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8. März 2022
Eine Klagewelle gegen Makler ist nicht zu erwarten

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Eine Klagewelle gegen Makler ist nicht zu erwarten

Sollte der BGH entscheiden, dass die Versicherer nicht leisten müssen, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass der ein oder andere Versicherungsnehmer nachträglich seinen Makler in Haftung nehmen wird?

Ganz ausgeschlossen ist das nicht. Dass auf die Versicherungsmakler eine Klagewelle zukommen wird, wenn der BGH tatsächlich den vertraglichen Leistungsanspruch ablehnen sollte, wage ich allerdings zu bezweifeln. Man muss eine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers nämlich immer in der konkreten Situation beurteilen. Wir haben es hier mit Vertragsschlüssen zu tun, die meist lange vor der Pandemie erfolgt sind. Da hat noch niemand an eine Pandemie und einen Lockdown gedacht, sondern in erster Linie an die Schließung einer Gaststätte wegen Salmonellenbefalls. Zumal der Umfang der Beratungspflicht auch immer ins Verhältnis zu der Versicherungsprämie zu setzen ist. Hinzu kommt auch, dass viele Versicherungsnehmer sich in Haftungsprozessen mit Maklern nicht unerheblichen Beweisschwierigkeiten ausgesetzt sehen könnten. Insoweit dürften zumindest diejenigen Makler auf der sicheren Seite sein, die den Beratungsvorgang ordnungsgemäß dokumentiert haben. Daher würde ich nicht davon ausgehen, dass die meisten Versicherungsnehmer die Prozessrisiken und den langen Atem auf sich nehmen werden, sich jetzt auch noch mit den Berufshaftpflichtversicherern der Makler auseinanderzusetzen.

Wenn der Makler aber seinen Kunden überhaupt nicht über die Möglichkeit des Abschlusses einer Betriebsschließungsversicherung beraten hat oder auf Nachfrage zum Deckungsumfang unzutreffende Angaben gemacht haben sollte, könnte er tatsächlich ein Problem bekommen. Generell reicht diese Beratungspflicht meiner Ansicht nach aber nicht so weit, dass vom Makler verlangt werden kann, von sich aus über die Versicherungs­bedingungen im Hinblick auf die Leistungspflicht im Zusammenhang mit einer Pandemie umfassend aufzuklären. Manche sind der Auffassung, dass die Makler den Kunden auf Verträge hinweisen mussten, die keine Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern in den Bedingungen enthalten. Das würde aber das Wissen des Maklers voraussetzen, dass diese Aufzählung auch tatsächlich abschließend ist und es insoweit relevante Unterschiede auf dem Markt gab. Das geht meiner Meinung nach über die Anforderungen hinaus, die man zum damaligen Zeitpunkt an die Kenntnisse eines Maklers in Bezug auf ein Nischenprodukt stellen konnte.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2022, S. 104 f., und in unserem ePaper.

Eine erste Einordnung des BGH-Urteils, das am 26.01.2022 verkündet wurde, finden Sie hier. Eine detaillierte Analyse des Urteils durch Rechtsanwalt Cäsar Czeremuga erwartet interessierte Leser wiederum in AssCompact 03/2022.

Bild: © kristina rütten – stock.adobe.com

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Ein Interview mit
Dr. Vincent Schreier