. Wir erwarten, dass sich die Handelsspannungen fortsetzen werden – ganz gleich, welche Partei schließlich die Regierung bildet.“

Langfristige Perspektive entscheidend

Drittens würden beide Kandidaten Produktion nach Hause holen wollen. „Wir auf beiden Seiten Unterstützung dafür, Produktionskapazitäten zurück in die USA zu holen. Unserer Einschätzung nach hat die COVID-19-Pandemie viele Schwächen globaler Lieferketten offengelegt, insbesondere im Gesundheitssektor, und wir gehen davon aus, dass sich weitere Sektoren wie etwa Industrie und Fertigung weiter an die Endmarktverbraucher in den USA annähern werden“, so Bowers. Ganz gleich, wer die Wahl gewinnt, sei mit überparteilicher Unterstützung für dieses Thema zu rechnen. Bowers konzentriere sich insgesamt weiterhin auf die langfristige Perspektive. In dieser überzeugen ihn vor allem die beiden Sektoren Technologie und Gesundheit, da sie langfristiges Wachstum verzeichnen dürften und speziell vereinzelten Unternehmen starke Gewinne je Aktie und freien Cashflows böten. (mh)

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Kein Paradigmenwechsel durch Corona-Krise: Value mit Qualität hat Bestand

Mit steigenden Infektionszahlen und dem Anbruch der kühleren Jahreszeit greifen wieder stärkere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Was bedeutet das für Anlageberater? Den Dialog suchen. Viele Kunden sind verunsichert: Ist mein Geld noch angemessen anlegt? Wo lauern besondere Risiken? Wo die Chancen?

Von Patrick Linden, Partner und Geschäftsführer der Niederlassung Deutschland von Clartan Associés

Gerade jetzt, in Zeiten der Unsicherheit, sollte man nicht ängstlich in Untätigkeit verharren. Die Nullzinspolitik der letzten Jahre wird uns, nicht zuletzt auch aufgrund der globalen Pandemie, bis auf Weiteres begleiten. Wer sein Geld gewinnbringend anlegen möchte, sollte es nicht aufs Sparkonto packen. Niedrigzinsen lassen es verkümmern. Aktien sind die bessere Lösung. Aber Vorsicht: Anleger sollten nicht jedem Trend hinterherlaufen. Gerade bei den großen Technologieunternehmen ist nach den Kursgewinnen der letzten Monate Zurückhaltung angeraten. Stattdessen gibt es Unternehmen, die jüngst durch die Pandemie zu Unrecht an den Börsen abgestraft worden sind: klassische Value-Titel.

Firmen, die solide und rentabel wirtschaften

Value-Unternehmen sind werthaltige Firmen, die solide und rentabel wirtschaften – was sich aber aktuell nicht in ihrem Börsenkurs widerspiegelt. Folglich haben sie ein niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnisses (KGV). Ein weiterer Anhaltspunkt ist der intrinsische Wert. Unsere Investmentphilosophie basiert auf dem Grundsatz: „Quality & Value“. Das heißt, wir erwerben Qualitätsunternehmen mit hoher Unterbewertung. Oder anders ausgedrückt: Das wichtigste Kriterium einer Aktie in unsere Fonds ist die niedrige Bewertung gepaart mit einem hohem intrinsischen Wachstumspotential. Denn eine nachhaltige und langfristige Geldanlage sollte stets auf einem wahren Wert basieren. Alles andere ist in unseren Augen Spekulation.

Erkenntnisse aus Gesprächen mit Firmenverantwortlichen

Unersetzbar sind zudem die persönlichen Gespräche mit den Geschäftsführern und Vorständen der Unternehmen, ob physisch oder per Video. Die Informationen und dadurch gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage, um die weitere Entwicklung der Firmen zu erkennen, zu bewerten – und daraus die Antwort auf die Frage abzuleiten: Investieren, ja oder nein? Denn während einige unterbewerte Unternehmen extrem hohes Aufholpotenzial besitzen, hakt es bei anderen tatsächlich beim Geschäftsmodell. Diese werden womöglich nicht so schnell wieder auf die Beine kommen. Die Einzeltitelanalyse hat in den letzten Monaten somit wieder deutlich an Bedeutung gewonnen. Statt über eine ETF beispielsweise pauschal auf einen kompletten Index zu setzen, ist Selektion via Stock-Picking gefragt.

