Unabhängigkeit … Ein wichtiger Begriff in der Maklerbranche. Denn er stellte lange Zeit das größte Differenzierungsmerkmal des Versicherungsmaklers im Vergleich zum Versicherungsvertreter dar – oder stellt es vielleicht auch immer noch. Doch die Verwendung des Begriffes steht immer wieder unter juristischem Beschuss. Das Oberlandesgericht Dresden legte in einem Urteil ganz klar fest: Versicherungsmakler, die von Versicherern in Form von Courtagen oder Provisionen für Vertragsabschlüsse vergütet werden, dürfen sich aufgrund dieser finanziellen Geschäftsbeziehung zu ihren Produktgebern nicht als unabhängig bezeichnen.
Und auch wenn jenes Urteil für den Moment nur für das Bundesland Sachsen gilt: Seither wird viel diskutiert. Diverse Vermittlerverbände rieten in Statements dazu, dass Vermittler sich in ihrer Außenwerbung nicht als unabhängig bezeichnen sollten. Der betroffene Versicherungsmakler und auch der vertretende Rechtsanwalt äußerten sich gegenüber AssCompact zum Urteil. Und auch die BCA legte ihre Meinung bei ihrem jährlichen Pressedialog dar.
Aber was sagt eigentlich die Maklerschaft allgemein zu dem Urteil? Wie „urteilt“ sie darüber? Und wie will sie in Zukunft mit dem Begriff „unabhängig“ umgehen? Dieser Frage haben sich die AssCompact Studien angenommen und in einer Blitzumfrage bei über 500 Maklern nachgefragt. Die wichtigsten Ergebnisse hat AssCompact hier zusammengefasst.
Kenntnisstand in der Maklerschaft
Zunächst ist festzuhalten: Von dem Urteil mitbekommen hat die weite Mehrheit der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer, nämlich 84,7%. Auf die Frage, wie gut sie sich über das Urteil informiert fühlen, antworteten 55,6% mit „sehr gut“ oder „gut“. Die Zahlen lassen die Schlussfolgerung zu, dass der Begriff der Unabhängigkeit unter den Maklern zumindest im Bewusstsein eine wichtige Rolle spielt.
Wie wichtig ist der Begriff?
Doch die Relevanz des Begriffs spiegelt sich auch in seiner Nutzung bei den Maklern wider. Denn die Frage „Nutzen Sie aktuell oder bislang den Begriff ‚unabhängig‘ in Ihrem Marketing oder Auftritt?“ beantworteten 30,5% von 531 Umfrageteilnehmern mit „Ja, regelmäßig“ und 38% mit „Ja, gelegentlich“. Lediglich 31,5% kreuzten „Nein“ an.
Jene rund 69% der Umfrageteilnehmer, die bei der vorigen Frage mit einer Ja-Variante geantwortet haben, wurden auch gefragt, wo sie den Begriff „unabhängig“ verwenden – und mit einer deutlichen Mehrheit, nämlich mit 57%, lag hier „in Kundengesprächen“ ganz vorne. Mit 23% stellt „Auf der Website/Im Webauftritt“ den 2. Platz, der 3. Platz, „In E-Mail-Signaturen oder Briefvorlagen“ folgt dann erst mit 5,8%.
Wie schätzen Makler das Urteil ein?
Rechtens ist zunächst einmal, was rechtens festgelegt wird – doch das heißt noch lange nicht, dass man damit einer Meinung sein muss. Und das spiegelt sich auch ziemlich deutlich bei der Frage „Halten Sie das Urteil für richtig oder falsch?“ wider, die den Maklern gestellt wurde, die von dem Urteil gehört haben. Bei diesen 414 Teilnehmern ist der Tenor klar: 43% antworteten mit „völlig falsch“, 18,8% mit „falsch“. Lediglich 16,2% bzw. 9,4% fanden das Urteil „völlig richtig“ bzw. „richtig“.
Doch es ist eine Sache, wie man zu dem Urteil steht. Der Schaden, den ein solches Urteil möglicherweise anrichtet, weil es unmittelbar einen Berufsstand betrifft, will ebenso eingeschätzt werden. Und so erhielten die Makler, denen das Urteil bekannt ist, die Frage, wie schädlich sie das Urteil zum einen für das Berufsbild des Versicherungsmaklers und zum anderen für ihr eigenes Unternehmen halten. Jeweils 421 Umfrageteilnehmer beantworteten die Fragen.
Und hier gibt es eine recht starke Differenz, denn: Nur 24,2% gaben an, dass sie das Urteil für schädlich für ihr Unternehmen halten, 46,1% dagegen nicht schädlich. Beim potenziellen Schaden für das Berufsbild sieht es allerdings anders aus: Satte 69,8% betrachten das Dresden-Urteil hier als schädlich.
Es geht bei den Umfrageteilnehmern und -teilnehmerinnen also eher um die Reputation des Berufs: Der Versicherungsmakler differenziert sich vom klassischen Ausschließlichkeitsvertreter durch seine Abbildung eines größeren Teils des Marktes – manche würden sagen „des gesamten Marktes“. Und auch wenn regelmäßig über Provisionen als Geschäftsmodell diskutiert wird, gilt der Makler, auch nach dem Dresden-Urteil, auf rechtlicher Ebene weiterhin als Sachwalter des Kunden. Trotzdem befürchten viele Makler, dass das ohnehin schon angeknackste Image ihres Berufes leiden könnte, weil der aus ihrer Sicht für die Außenwirkung wichtige Begriff wegfallen muss.
Was tun?
Die Makler wollen jedoch nicht untätig bleiben, sondern an manchen Stellen anders agieren, um den Unabhängigkeitsbegriff zu vermeiden. Allem voran wollen 65,6% der Befragten das Wort „unabhängig“ auf der Unternehmenswebsite vermeiden. 42,4% wollen rechtliche Pflichttexte und die Unternehmensbeschreibung anpassen und 40,4% ihre Printmedien aktualisieren. Etwas weiter hinten im Feld, aber immerhin zu 28,5%, wollen die Makler ihre Mitarbeitenden zur richtigen Kommunikation schulen und auch die Beratungsdokumentation und Gesprächsleitfäden ändern.
So sehen die Vermittler die Reaktionen der Verbände
Die AssCompact Studien befragten außerdem alle Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer dazu, wie sie die Reaktionen der Verbände zu den Themen einschätzen. Generell treten die Makler diesen Reaktionen mit gemischten Gefühlen gegenüber. Nur 19% fanden die Reaktion auf das Urteil „gut“ oder „sehr gut“, 29% sogar „schlecht“ oder „sehr schlecht“. 27,3% kannten die Reaktionen nicht.
Allerdings kann die Mehrheit der Makler nachvollziehen, dass manche Verbände empfehlen, den Begriff vorerst nicht zu nutzen und pragmatisch zu reagieren. 62,5% beantworteten diese Frage positiv.
Gemischt war auch die Reaktion darauf, ob die Befragten die Verbände als „konsequente Vertreter ihres Berufsstandes“ wahrnehmen. 23,9% antworteten mit „Ja“, 58,8% mit „Teilweise“. Der Meinung der Makler nach sollten die Verbände jetzt versuchen, eine „einheitliche branchenweite Position erarbeiten und „aktive politische Lobbyarbeit zur Klarstellung des wettbewerbsrechtlichen Auftritts“ leisten (je 62,1%). (mki)
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