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Steuern & Recht
21. Juli 2021
Die Stornohaftung im Versicherungsvertrieb

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Die Stornohaftung im Versicherungsvertrieb

Die Lage nach Recht und Gesetz

Vielfach verkannt ist bereits die aufsichtsrechtliche Rechtsgrund­lage gemäß § 49 Abs. 1 VAG, derzufolge die Versicherungsunternehmen und/oder Vertriebsgesellschaften sicherstellen müssen, dass angefallene Provisionen zumindest im Fall der Kündigung eines Vertrags durch den Versicherungsnehmer nur bis zur Höhe des Betrags ausbezahlt werden, der auch bei gleichmäßiger Verteilung der Provision über die ersten fünf Jahre seit Vertragsschluss bis zum Zeitpunkt der Beendigung, des Ruhendstellens oder der Prämienfreistellung angefallen wäre. Nach dem Wortlaut des Gesetzes betrifft dies nur ausdrücklich die substituierte Krankenversicherung und die Lebensversicherung (Bähr in: VAG, Kaulbach/Bähr/Pohlmann, 6. Auflage, § 49 Rn. 6; Grote in: VAG, Prölss/Dreher, § 49 Rn. 16;). Bei § 49 VAG handelt es sich, wie Abs. 2 so ausdrücklich zu entnehmen ist, um zwingendes Recht. Entgegenstehende Vereinbarungen sind folglich gemäß § 134 BGB nichtig. Für den Handelsvertreter bedeutet das, dass Provisionszahlungen, die über die gleichmäßige Verteilung der Provision über die ersten fünf Jahre seit Vertragsschluss hinausgehen, zu Unrecht erworben und deshalb nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zu erstatten sind (Bähr in: VAG, Kaulbach/Bähr/Pohlmann, 6. Auflage, § 49 Rn. 9;). Sofern im Lichte der Norm Einbehalte vorgenommen werden, sind diese freilich in gleichlautender Strenge nach Ablauf der Haftzeit abzurechnen und auszubezahlen.

Die je Vertragsabschluss gebildete Stornoreserve darf deshalb bestenfalls so lange aufrechterhalten werden, wie für den betreffenden Vertrag noch eine gesetzliche Stornohaftung fortbesteht. Jede andere Rechtsauffassung hierzu ist schlicht unhaltbar, da die Bildung einer Stornoreserve ohnehin im Spannungsverhältnis zu der nicht dispositiven Norm des § 87c HGB und dem unabdingbaren Provisionsauszahlungsanspruch (Hopt in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetz, § 87c HGB, Rn. 29) steht. Rechtlich suspendiert folglich die gemäß § 49 Abs. 1 VAG zu bildende Storno­reserve die Fälligkeit des Provisionsanspruchs gemäß § 87c HGB.

Der nach Versicherungsvertrag und Versicherungssparte differierende Stornohaftungszeitraum darf deshalb nicht ungewöhnlich lang sein und sich keinesfalls auf die Gesamtlaufzeit des Handelsvertretervertrages erstrecken (Emde in: Emde, Vertriebsrecht, Kommentierung zu §§ 84 bis 92c HGB, § 92 Rn. 22).

Tatsächlich besteht folglich die rechtliche Verpflichtung, mit Ablauf der Stornohaftzeit je Vertrag die jeweils vertraglich zurückgehaltene Reserve freizugeben und ordnungsgemäß abzurechnen (Emde in: Emde, Vertriebsrecht, Kommentierung zu §§ 84 bis 92c HGB, § 92 Rn. 22; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.1990 – Az.: 16 U 97/89, BB 1990, 1086), da es Wirksamkeitsvoraussetzung für die Bildung einer Stornoreserve ist, dass die Kontogutschrift am Tag der Fälligkeit erfolgt (Ebenroth/Löwisch, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, HGB § 87a Rn. 47).

Angesichts des unabdingbaren Rechtscharakters von § 87c HGB (Hopt in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, § 87c HGB, Rn. 29) eigentlich eine Selbstverständlichkeit, was bei gewissen Strukturvertrieben so jedoch nicht gelebt wird.

 
Ein Artikel von
Jens Dietrich Sprenger, LL.M.