Tech-Werte: Bereits eine Blase?

Das Plus im bisherigen Jahresverlauf hat der amerikanischen Index S&P 500 maßgeblich den sogenannten GAFAM-Titeln – namentlich Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft – zu verdanken. Diese fünf Tech-Werte haben nach ihrem Höhenflug einen Anteil von rund einem Fünftel an dem Index.

Rationalität wird sich bald wieder durchsetzen

Mit Blick auf das Verhältnis zwischen Kursen und erwarteten Gewinnen (KGV) erscheint der Markt zwar insgesamt teuer, aber in der Branchenbetrachtung ergibt sich ein differenzierteres Bild: Das erwartete KGV, also die Bewertung der Gewinne der kommenden zwölf Monate, liegt für den Gesamtindex bei 22,9 – und damit auf dem höchsten Stand seit dem Jahr 2000. Finanzwerte alleine erreichen jedoch nur einen Wert von 14,2, während IT-Unternehmen mit dem 50-fachen der erwarteten Gewinne bewertet werden. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche Diskrepanzen nicht dauerhaft sind. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Rationalität der Marktteilnehmer wieder durchsetzt. Zum Vergleich: Kurz vor Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 haben ebenfalls fünf Unternehmen – General Motors, Microsoft, Cisco, Intel und Exxon Mobil – 18% des S&P 500-Volumens auf sich vereint.

Value? Ja, jetzt!

Natürlich weiß niemand, wann diese Krise ausgestanden ist. Wir haben in den vergangenen 30 Jahren gesehen, dass Value insbesondere nach einer Korrektur enormes Aufholpotenzial liefert. Das belegt beispielsweise die Zeitspanne der Jahre 2000 bis 2007. Ein antizyklischer Investmentansatz kann somit auch als gewisse Absicherung bei Börsenrücksetzern und der darauffolgenden Erholungsphase dienen. Die jüngsten Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise haben zu enormen Preisdiskrepanzen an den Märkten geführt. Abhängig vom Eindämmen der Pandemie und ihrer Einschränkungen wird es einen „Flight to Quality Value“ geben – mit einer Normalisierung der Bewertungen insgesamt. Das bedeutet konkret: Abverkauf von extrem überbewerteten Tech-Firmen zu Gunsten klassischer stark unterbewerteter, rentabler Value-Unternehmen. Unsere anhaltenden Gespräche mit Firmenverantwortlichen aus klassischen Industrien zeigen genau das. Denn die meisten dieser Manager blicken positiv in die Zukunft.

Stock-Picking entscheidend

Wichtig ist, sich nicht verunsichern zu lassen. Zugegeben, das ist ob der Umstände nicht immer ganz leicht. Aber Anlagen in Aktien sollten stets einen langfristigen Ansatz und Horizont verfolgen. Aktuell erwirtschaften viele Unternehmen trotz des herausfordernden Umfeldes solide Erträge. Etliche Firmen haben eine positive Gewinnsituation und ein wertschöpfendes Geschäftsmodel – und sind trotzdem günstig an der Börse zu haben. Gerade im Energiebereich und bei Banken gibt es interessante Value-Chancen. Wir halten an unserer Überzeugung fest und haben stets die langfristige Perspektive jedes einzelnen Unternehmens im Blick. Dieser werthaltige Ansatz sollte sich langfristig auszahlen.

Über den Autor:

Patrick Linden ist Partner und Geschäftsführer der Niederlassung Deutschland von Clartan Associés, einer 1986 unter dem Namen Rouvier Associés gegründeten unabhängigen Vermögensverwaltungsgesellschaft aus Paris. Der studierte Diplom-Volkswirt und Bankkaufmann arbeitet in dieser Position seit dem Jahr 2011. Zuvor war er mehr als zehn Jahre für Standard & Poor’s, BNP Paribas und die Deutsche Bank in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien tätig.

