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9. September 2022
Finanzanlagen: Haftungstrend Plausibilitätsprüfung

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Finanzanlagen: Haftungstrend Plausibilitätsprüfung

P&R-Schiffscontainer-Skandal als warnendes Beispiel

Welch große Haftungsgefahr dies für die Anlageberater nach sich zieht, lässt sich gut am bekannten Beispiel der P&R-Container veranschaulichen. Nachdem die Gesellschaften der P&R-Gruppe im Frühjahr 2018 Insolvenz anmelden mussten, gab es 54.000 geschädigte Anleger. Viele von ihnen haben die Containerprodukte von Banken und Anlageberatern vermittelt bekommen, die verpflichtet gewesen sind, die Produkte vor deren Vermittlung auf Plausibilität zu überprüfen. Offensichtlich haben weder die Banken noch die Anlageberater die Produkte der P&R-Gruppe vor deren Vermittlung auf Plausibilität überprüft. Denn die Produkte sind erkennbar nicht plausibel gewesen.

Allein bei sorgfältigem Durch­lesen des auf einer DIN-A4-Seite befindlichen, „Kauf- und Verwaltungsvertrag“ genannten Zeichnungsscheins der P&R-Gruppe hätte jeder Anlageberater erkennen können, dass der Anleger entgegen den Versprechungen der P&R-­Gruppe kein Eigentum an einem konkreten Container erwirbt. Aus dem Zeichnungsschein ergab sich lediglich, dass der Anleger eine bestimmte Anzahl eines bestimmten Containertyps erwerben sollte, ohne dass konkrete einzelne Container bestimmbar gewesen wären. Im Hinblick auf die Eigentumsübertragung hat der „Kauf- und Verwaltungsvertrag“ darauf verwiesen, dass die Übergabe des Containers durch den auf derselben Seite abgedruckten Verwaltungsvertrag ersetzt werden solle. In diesem Verwaltungsvertrag war geregelt, dass der Anleger die P&R mit der Verwaltung der im vorstehenden „Kauf- und Verwaltungsvertrag“ genannten Container beauftragt – und mehr nicht. Damit ist für jeden Berater bei sorgfältigem Durchlesen der Verträge unschwer erkennbar gewesen, dass kein Anleger Eigentum an einem konkreten Container erwerben konnte. Denn Eigentum kann man nur an einem konkret bestimmten Container erwerben.

Deshalb hat das Oberlandes­gericht Düsseldorf (OLG) in einem von der Anwaltskanzlei Glameyer für einen geschädigten Anleger wegen fehlerhafter Anlageberatung gegen die vermittelnde Bank geführten Verfahren folgerichtig festgestellt, dass die vermittelnde Bank dem geschädigten Anleger der P&R-Gruppe vollumfänglich zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet ist, weil sie es unterlassen hat, das von ihr vermittelte Produkt auf Plausibilität zu prüfen. Zumindest hat die Bank unstreitig den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass das Produkt im Hinblick auf das versprochene Eigentum an den Containern nicht plausibel gewesen ist (vgl. OLG Düsseldorf I-6 U 36/21, Urteil vom 03.02.2022). Das Urteil ist rechtskräftig.

 
Ein Artikel von
Boris-Jonas Glameyer