Kapitalbildende Produkte haben in den vergangenen Jahren im Neugeschäft der Lebensversicherer zunehmend an Bedeutung gewonnen. Innerhalb dieser Produktkategorie haben sich die Anteile in den letzten zwei Jahrzehnten jedoch verschoben. Während zu Beginn des Jahrtausends noch klassische Lebensversicherungsprodukte mit Zinsgarantie den Markt dominierten, beträgt der Anteil an sogenannten dynamischen Hybridprodukten im Neugeschäft inzwischen rund 20%.
Dynamische Hybridprodukte kombinieren klassische kapitalbildende Lebensversicherungen mit Zinsgarantie mit fondsgebundenen Produkten. Sie bieten eine garantierte Mindestleistung, die durch Umschichten zwischen einem klassischen und einem fondsgebundenen Vertragsteil gesichert wird.
Risiko für das gesamte Versichertenkollektiv
Die Produkte bergen jedoch laut BaFin ein Risiko für Verbraucher – und zwar nicht nur für die Kunden mit dynamischen Hybridprodukten, sondern auch für die anderen Versicherten des jeweiligen Lebensversicherers. Das Umschichten von Fondsguthaben auf klassische Kapitalanlage kann Auswirkungen auf Rechnung und Risiko des Versicherers haben, erklärt die BaFin. Denn an den Erträgen aus der allgemeinen Kapitalanlage sind alle Versicherten im Rahmen der Überschussbeteiligungen beteiligt. Muss der Versicherer zur Minderung von Liquiditätsrisiken umschichten, schmälert das die Rendite aller Kunden.
Cash-Lock-Risiko bei Veränderung der Kapitalmarktentwicklung
Des Weiteren besteht ein sogenanntes Cash-Lock-Risiko für Kunden mit dynamischen Hybridprodukten. Ist die Kapitalmarktentwicklung ungünstig, kann es zu einer massive Umschichtung in das klassische Deckungskapital kommen. Bei einer anschließenden Erholung der Kapitalmärkte besteht das Risiko, dass Versicherte in der sicherheitsorientierten Kapitalanlage des Versicherers „gefangen“ sind und gar nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt an den Chancen des Kapitalmarktes teilnehmen können.
Nur vier von zehn Unternehmen haben Transaktionskosten näher analysiert
Die BaFin hat angesichts des hohen Neugeschäftsanteils dieser Produkte zehn Versicherer befragt, bei denen dynamische Hybridprodukte einen hohen Anteil am Neugeschäft ausmachen, wie sie mit den Risiken umgehen. Die Auswertung zeigt, dass sich alle zehn der befragten Versicherer mit den Auswirkungen dynamischer Hybridprodukte auf die nicht fondsgebundene Kapitalanlage beschäftigen. Aber nur vier von zehn der Unternehmen gaben an, bei der Produktentwicklung auch die Transaktionskosten, die durch Umschichtungen entstehen, näher analysiert zu haben.
Künftiges Wachstum macht weitreichende Analysen notwendig
Zudem sieht die BaFin Verbesserungsbedarf bei der „vorausschauenden Analyse, wie sich Umschichtungen aus dynamischen Hybridprodukten zukünftig auf die übrigen Verträge auswirken können“, sollte sich der Bestand von dynamischen Hybridprodukten auf dem aktuellen Niveau weiterentwickeln. Im Neugeschäft haben dynamische Hybridprodukte, gemessen an ihrer vertraglichen Beitragssumme, nämlich inzwischen vereinzelt einen Anteil von über 50%. Sollte sich die Neugeschäftspolitik so weiterentwickeln wie bisher, sei absehbar, dass auch der Bestandsanteil ein solches Niveau erreichen wird.
Versicherer sollten daher weitreichende Analysen durchführen, um Maßnahmen ergreifen zu können, die künftige negative Auswirkungen auf den Bestand vermeiden. „Die Antworten der Teilnehmer an der BaFin-Umfrage deuten darauf hin, dass solche langfristig ausgerichteten Analysen von den Lebensversicherern weitgehend noch nicht durchgeführt werden“, warnt die BaFin.
BaFin kündigt stärkere Kontrollen an
Auch in der Produktfreigabe sind Untersuchungen der Verbraucherrisiken noch nicht ausreichend integriert. Das Chancen-Risiko-Profil eines dynamischen Hybridproduktes und dessen Eignung für seinen Zielmarkt wird maßgeblich von den Umschichtungsalgorithmen beeinflusst. Daher müssen sie beim Produktfreigabeverfahren berücksichtigt werden.
Die BaFin kündigt an, bei Lebensversicherern mit relativ viel Neugeschäft in dynamischen Hybridprodukten die Risiken für Verbraucher stärker in den Fokus zu nehmen. Besonders möchte sich die Aufsicht auf die Schwachstellen konzentrieren, die von der Umfrage aufgedeckt wurden. (js)
Lesen Sie auch:
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können