Negative Nachrichten: Einordnung hilft
Wenn die Kurse an den Finanzmärkten abstürzen, verfallen die Medien gern in Schwarzmalerei. Für viele Anleger sind entsprechende Negativschlagzeilen nur schwer auszuhalten – insbesondere wenn sie bereits Verluste erlitten haben. Eine Flut negativer Nachrichten bestärkt die ohnehin erhöhte Risikowahrnehmung der Anleger weiter – weitestgehend unabhängig von der Faktenlage. Folge ist häufig ein übereilter Ausstieg aus dem Markt. Berater sind in diesem Fall gefragt, die Nachrichten für den Anleger richtig einzuordnen. Manchmal reicht schon ein kleiner Anstoß, um ihn von einem ausgewogeneren Nachrichtenkonsum zu überzeugen. Auch ein Verweis auf frühere Marktkorrekturen und das entsprechende Medienecho kann hilfreich sein.
Darüber hinaus gilt es, die tatsächlichen Auswirkungen negativer Nachrichten auf die persönliche finanzielle Situation des Anlegers zu beleuchten. Inwieweit Veränderungen am Markt ihr Leben tatsächlich beeinflussen, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Finanzberater können ihre Kunden vor einer übertriebenen Personalisierung der Marktentwicklung bewahren, indem sie sie daran erinnern und darauf hinweisen, dass kurzfristige Kursverluste die langfristigen Ziele nicht gefährden.
Rückschaufehler: hätte, hätte, Fahrradkette
Tatsächlich weiß niemand, was morgen an den Märkten passieren wird. Neben Anlegern und ihren Beratern haben auch Aktienstrategen und Chefvolkswirte den Corona-Crash so wenig vorhersagen können wie etliche Marktkorrekturen zuvor. Im Rückblick allerdings haben sich viele Entwicklungen vermeintlich klar angedeutet, und viele Anleger wollen bereits im Voraus gewusst haben, wann der Dax die Talsohle erreicht, welche Fonds besonders gut laufen werden und an welchen Märkten man die höchsten Renditen erzielen kann.
Diese Sichtweise ist auf das aus der Psychologie bekannte Phänomen des Rückschaufehlers („Hindsight Bias“) zurückzuführen und stellt Berater vor eine ernste Herausforderung. Denn weil Anleger die Marktentwicklungen im Nachhinein genau kennen, stellen sie häufig die Empfehlungen infrage, die ihr Berater in unsicheren Zeiten ausgesprochen hat. Hätten sie nicht stattdessen in die Top-Performer investieren können?
Hier gilt es, frühere Anlageentscheidungen gemeinsam mit dem Kunden angemessen und wo nötig kritisch zu bewerten und in einen Zusammenhang zu den formulierten langfristigen Anlagezielen zu setzen. Vollständig lässt sich der Hindsight Bias niemals ausschalten. Finanzberater, die ihren Kunden frühzeitig erläutern, dass Enttäuschungen ebenso zur Vermögensanlage gehören wie ein gewisses Maß an Unsicherheit, erleichtern ihnen aber den Umgang mit zwischenzeitlichen Verlusten und entsprechenden Emotionen maßgeblich.
Entscheidend ist auch hier, den Kunden an die Hand zu nehmen und ihm glaubwürdig zu erklären, dass kurz- und mittelfristige Marktentwicklungen seine langfristigen Anlageziele nicht gefährden. Tatsächlich bieten gerade schwierige Marktphasen die Gelegenheit aufzuzeigen, dass alternative Ansätze nicht zielführender gewesen wären, und das Bekenntnis zur gewählten Anlagestrategie zu erneuern.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2021, Seite 58f., und in unserem ePaper.
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