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5. Mai 2022
Ärztliche Akut- und Nachsorge: Einheitlicher Versicherungsfall?

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Ärztliche Akut- und Nachsorge: Einheitlicher Versicherungsfall?

Ende des Versicherungsfalles

Zum Ende des Versicherungsfalles führte der Senat folgendes aus: Aus den Ausführungen der Sachverständigen ergebe sich, dass zumindest eine durchgängige begleitende Parodontose-Therapie hätte durchgeführt werden müssen. Schon die gebotene röntgenologische Überwachung führe nach der Rechtsprechung des BGH zu einem Zustand fortwährender Behandlungsbedürftigkeit innerhalb eines einheitlichen Versicherungsfalles. Deren –Unterlassen für einen längeren Zeitraum, auf das wegen der nicht erfolgten Dokumentation geschlossen werden muss, sei unabhängig von der Frage, ab wann ein weitergehender Eingriff geboten war, nach sachverständiger Feststellung medizinisch nicht vertretbar. Sofern ein Behandlung­sabbruch jedoch medizinisch nicht vertretbar ist, sei der Versicherungsfall nicht beendet.

Nach Auffassung des Senats reiche die typischerweise gegebene Überwachungsbedürftigkeit des Zustands einer chronischen Erkrankung oder körperlicher Anomalien allein nicht aus, um jedwede Möglichkeit entfallen zu lassen, dass eine abgeschlossene Behandlungsphase auch zum Ende des Versicherungsfalles führt. Zur Annahme des Fortbestehens des begonnenen Versicherungsfalls sei zumindest erforderlich, dass nach Abschluss der ersten Behandlungsphase aufgrund eines besonders schwer ausgeprägten konkreten Krankheitsbildes besondere Umstände vorliegen, welche die Annahme einer Dauergefahr rechtfertigen. Dies sei dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand kurzfristig, jedenfalls aber auf abseh­bare Zeit in einen akut behandlungsbedürftigen verwandeln werde, sodass es medizinisch geboten sei, für den Patienten einen detaillierten Nachsorgeplan aufzustellen. Ansonsten würde es an einer konkreten Verknüpfung zwischen den verschiedenen Behandlungsschritten fehlen, welche die Rechtfertigung für die Annahme eines einheitlichen Versicherungs­falles bilden, meint das OLG.

Reine Routine- oder Vorsorgekontrollen eines nicht (mehr) kurativ behandlungsbedürftigen Zustands würde nach Auffassung des Gerichts ein durchschnitt­licher Versicherungsnehmer, der die Klausel liest, der früheren Heilbehandlung nicht mehr zuordnen, sondern als neuen Versicherungsfall ansehen. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn zusätzlich eine Wartezeit vereinbart ist oder Gesundheitsfragen gestellt werden. Solche Umstände, die eine engmaschige Nachsorge­behandlung erforderten, waren nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens aber vorliegend gegeben. Der Versicherungsfall sei im Ergebnis hier nicht beendet, so abschließend der Senat.

Fazit und Praxishinweis

Das Urteil des OLG Frankfurt am Main kann im Ergebnis überzeugen. Die Ausführungen des Gerichts zum Versicherungsfall und dessen Beendigung sind rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Augenmerk ist darauf zu richten, dass sich die Entscheidung rein auf eine Zusatzver­sicherung als Ergänzung zu einer bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung bezieht, in der insofern keine Wirksamkeits­bedenken hinsichtlich der Klausel bestünden.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 114 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Lazy_Bear – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Björn Thorben M. Jöhnke