Was kann die Branche tun, um im Wettbewerb mit ETF-Plattformen und Finfluencern nicht an Sichtbarkeit zu verlieren?
AM Makler müssen ihre Rolle als persönliche Lotsen sichtbar machen. Ein Finfluencer bietet keine Nachversicherung, steht nicht im Leistungsfall zur Seite, übernimmt wenig bis gar keine Verantwortung. Wer das klar kommuniziert, schafft Vertrauen.
SvH Zudem helfen digitale Services: Apps, Online-Terminvereinbarung, Vertragsübersichten. Das haben wir bei unserer neuen ETF-Vorsorge DURCHBLICK berücksichtigt. Die App dazu ermöglicht zum Beispiel Zuzahlungen und Beitragserhöhungen und zeigt dem Kunden sein Guthaben – direkt auf dem Handy. So wird Altersvorsorge im Alltag sichtbar. Das wollen junge Menschen.
Beratung wird es aber nicht immer einfach gemacht. So zeigt ein Ergebnis einer BFV-Studie: In vielen Maklerhäusern fließt inzwischen im Schnitt ein Arbeitstag in regulatorische Anforderungen. Eine besorgniserregende Entwicklung, oder?
AM Ja, absolut. Die Zunahme regulatorischer Pflichten ist unübersehbar – und sie trifft vor allem kleine und mittlere Maklerbetriebe hart. Viele müssen heute deutlich mehr Zeit in die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen stecken als in echte Kundenberatung. Das belastet nicht nur wirtschaftlich, sondern auch emotional. Beratung wird zur Nebensache.
SvH Regulatorik ist wichtig, keine Frage – aber sie ist mittlerweile so komplex, dass sie die Beratungsrealität überfordert. Wer neu in die Branche kommt, sieht sich nicht nur mit Produktvielfalt konfrontiert, sondern auch mit einem Wust an Formularen, Pflichten und Unsicherheiten. Das schreckt Nachwuchs ab und gefährdet die Vielfalt im Markt.
Wie reagieren Sie als Versicherer darauf? Können Sie überhaupt helfen – oder sitzen Sie im selben Boot?
SvH Wir engagieren uns zusätzlich politisch – etwa über die BFV und den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV. Denn letztlich liegt die Ursache oft nicht bei den Versicherern oder Vermittlern, sondern in Brüssel oder Berlin. Unser Ziel: den Entscheidungsträgern deutlich zu machen, welche Folgen Überregulierung für die Beratung und für die Vorsorgequalität der Menschen hat.
Können Sie einschätzen, ob die Regulatorik mittlerweile auch tarifierungserheblich ist? Also: Zahlt am Ende auch der Kunde für die Komplexität?
SvH Indirekt ja. Verwaltungskosten fließen in die Tarifkalkulation ein. Wenn sich Personalaufwand durch regulatorische Vorgaben erhöht, kann das mittelfristig die Produkte verteuern – auch wenn wir versuchen gegenzusteuern, etwa durch Digitalisierung oder Prozessoptimierung. Nehmen wir als konkretes Beispiel Riester. Der Vorwurf, Riester sei teuer, liegt nicht an unserer Kalkulation – der Kostentreiber ist der enorme Verwaltungsaufwand rund um die Zulagen. Dafür braucht es eigene Einheiten, die zum Beispiel riesige Excel-Dateien der Zulagenstelle verarbeiten.
AM Die Herausforderung besteht darin, diesen Mehraufwand nicht am Kunden auszulassen – aber es braucht Grenzen. Wenn wir nicht gegensteuern, wird Altersvorsorge durch Regulierung nicht nur komplizierter, sondern auch teurer. Und damit unattraktiver für genau jene, die wir erreichen wollen: junge Menschen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Versicherungsmakler (BFV) wurde im Mai 2014 gegründet. Damals wurden gerade das Lebensversicherungsreformgesetz und ein Provisionsdeckel für die Lebensversicherung diskutiert. Den Maklerversicherern drängte sich die Frage auf, warum der Beratung durch Versicherungsmakler so wenig Wertschätzung entgegengebracht wird und sie immer nur auf die Vergütung reduziert wird. Daraus entstand die BFV, die heute als Interessenvertreterin von Versicherungsmaklern und mittelständischen, maklerorientierten Versicherern agiert.
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Seite 1 Junge Kunden: Frühzeitige Beratung als Erfolgsfaktor für Makler
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