Bild: © Costello77 – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Patrick Linden

Abschied vom Klein-Klein

Die Finanzwirtschaft darf nicht länger als bloßer Produktgeber agieren. Es ist notwendig, den Menschen bewusst zu machen, dass die Möglichkeiten der Kapitalmärkte einen substanziellen Beitrag zu ihrer Lebensplanung leisten können. Es geht um die Einsicht ins Ganze. Nur so kann in Deutschland eine echte Anlagekultur entstehen, sagt Charles Neus, Head of Retirement Solutions von Schroder Investment Management (Europe).

Der Befund ist hinlänglich bekannt: Die EU-Bürger legen ihr Geld lieber unters Kopfkissen, als es an den Kapitalmärkten zu investieren. Ein Drittel des Vermögens der privaten Haushalte wird in Bargeld oder Einlagen gehalten. In Deutschland ist dieser Anteil noch höher. Das ist aus zweierlei Gründen besorgniserregend. Zum einen, weil die Leistungsfähigkeit der Staaten bei der Lebens- und Altersvorsorge beständig abnimmt, der Einzelne mithin stärker gefragt ist. Zum anderen, weil die auf lange Zeit extrem niedrigen Zinsen ausreichende Erträge nicht mehr gewährleisten. Der Zinseszinseffekt funktioniert nicht mehr.

Die bisherigen, vor allem durch Politik und Aufsicht getriebenen Maßnahmen des finanzwirtschaftlichen Verbraucherschutzes waren ein erster und wichtiger Schritt, um das Problem anzugehen. Offenlegungspflichten der Anbieter, ausreichende Preis- und Renditeinformationen sowie Transparenz bei der Wertentwicklung sind durchaus geeignet, das Vertrauen in Kapitalanlagen zu fördern. Die Schaffung einer Anlagekultur geht allerdings über rein produktbezogene Informationen hinaus. Denn die meisten Menschen halten nicht Ausschau nach dem besten Produkt, sondern nach finanzwirtschaft­lichen Lösungen für die Herausforderungen ihres Lebens. Diese Herausforderungen sind nicht statisch, sondern können sich je nach Lebens­abschnitt und Lebenssituation verändern. Die meisten Menschen eint jedoch das Bedürfnis, im Alter finanziell gut abgesichert zu sein. Vor diesem Hintergrund haben die Analysten des amerikanischen CFA-Instituts die Altersvorsorge als wichtigstes Anlageziel von Privat­anlegern weltweit ermittelt.

Die Finanzkrise wirft lange Schatten

Als Haupthindernis auf dem Weg zu einer Anlagekultur gilt das mangelnde Vertrauen in die Finanzwirtschaft. Hier leiden Finanzdienstleister immer noch unter den Folgen der Finanzkrise von 2008. Im gesamten Dienstleistungsspektrum zählen sie zu den am wenigste vertrauenswürdigen Akteuren, wie das Edelman Trust Barometer 2020 ausweist.

Es mangelt an Vertrauen

Mangelndes Vertrauen wird aber nicht nur durch einzelne Schockerlebnisse befördert. Es steht auch im direkten Zusammenhang mit einem unzureichenden Verständnis von den Grundlagen der Finanzwirtschaft und der Kapitalanlage. Das Fremdeln mit der Kapitalanlage hat also nicht nur etwas mit schlechten Erfahrungen, sondern vor allem mit einer geringen Finanzkompetenz zu tun. In dieser Hinsicht ist es gerade auch in Deutschland nicht zum Besten gestellt. Das Thema der geringen Finanzkompetenz kann nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn jenseits von theoretischen Erkenntnissen ist es von zentraler praktischer Bedeutung für die Lebensbedingungen der Menschen. So haben verschiedene Studien festgestellt, dass mangelnde Finanzkompetenz die Gefahr der Überschuldung steigert, die Chancen auf eine gute Altersvorsorge verringert, mit einem erhöhten Armutsrisiko einhergeht und die Vermögensungleichheit verschärft.

