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9. Oktober 2020
Darlehen: Zwölf Jahre Zahlungsverzug und kein Ende

Darlehen: Zwölf Jahre Zahlungsverzug und kein Ende

Ein säumiger Kreditnehmer war seinen Gläubigern jahrelang erfolgreich aus dem Weg gegangen. Mittlerweile beruft er sich darauf, dass die Forderungen gegen ihn bereits verjährt seien. Das sehen die Gericht zwar anders, aber der BGH hegt aus anderen Gründen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Forderungen.

Natürlich kann es schon einmal vorkommen, dass man vergisst eine Rechnung zu begleichen. Üblicherweise flattert dann kurze Zeit später eine Erinnerung ins Haus, die im Anschluss peinlich berührt überwiesen wird. Selbst wenn es so weit kommt, dass eine Mahnung im Briefkasten landet, sind in der Regel nur ein paar Wochen oder Monate vergangen. Dass ein Darlehensnehmer dem Mahnbescheid jedoch so lange aus dem Weg geht, dass er schon wieder anfangen kann, sich auf die Verjährung der Ansprüche zu berufen, hat wohl eher Seltenheitswert. Dennoch musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) nun mit einem derartigen Fall auseinandersetzen.

Kredit in Höhe von 10.000 Euro

Ein Mann hatte 2004 bei einer Sparkasse ein Darlehen in Höhe von 10.000 Euro aufgenommen. Der Nominalzinssatz betrug knapp über 6%. Der Mann sollte das Darlehen mit monatlichen Raten in Höhe von 150 Euro zurückzahlen. Einige Jahre ging das auch gut.

Über 800 Euro Zahlungsrückstand

2008 geriet der Mann mit den vereinbarten Darlehensraten jedoch in Verzug. Im Juni 2008 meldete sich die Sparkasse bei ihm und bat ihn die Rückstände in Höhe von über 800 Euro auszugleichen. Sollte er dieser Zahlungsaufforderung nicht nachkommen, müsste die Sparkasse den Darlehensvertrag kündigen. Alternativ bot das Kreditinstitut ihm an, in einem Gespräch eine einverständliche Regelung zu finden. Die gesetzte Frist ließ der Mann jedoch verstreichen.

Gesamtforderung von 5.700 Euro offen

Im August 2008 kündigte die Sparkasse den Darlehensvertrag und stellte die ausstehende Gesamtforderung von 5.700 Euro zur sofortigen Rückzahlung fällig. Dafür gewährte sie dem Darlehensnehmer eine Frist bis Anfang September. Auch diese Frist verstrich jedoch.

Inkassodienstleister übernimmt

Die Sparkasse wollte sich mit dem Fall nicht weiter herumschlagen und trat die Forderungen an ein Inkassounternehmen ab. 2011 griff das Inkassounternehmen den Fall wieder auf und beantragte den Erlass eines Mahnbescheids. Der konnte jedoch jahrelang nicht zugestellt werden, da der Darlehensnehmer nicht zu ermitteln bzw. unbekannt verzogen war. Im August 2017 war es dann schließlich so weit. Der Mahnbescheid konnte zugestellt werden .

Gerichte sehen Forderungen nicht verjährt

Das zuständige Landgericht verurteilte den Mann schließlich zur Zahlung der ausstehenden Forderungen, zuzüglich Zinsen, Rechtsverfolgungskosten sowie Gebühren. Der Beklagte hatte versucht geltend zu machen, dass die Forderungen gegen ihn mittlerweile verjährt seien, doch das überzeugte die Richter nicht. Sie urteilten, dass der Verzug der Ratenzahlung die Verjährung der Ansprüche gehemmt habe. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sah das ebenso und wies die Berufung des Mannes gegen das Urteil ab. Dagegen ging der Mann vor dem BGH in Revision und diesmal hatte er teilweise Erfolg.

Wirksame Übertragung der Forderungen zweifelhaft

Der BGH hob das Urteil auf und verwies den Fall zurück an das Oberlandesgericht. Nach Ansicht der Bundesrichter sei die Verjährung der Ansprüche zwar tatsächlich gehemmt, aber das Oberlandesgericht habe im Berufungsverfahren nicht ausreichend geprüft, ob die Forderungen je wirksam von der Sparkasse auf das Inkassounternehmen übertragen worden waren. Des Weiteren habe das Inkassounternehmen dem Darlehensnehmer keine ausreichende Zahlungsfrist gesetzt. Nach so langen Verzögerungen könne man zwar davon ausgehen, dass der Schuldner die Erfüllung seiner Verpflichtungen ernsthaft und endgültig verweigert habe, aber das Berufungsgericht hätte das in seinem Urteil thematisieren müssen. Der Fall wird folglich vor dem Oberlandesgericht erneut verhandelt werden. Der Kreditnehmer konnte also erneut ein paar Monate rausschlagen. (tku)

BGH, Urteil vom 14.07.2020, Az.: XI ZR 553/19

Bild: © Thomas Zagler – stock.adobe.com

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