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26. Januar 2022
Heftige Kritik am KfW-Förderstopp für energieeffiziente Gebäude
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Heftige Kritik am KfW-Förderstopp für energieeffiziente Gebäude

Der vorläufige Stopp der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude der KfW sorgt für Entrüstung. Verbände der Immobilienbranche sehen darin einen Nackenschlag für die energetische Sanierung und Gift für das Entstehen sowie den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum. 300.000 Wohnungen seien in Gefahr.

Die Nachricht, dass die Regierung die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG) der KfW mit sofortiger Wirkung mit einem vorläufigen Programmstopp belegt hat (AssCompact berichtete), hat eine Welle der Empörung ausgelöst. Von den Verbänden der Immobilienbranche hagelt es heftige Kritik. „In dieser Breite und Kurzfristigkeit ohne Vorwarnung die Förderung einzustellen, ist völlig unverständlich und verspielt viel Vertrauen“, kritisiert beispielsweise Michael Groschek, Präsident des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. (DV) die Entscheidung. Dass sowohl Neubau als auch umfassende Bestandssanierungen betroffen seien, ohne dass eine Übergangslösung oder gar ein Zeitplan für eine BEG-Reform vorgelegt wurden, sei ein wahrer Bärendienst für den Klimaschutz, so Groschek weiter.

„Vollbremsung der Klimaziele“

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. bezeichnet den Stopp der Förderung als fatal für das Erreichen der Klimaziele. „Der plötzliche Stopp der BEG-Förderung bedeutet eine Vollbremsung beim Klimaschutz im Gebäudebereich. Die Entscheidung ist eine Katastrophe für alle, die sich für günstigen und nachhaltigen Wohnraum engagieren. Nicht nur künftige, sondern auch bereits beantragte Bauvorhaben für Neubau und Bestandsmaßnahmen werden damit von heute auf morgen beendet. Was Bauherren vor allem brauchen, ist Planungssicherheit. Dieser Schritt ist genau das Gegenteil und Gift für das Entstehen und den Erhalt von bezahlbaren Wohnungen“, betont GdW-Präsident Axel Gedaschko.

„Vertrauensverlust in die Politik“

Auch der BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen hat den plötzlichen Stopp der BEG-Programme scharf kritisiert. „Von heute auf morgen alle Förderprogramme zu stoppen, ist ein denkbar schlechter Start in der Baupolitik der neuen Bundesregierung. Der Vertrauensverlust in die Politik könnte größer nicht sein. Überall im Land werden nun innovative und klimafreundliche Bauprojekte gestoppt“, erklärt BFW-Präsident Andreas Ibel. 

Von einem Vertrauensbruch spricht auch Florian Becker, Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation Bauherren-Schutzbund e.V.: „Dass die Programme nun so früh im Jahr wegen zu hoher Mittelinanspruchnahme gestoppt wurden, ist ein Vertrauensbruch für viele Verbraucher, die sich auf die Förderung verlassen haben. Im Zusammenhang mit dem Auslaufen der KfW-55-Förderung und dem Ende des Baukindergeldes birgt der Vorgang unkalkulierbare Gefahren für die Erreichung der klima- und wohnpolitischen Ziele der Bundesregierung.“

„Nackenschlag für energetische Sanierung“

Entrüstung auch beim Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA). „Der Programmstopp der BEG ist ein Nackenschlag für die energetische Sanierung. Viele Unternehmen hatten darauf vertraut, die für die Gebäudeförderung bereitgestellten finanziellen Mittel für ihre aktuellen und bereits in Planung befindlichen Projekte nutzen zu können. So werden wir abermals um Jahre zurückgeworfen und wichtige Neubauprojekte werden verworfen, wenn die Förderung nun ausbleibt. Das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr rückt in weite Ferne“, kommentiert ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner den Programmstopp.

300.000 Wohnungen in Gefahr

Rund 300.000 Wohnungen in Deutschland dürften nun nicht wie geplant gebaut oder modernisiert werden können. Dies hat der GdW errechnet auf Grundlage der bislang erzielten Fördereffekte durch die BEG. Zwei Drittel davon seien neue Wohnungen, das andere Drittel Wohnungen, die energetisch saniert werden sollten.

„Wenn 200.000 Wohnungen nicht gebaut werden können oder die komplette Planung dafür ohne Vorankündigung über den Haufen geworfen wird, dann kann die Bundesregierung ihr jährliches Wohnungsbauziel schon jetzt halbieren“, konstatiert GdW-Präsident Gedaschko. Eine aufwendige Umplanung dürfte viel Zeit und Geld kosten, selbst wenn die Regierung eine Nachfolgeförderung auflegt. Dies gelte auch für die 100.000 Wohnungen, die mit der BEG-Förderung hätten modernisiert werden können.

Vorzeitiges endgültiges Aus für KfW-55-Förderung

Bereits im vergangenen Jahr war beschlossen worden, die Neubauförderung vom Effizienzhausstandard 55 ab Anfang Februar zu beenden (AssCompact berichtete). Anträge konnten ursprünglich noch bis zum 31.01.2022 eingereicht werden. Doch nun kam das vorzeitige endgültige Aus.

Laut KfW habe die enorme Antragsflut der letzten Wochen, die in den vergangenen Tagen noch einmal erhebliche zusätzliche Dynamik erlangt habe, zu einer Ausschöpfung der vom Bund für die BEG-Förderung bereitgestellten Mittel geführt. „Das Programm musste daher auch und angesichts der Vorläufigkeit der Haushaltsführung gestoppt werden“, wie es auf der Internetseite der KfW heißt. Allein im Zeitraum November 2021 bis heute seien Anträge in Höhe von über 20 Mrd. Euro Fördervolumen eingegangen.

Andrang war absehbar

Nach Ansicht von DV-Präsident Groschek war der Andrang auf die auslaufende Förderung absehbar. Es sei daher besonders fraglich, warum erst so spät und überrascht darauf reagiert wurde und warum der plötzliche Fördermittelstopp nicht nur die Neubauförderung, sondern nun auch Zuschüsse und Kreditförderung für umfassende Bestandssanierungen in allen Effizienzklassen betreffe. „Diese Maßnahmen sind leider schlecht kommuniziert und inhaltlich schwer nachvollziehbar“, sagt Groschek.

Verbände fordern von Regierung rasches Handeln

Die Branchenverbände appellieren in Richtung Berlin, nun schnell zu agieren. So fordert beispielsweise der DV von der Bundesregierung, eine neue Förderperspektive schnellstmöglich aufzuzeigen und umzusetzen.

Der Immobilienverband Deutschland IVD ruft die Bundesregierung auf, die Förderungen sofort wieder zu gewähren. „Ansonsten können die Klimaschutzziele und der politische Wille, mehr Menschen die Eigentumsbildung zu erleichtern, schon zu Beginn der neuen Wahlperiode beerdigt werden. Es zählt jeder Tag“, so IVD-Vizepräsident Dirk Wohltorf. (tk)

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