Risikoscheu überwinden

Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zu einer Anlagekultur ist die Risikoscheu. In Österreich und Deutschland etwa gelten Anlagen in Wertpapiere und Fonds als besonders riskant. Dabei wird verkannt, dass die Ertragsrisiken bei Sparbüchern oder Festgeldkonten gegenwärtig deutlich höher sind als auf den Kapitalmärkten. Inflation und Negativzinsen führen in der Regel dazu, dass hier am Ende real weniger Geld zur Verfügung steht, als eingezahlt wurde. Mit Blick auf das Vertrauen kommt hinzu, dass geringe Finanzkompetenz und eine hohe Risikoscheu sich gegenseitig verstärken. Je geringer das Verständnis und je weniger das Vertrauen in Finanzdienstleistungen, desto geringer ist die Bereitschaft, die mit Kapitalanlagen verbundenen Risiken einzugehen.

Was ist zu tun?

Die Verhaltensökonomie legt nahe, dass den Menschen Stolpersteine aus dem Weg genommen werden müssen, damit sie Kapitalanlagen in Erwägung ziehen. Leider gibt es keine Patentlösung. Sicher ist jedoch, dass es einer radikal geänderten Arbeitsweise innerhalb der Branche bedarf. Wir müssen beim Einzelnen ansetzen und eine Bereitschaft zu Ge­sprächen entwickeln. Und zwar mit den Menschen und nicht über sie hinweg, über Lösungen anstelle von Produkten, über Kommunikation anstelle von Pflichtinformation. Es geht um die Befähigung anstelle der rein technischen Informationsvermittlung. Dieses Ziel kann nur durch eine qualitativ gute Beratung und nicht über bloße Vertriebsmaßnahmen erreicht werden. Mit Blick auf die Anlagekultur geht es nicht darum, jeden zu Anlageexperten zu machen. Anlagekultur bedeutet vielmehr, sich der Möglichkeit bewusst zu sein, dass die Kapitalmärkte zur Deckung finanzieller Bedürfnisse genutzt werden können. Anlagekultur heißt darüber hinaus auch, die Fähigkeit, einem Gespräch mit dem Finanzberater folgen zu können, die Informationen in den vorgeschriebenen Offenlegungen zu verstehen und Vertrauen in die eigene Entscheidung zur Anlage zu haben.

Abschied vom Klein-Klein
Anlageberater in zentraler Rolle

Anlageberatern kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu. Sie sind ein zentraler Baustein beim Aufbau einer Anlagekultur. Dabei geht es nicht nur darum, ein Anlageprodukt zu empfehlen. Vielmehr steht die Beurteilung der Finanzlage und künftigen Finanzziele einer Person im Vordergrund. Erst dann stellt sich die Frage, mit welchen Lösungen sich diese Ziele am wahrscheinlichsten erreichen lassen. Vor allem findet die Beratung auch dann noch statt, wenn die Investition bereits erfolgt ist. Beispielsweise indem kommuniziert wird, wie eine Lösung umgesetzt wird und ob sie auch unter gegebenenfalls veränderten Lebensumständen noch die richtige ist. Wichtig ist, dass Berater Anlegern helfen können, ihre Verhaltens­tendenzen zu verstehen und mit ihnen umzugehen, um so schlechte Entscheidungen und Frustrationen zu vermeiden.

