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Steuern & Recht
8. Juni 2020
Haftung bei Grenzfällen zwischen Versicherung und Kapitalanlage

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Haftung bei Grenzfällen zwischen Versicherung und Kapitalanlage

Vorsicht bei Versicherungen mit Kapitalwahlrecht

Besonders betroffen sind kapitalbildende Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, die naturgemäß eine besondere Nähe zu Anlageprodukten aufweisen. Kommen – wie in unserem Bespielfall – noch besondere Umstände hinzu, etwa die Einzahlung in die Versicherung durch einen Einmalbetrag in beträchtlicher Höhe und/oder die im konkreten Fall untergeordnete Bedeutung der Absicherung des Todesfallrisikos, ist man schon auf dem sicheren Weg in die Vermittlung einer De-facto-Kapitalanlage. Leider gibt es hierzu nach wie vor keinen abschließenden Katalog von Kriterien, sondern es kommt stets auf die viel zitierte „Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls“ an. Hierzu gehören auch weitere objektive Umstände wie etwa die Fälle der kreditfinan­zierten Lebensversicherung oder einer objektiv so geringen Todesfallleistung, dass diese bei wirtschaftlicher Betrachtung kaum Bedeutung haben kann.

Umstände des Einzelfalls „begründen“ Kapitalanlage

Zwar treffen die anlagebezogenen Aufklärungspflichten zumindest auch den jeweiligen Versicherer als Anbieter, gerade beim Versicherungsmakler als „Sachwalter des Kunden“ ist es jedoch schon grundsätzlich nicht gesichert, dass er eine etwaige Haftung nach Kapitalanlagegrundsätzen nicht auch persönlich zu tragen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen nicht allein die Produktgestaltung selbst zur Beurteilung als Kapitalanlagen führt, sondern dies nur aufgrund der persönlichen Umstände des Einzelfalls beim Kunden geschieht, die der Versicherer als solche nicht kennen kann, sondern der Makler mit seinen Kunden bespricht. Hier kommt nicht nur eine unmittelbare Haftung des Vertriebes in Betracht, sondern gegebenenfalls auch ein Regressanspruch, wenn der Produktgeber dem Vertrieb ein individuelles Verschulden nachweisen kann.

Bezüglich unseres Beispiels gilt, dass schon die besondere Konstruktion einer fondsgebundenen Versicherung dem Kunden zu erläutern war. Nicht nur die möglichen Schwankungen der Wertentwicklung – trotz einer garantierten Ablaufleistung – waren aufklärungspflichtig, sondern auch das Risiko, dass im Hinblick auf die unterliegende Fondsanlage im Einzelfall zeitliche Verzögerungen der Realisierung des Kapitals eintreten können.

Haftung für steuerliches Konzept eines Produkts

Ähnliches gilt schließlich auch für Steuerfragen. Fonds­gebundene Lebensversicherungen stehen auch steuerlich oft auf der Grenze zwischen Versicherungsprodukt und persönlicher Kapitalanlage, wie zuletzt etwa der BFH in seinem Beschluss vom 26.03.2019 deutlich gemacht hat. Der Vermittler schuldet zwar grundsätzlich keine Steuerberatung im Einzelfall und darf sie berufsrechtlich auch regelmäßig nicht erbringen. Wenn er sich aber gerade auch auf seine besondere steuerliche Expertise in diesem Bereich bezieht oder Tipps zur Besteuerung des von ihm empfohlenen Produkts oder im Vergleich mit anderen Produkten gibt, muss er sich an diesen Maßstäben auch messen lassen. Dementsprechend kommt dann auch eine persönliche Haftung für den Fall in Betracht, in dem das steuerliche Konzept tatsächlich doch nicht funktioniert. Gerade bei Lebensversicherungen im Zusammenhang mit der betrieblichen Sphäre des Kunden lauern oftmals Fallstricke, in deren Netzen man sich als Makler nicht ohne Not verfangen sollte. Die Kooperation mit dem Steuerberater des Kunden oder gegebenenfalls einem für diese spezielle Frage passenden Steuer­spezialisten ist oftmals – für beide Seiten – der bessere Weg.

Aufklärungspflichten zu Kapitalanlagen vorher abklären

Wer Versicherungsprodukte vertreibt, sollte sich zunächst selbst stets die ehrliche Frage stellen, ob das Produkt grundsätzlich oder jedenfalls im speziellen Fall als Kapitalanlage gedacht ist oder hiermit aus der Sicht des Kunden konkurriert. Wenn diese Frage zu bejahen ist, bleiben zunächst trotzdem die ver­sicherungsvertraglichen Anforderungen zu erfüllen – aber zusätzlich ist das „Aufklärungsprogramm“ wie bei einer Kapitalanlage zu durchlaufen, soll es später kein böses Erwachen geben. Dies gilt nicht nur für die dem Kunden anzubietenden Pflichtunterlagen, sondern auch die inhaltliche Gestaltung und Vertiefung des Vermittlungsprozesses. Ist man sich nicht sicher, dies mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu erfüllen und hierfür auch die entsprechende Zulassung zu besitzen, kann manchmal weniger mehr oder die Kooperation mit einem Kollegen der bessere Rat sein.

Über den Autor

Prof. Dr. Thomas Zacher ist Fachanwalt für Steuer-, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie verantwortlicher Gesellschafter der Kanzlei Rechtsanwälte Zacher & Partner in Köln.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2020 und in unserem ePaper.

Bild: © fiore26 – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Prof. Dr. Thomas Zacher