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22. Januar 2024
Aktuare berechnen Einheitsprämie bei Pflicht gegen Elementarschäden

Aktuare berechnen Einheitsprämie bei Pflicht gegen Elementarschäden

Die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ist seit dem Hochwasser am Jahresende 2023 wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt. Doch wie viel würde eine mögliche „Einheitsprämie für alle“ kosten? Die Aktuare von MSK haben nachgerechnet.

Das jüngste Hochwassergeschehen rund um die Weihnachtstage des vergangenen Jahres hat es erneut bestätigt: Schäden an Gebäuden, Infrastruktur und Co. infolge von Naturkatastrophen wie Stark-, Dauerregen oder Hagel nehmen sowohl an Häufigkeit als auch an Intensität weiter zu. Zudem schlagen sich die rasanten Preissteigerungen der vergangenen Jahre auf die zerstörten Werte durch. Die Folge: Schadensummen steigen deutlich an.

Und dennoch ist deutschlandweit nur gut die Hälfte der Wohngebäude gegen Elementarschäden versichert. Zwar hat sich die Anbündelungsquote in den letzten Jahren leicht erhöht. Aber in manchen Bundesländern wie Niedersachsen, Bremen oder Mecklenburg-Vorpommern liegt sie nach wie vor unter 35%. Grund genug für Versicherungswirtschaft, Politik und Verbraucherschützer, über die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden zu diskutieren.

Etwas mehr als 80% der Eigentümer müssten mehr bezahlen

Doch was würde eine solche „Einheitsversicherung für alle“ überhaupt kosten? Mit dieser Frage haben sich zuletzt die Aktuare von der Beratungsfirma Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) um Carina Götzen beschäftigt. Und das auch für die Analysten überraschende Ergebnis ist, dass die durchschnittliche Einheitsprämie gegen Überschwemmungen infolge von Starkregen oder Hochwasser ohne Berücksichtigung von Selbstbehalten bei etwa 190 Euro je Hausbesitzer im Jahr liegen würde.

Damit läge diese kalkulierte Jahresprämie zwar für viele Hausbesitzer mit Wohnstandort in der Hochwassergefährdungszone (HGK) 1 – worin sich 92,4% aller Gebäude hierzulande befinden – über der gegenwärtig kalkulierten Prämie. Diese beträgt nämlich laut MSK je nach Starkregengefährdungsklasse (SGK) zwischen 80 Euro in der SGK 1 und 120 Euro in der SGK 2. Damit wären etwas mehr als 80% aller Hausbesitzer von einer höheren Prämie betroffen. Nur für die Hausbesitzer in der SGK 3 (Prämie bei rund 300 Euro) würde es günstiger.

Deutliche Prämienreduktion für gefährdete Standorte

Doch für Hausbesitzer in den HGK 2 bis 4 – wobei Stufe 4 die höchste Gefährdung durch Hochwasser bedeutet – würde sich die Jahresprämie gegen Elementarschäden deutlich verringern. Denn die von MSK kalkulierte Prämie in der HGK 3 liegt momentan bei etwa 2.600 Euro, in der HGK 4 sogar bei rund 3.000 Euro; eine Prämienhöhe die wohl kaum ein Immobilieneigentümer bereit ist zu bezahlen. Und selbst in der HGK 2 beträgt die Spannweite der Prämie je nach SGK 200 Euro bis etwa 1.200 Euro. Mit Blick auf das Kollektiv müssten also die meisten Hausbesitzer für Elementarschutz gegen Überschwemmung etwas tiefer in die Tasche greifen. Dafür würde sich die Prämie bei wenigen Hausbesitzern teils deutlich reduzieren – ohne dass der Staat bei größeren Schäden finanziell aufkommen müsste.

Selbstbehalte könnten die Prämienhöhe ebenfalls reduzieren

Aus Sicht der Aktuare wäre die Einführung von Selbstbehalten in der Elementarschadenversicherung eine weitere Möglichkeit, die Prämien in stark gefährdeten Lagen zu reduzieren. Auch für dieses Beispiel hat MSK eigene Berechnungen vorgelegt. So würde bei einem Selbstbehalt von 160.000 Euro die durchschnittliche Jahresprämie in der HGK 3 von 2.600 Euro auf 1.200 Euro sinken. In der HGK 4 würde die Prämie bei einem Selbstbehalt von 200.000 Euro sogar von 3.000 Euro auf 1.200 Euro sinken. Allerdings müssen die Selbstbehalte entsprechend finanziert werden. Fraglich, ob sich die Hausbesitzer damit anfreunden können. (as)

Bild: © Christian – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Jan Susai (577538) am 24. Januar 2024 - 08:20

Die Debatte um eine Elementarschadenpflichtversicherung zur Entlastung des Gesamtkollektivs der öffentlichen Hand- also wir alle - nach versicherungsmathematischen Grundsätzen und damit einer Zweckbindung der Mittel ist sicherlich zu begrüßen. 

Andere Länder der DACH-Region - vor allem die Schweiz z.B. bei der Absicherung gegen Lawinen, Murenabgänge etc.- machen es vor wie es geht. Die Debatte wird bei einem Perspektivwechsel von außen mit Blick auf Deutschland mit mehr als Unverständnis beobachtet. 

Durch die eine Einheitsprämie wird das Kollektiv so verbreitert, dass ein sehr guter Risikostrukturausgleich innerhalb des Kollektivs stattfindet und angesichts einer genannten Gesamtprämie von 190 Euro p.A. und bei HGK 1 Lagen einer Mehrprämienspanne von 70-110 Euro p.A. ist das mehr als vertretbar. 

Bei den Selbstbehalten in HGK 3 und HGK 4 Lagen sind die genannten Zahlen fraglich, sofern sich diese auf den jeweiligen Einzelvertrag und nicht auf das komplette HGK 3 bzw. HGK 4 Kollektiv beziehen. 

 160.000 Euro Selbstbehalt würde bei einem durchschnittlichen Gebäudewert von 350.000 Euro für eine Einfamilienhaus 45,71 % des Gebäudewertes betragen und die Eigenkapitalquote der Immobilieneigentümer i. d. R. vermutlich häufig übersteigen. 

Daher die Frage an die Redaktion und die MSK: Auf welche Basis beziehen sich die genannten Selbstbehaltgrößen?

Eine solche Pflichtversicherung mit Kontrahierungszwang, gleitenden, tragbaren Selbstbehalten von 10 %, Minimum 500 Euro, Maximum 5.000 Euro und klarer Zweckbindung durch die Organisation über das privatwirtschaftliche Versicherungssystem ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die beste, gerechteste und effizienteste Lösung. Auch im Schadenfall steht die komplette Infrastruktur, die Netzwerke und die Erfahrungswerte der Versicherungswirtschaft bereit. Es läuft systemintegriert mit. 

Die Gesamtgesellschaft ist nicht nur von den Entschädigungsaufwendungen an sich, sondern auch von der ganzen Organisation derer entlastet. 

Läuft es wie bisher über die öffentliche Hand, bezahlen es am Ende auch wieder alle, nur über einen anderen Mechanismus - Steuern und Abgaben. 

Den Schadenereignissen ist es am Ende egal wie das Geld für deren Beseitigung organisiert wird. Diese werden deswegen nicht mehr oder weniger häufig auftreten und geschweige denn sich von selbst regulieren.