Technologie als ein Schlüssel zum Erfolg

Auf dem Weg hin zu einer Anlagekultur kann der Einsatz internetbasierter Technologien sinnvoll sein – gerade dann, wenn es darum geht, jüngere Zielgruppen anzusprechen. Ein Beispiel: In der Global Investor Study von Schroders ließ die überwiegende Mehrheit der Befragten ihr Interesse an einer konsolidierten Plattform für Finanzinformationen erkennen. Open Banking kann hier als Vorbild dienen, wie die notwendigen Informationen leicht zugänglich an einem Ort zusammen­geführt werden können. Hierin besteht eine große Chance. Denn unterschiedliche Informationen zu Produkten, Strategien und Hintergründen aus verschiedenen Quellen und Formaten verringern die Motivation der Menschen, sich mit dem Thema Finanzwirtschaft zu befassen. Doch Vorsicht: Ent­sprechende offene Plattformen sollten vorrangig nicht dem Marketing dienen. Das Ziel lautet vielmehr, die Menschen durch neue Technologien in ihrer Befähigung zu stärken. Technik als „Enabler“ lautet das Stichwort.

Diesen Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2020, Seite 60f., und in unserem ePaper.

Bild: © suriyapong – stock.adobe.com

 

Kapitalanlage und Beratung in Zeiten von Pandemie und Zinsdilemma

Sicherheit war gestern. Null- und Negativzinsen werden noch viele Jahre bleiben. Sparer müssen daher endlich umdenken. Wie das gelingen kann, diskutierten Branchenexperten in einer Diskussionsrunde des Kongress Investment der DKM digital.persönlich. Neben den Beratern sehen sie auch sich selbst gefragt.

Der Kongress Investment von funds excellence ist seit Jahren ein fester Bestandteil der Leitmesse DKM. Das gilt auch für die diesjährige DKM digital.persönlich. Den Auftakt des digitalen Kongressprogramms bildete eine Expertendiskussion unter Moderation von Cash-Chefredakteur Frank Milewski. Im Fokus stand dabei insbesondere die Altersvorsorgesituation in Deutschland. Charles Neus, Leiter Altersvorsorge Lösungen bei Schroder Investment Management Europe S.A., sieht diese zumindest teilweise in der Krise.

Sicherheits- und Garantiedenken endlich beenden

„Das Thema Altersvorsorge ist in Deutschland nach wie vor allem von einem Thema geprägt: Sicherheit. Und Sicherheit bedeutet vor allem Garantie“, so Neus. Das sei zwar falsch, aber auch kein Wunder, schließlich habe speziell die Politik den Deutschen das jahrzehntelang so gepredigt. In anderen Ländern wie etwa in England oder in den Niederlanden hatten Garantien gerade im bAV-Bereich schon in der Vergangenheit nichts zu suchen. Langsam verabschiedet man sich nun auch in Deutschland davon. Es gehe nun darum, die Deutschen dazu zu bringen, sich mit Risiko und Rendite statt nur mit Sicherheit und Garantien zu beschäftigen.

Hoher Informationsbedarf

Ralph Castiglioni, Geschäftsführer der Basler Financial Services GmbH, stimmte Neus voll zu und sieht auch in der mangelnden Ausbildung und Befähigung einen der Gründe hierfür – beim Berater wie auch bei den Kunden. „Alle müssen sich an die neue Situation gewöhnen. Deswegen liegt weiter viel Geld als Cash herum. Die Branche ist gefragt, den Kunden so zu informieren, dass er einen Sinn sieht, sein Geld zu investieren“, sagt Castiglione im Rahmen der Diskussionsrunde.

Aktuelle Situation bietet Beratern große Chancen

Sascha Bassir, Vorstand der Basler Vertriebsservice AG, sieht vor allem die betriebliche Vorsorge in der Krise, nicht jedoch die private Vorsorge im Allgemeinen. Dabei seien die Zeiten gut, um das zu ändern. „Die Menschen sitzen gerade daheim und sind sehr viel affiner für ein Beratungsgespräch. Für Makler und Vermittler ist die aktuelle Zeit eine hervorragende Möglichkeit, diese Chance zu ergreifen und Vorsorgegespräche zu führen“, meint Bassir.

Vor allem zwei Sachen fehlen

Charles Neus verwies zudem auf eine hohe Bereitschaft innerhalb der Maklerschaft wie auch innerhalb der Bevölkerung, etwas zu tun. „Zwei Sachen fehlen aber: Information und Visualisierung. Gerade letzteres ist durch die Digitalisierung sehr gut möglich“, so Neus. Das gehe nicht von heute auf morgen. Berater hätten schließlich jahrzehntelang Sicherheiten und Garantien verkauft und einen solchen Knopf im Kopf drehe man nicht so schnell um. Auch die Gesellschaften seien gefragt. Lösungen gebe es zwar ausreichend. Entscheidend sei aber, dass man einfach bleibe, damit Makler und Kunden sie verstehen.

Know-how des Beraters ist unverzichtbar

Sascha Bassir sieht in der Befähigung von Beratern einen Schlüssel zu einem Wandel in der deutschen Altersvorsorge: „Neben digitalen Helfern braucht es vor allem Know-how. Viele Kunden suchen vor allem deshalb nach Garantien, weil sie sich bei Fonds und Aktien unsicher fühlen.“ Wenn der Makler von den Gesellschaften nicht in die Lage versetzt werde, dem Kunden das Know-how weiterzuvermitteln, wird er den einfachen Weg suchen: das Thema nicht ansprechen oder doch wieder auf das Thema Sicherheit gleich Garantien zu gehen. „Das kann nicht die Lösung sein. Wir, wie vermutlich auch die gesamte Branche, wollen den Makler daher befähigen, den Kunden von dem notwendigen Wandel zu überzeugen“, so Bassir.

Persönliche Gespräche bleiben der Schlüssel

Persönliche Gespräche sind nach Meinung der Experte weiterhin der Schlüssel zu einem solchen Wandel. Doch solche Gespräche funktionieren nur, wenn der Berater sich sicher führt. Das gehe auch auf digitalem Wege. „Der Kunde ist neuen Medien mittlerweile sehr offen“, meint Ralph Castiglioni. Wenn die Gesellschaften dem Berater einen voll digitalen roten Faden an die Hand geben würde, sei das für diesen eine große Unterstützung, zumal er im klassischen Papiersalat viele Fehler machen konnte.

Mehr als Ansparen und Entsparen

Charles Neus warnt derweil davor, nur mit Angst zu arbeiten. Es liegt noch immer viel zu viel Geld auf Sparbüchern und Girokonten, wo zum Teil sogar Strafzahlungen drohen. Das muss nicht sein. Dieses Geld kann Neus zufolge mit Fonds oder Ähnlichem deutlich besser eingesetzt werden. Wichtig sei neben Einfachheit auch Individualität. Altersvorsorge sei nur Geld, sondern zum Beispiel auch Gesundheit und Freizeit. Für den einen sei das Thema Gesundheit wichtig, für den anderen zum Beispiel das Thema Erben. Das müsse in der Beratung und bei den Produkten zum Ausdruck kommen. In jedem Fall sei Altersvorsorge mehr als Ansparen und Entsparen.

Fondspolicen erleben eine Renaissance

Ein wichtiger Teil der Altersvorsorgelandschaft sind Fondspolicen. Sascha Bassir sieht in den eigenen Absatzzahlen eine klare Bestätigung für die Renaissance der Fondspolicen. Die Basler habe bereits im vergangenen Jahr ein Plus von über 20% in diesem Bereich verbucht und werde das auch in diesem Jahr schaffen. Flexibilität sei dabei ein extrem wichtiger Erfolgsfaktor – sowohl in der Ansparphase als auch in der Auszahlungsphase. Die Basler versucht dabei innovative Ideen von Beratern wie etwa einen Fondsrentenplan aufzugreifen. Solche flexiblen Konzepte von Versicherern und Fondsgesellschaften würden laut Charles Neus auch dabei helfen, die Wiederanlagequote, die nach wie vor im einstelligen Prozentbereich liege, deutlich zu erhöhen. (mh)

Die DKM geht bis zum 29.10.2020. Eine Anmeldung ist jederzeit hier möglich. Bereits angemeldete Teilnehmer gelangen hier direkt auf die digitale Messeplattform.

 

„Das Ergebnis unserer Forschung wurde in den ARERO übersetzt“

Aktien, Renten und Rohstoff auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse in einem Fonds – das ist das Rezept des „ARERO – Der Weltfonds“ von Prof. Martin Weber. Im Gespräch mit AssCompact erläutert er, warum die Anlagepolitik des Fonds so ist, wie sie ist, und warum er nun um eine nachhaltige Variante erweitert wurde.

Herr Professor Weber, Sie sind neben Ihrer akademischen Karriere auch als Fondsgründer aktiv geworden. Können Sie noch einmal kurz erläutern, wie ein Wissenschaftler dazu kommt, einen Investmentfonds zu entwickeln?

Die Initialzündung kam 2007 durch die Veröffentlichung des Buches „Genial einfach investieren“, mit dem meine Lehrstuhlmitarbeiter und ich Privatanlegern einen wissenschaftlich fundierten Ratgeber zum Investieren liefern wollten. Wir haben eine sehr positive Resonanz erhalten, aber gleichzeitig auch viele Leserfragen bezüglich der Anlagen, in die sie konkret investieren sollen. Daraufhin haben wir uns an die Konzeption eines Fonds gemacht, dessen Credo eine wissenschaftlich fundierte Investmentphilosophie für Privatanleger sein sollte. Hieraus ist ARERO entstanden.

Und wie sieht diese wissenschaftlich fundierte Investmentphilosophie aus?

Wie der damals und heute aktuelle Forschungsstand zeigt, zeichnet sich eine solche Investmentphilosophie durch einen kostengünstigen, über Länder und Anlageklassen breit diversifizierten und passiven Anlagestil ohne Stock Picking oder Market Timing aus. Um herauszufinden, in welchem Verhältnis die Anlageklassen zueinander stehen sollten, haben wir im Rahmen der Konzeption auch eine Studie durchgeführt, die untersucht, wie gut verschiedene Asset-Allocation-Strategien sich historisch entwickelt haben. Das Ergebnis unserer Forschung wurde dann in ARERO übersetzt.

Was bedeutet das konkret für die Anlagepolitik von ARERO – Der Weltfonds?

ARERO steht für Aktien, Renten, Rohstoffe. Konkret investiert der Fonds 60% in weltweite Aktien, 25% in europäische Renten und 15% in Rohstoffe. Im Aktienanteil werden die Regionen Europa, Nordamerika, Pazifikraum und Schwellenländer über repräsentative Indizes abgebildet. Mit diesen Regionen sind alle globalen Finanzmärkte vertreten, in die es sich hinreichend liquide und kostengünstig investieren lässt. Die Anteile, die diese vier Regionen im Fonds einnehmen, sind nach Bruttoinlandsprodukt gewichtet, denn das BIP bildet die tatsächliche Wirtschaftskraft einer Region nach unserer Ansicht am besten ab.

Und wie setzt sich der Rententeil des Portfolios zusammen?

Der Rentenanteil besteht aus Anleihen von Euroraum-Staaten mit Investment-Grade-Rating, womit wir Währungs- und Ausfallrisiken gering halten wollen. Der Rohstoffanteil wird über einen marktbreiten Rohstoffindex, den Bloomberg Commodity Index 3 Month Forward, abgebildet. Dieser Index bündelt die Wertentwicklung von Metallen, Energie und Agrargütern.

Warum sind Immobilien kein expliziter Teil des Fonds?

Hierfür gibt es mehrere Gründe. Zum einen sind Immobilien eine illiquide Anlageklasse und daher nur schwer über Wertpapiere investierbar. Indizes, die die Wertentwicklung von Immobilien abdecken, investieren meistens in Immobilienaktien und Immobilienfonds, die mit dem Aktienmarkt stark korrelieren und deshalb nur wenig zur Diversifikation des Fonds beitragen würden. Zum anderen besteht AREROs Zielgruppe aus Privatanlegern, in deren Portfolio Immobilien als Anlageklasse oftmals schon durch ihr Eigenheim repräsentiert sind.

Nun haben Sie geschildert, wie ein wissenschaftlich fundierter Fonds aus Ihrer Sicht aussieht. Ein weiterer Parameter der Investitionsentscheidung besteht in der Art und Weise, wie ein Anleger einen solchen Fonds nutzt, in Form einer Einmalanlage, als Sparplan oder als Teil einer Versicherung. Welchen Weg würden Sie Anlegern empfehlen?

Es gibt natürlich nicht den einen, besten Weg zu investieren. Jeder Weg hat seine Vor- und Nachteile und es kommt immer auf die Lebensumstände des Anlegers an, welcher für ihn der empfehlenswerteste ist. Im Vergleich zwischen Einmalanlage und Sparplan ist es zunächst einmal so, dass das berufliche, monatlich eintreffende Einkommen vieler Anleger einen Sparplan prädestiniert. Wenn ein Anleger aber zum Beispiel eine größere Summe erbt, kann auch ein Einmalinvestment sinnvoll sein. Denn je früher das Vermögen zu einer positiven erwarteten Rendite investiert wird, desto größer ist das zu erwartende Vermögen am Ende des Anlagehorizonts. Fonds in Lebens- oder Rentenversicherungen einzubinden, ist prinzipiell auch ein finanzwissenschaftlich empfehlenswerter Weg zur Altersvorsorge, da Anleger hierbei eventuelle Steuervorteile nutzen und ihr Vermögen verrenten können. Daher steht ARERO Anlegern auch als Teil fondgebundener Renten- und Lebensversicherungen zur Verfügung. Einen jeweils aktuellen Überblick über die Möglichkeiten finden Anleger auf unserer Webseite unter arero.de.

Neben dem klassischen ARERO gibt es nun auch eine nachhaltige Variante. Was macht diese nachhaltig?

Die Ausgangsbasis für ARERO-Nachhaltig bildet die klassische Variante des Fonds. Diese wird dann mittels eines Nachhaltigkeitsfilters in Form der DWS Engine um solche Titel vermindert, die eher nicht mit dem Nachhaltigkeitsgedanken konform sind. Eine solche Nicht-Nachhaltigkeit wird von der DWS Engine in mehreren Schritten auf Basis von Industriezugehörigkeit, Normverletzungen, Klimatransitionsrisiken und eines Gesamtratings in Sachen ESG-Kriterien bestimmt.

Wie die Engine genau arbeitet, lässt sich auf unserer Website nachlesen. Was ich persönlich wichtig finde, ist, dass die DWS Engine Daten von mehreren ESG-Ratinganbietern bezieht, da Studien zeigen, dass sich Nachhaltigkeitsratings verschiedener Anbieter teilweise nicht unerheblich voneinander unterscheiden. Durch die Kombination von Daten mehrerer Anbieter ergibt sich eine differenziertere Beurteilung.

Zu welcher Variante des Fonds würden Sie denn Anlegern jetzt raten, der klassischen oder der nachhaltigen?

Ich denke, diese Entscheidung muss jeder Investor für sich selbst treffen. Durch das Anbieten beider Varianten unseres Fonds wollen wir den Anlegern ja gerade die Möglichkeit zur Wahl geben. Deshalb war es uns auch wichtig, dass beide Fonds die gleiche sehr günstige Kostenstruktur mit laufenden Kosten von lediglich 0,5% im Jahr aufweisen.

Erwarten Sie größere Performanceunterschiede zwischen den beiden Fondsvarianten?

Im Zeitablauf kann es natürlich Performanceunterschiede zwischen beiden Fonds geben. Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Studien zum Thema Performance und Nachhaltigkeit und insgesamt ist das Bild ausgewogen: Manche Studien finden einen positiven Zusammenhang, manche einen negativen und andere gar keinen. Langfristig glaube ich daher, dass es vermutlich keine bedeutende Performancedifferenz zwischen beiden Fondsvarianten geben wird.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 10/2020 und in unserem ePaper.

Bild: © ipopba – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Prof. Martin Weber