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6. August 2019
Neue Haftungsfalle für Makler: Verjährung des Stammrechts in der BU

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Neue Haftungsfalle für Makler: Verjährung des Stammrechts in der BU

Kürzlich hat der BGH eine neue Haftungsfalle für Versicherungsmakler gefunden, ohne dass diese auf den ersten Blick als solche ersichtlich ist. Es geht um die Frage nach der Verjährung des sogenannten Stammrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung, erklärt Kathrin Pagel, Fachanwältin für Versicherungsrecht und Partnerin in der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte PartG.

Eigentlich sollte eine Entscheidung des Versicherers Klarheit zwischen den Parteien bringen. Aber nicht immer ist dies der Fall, wie ein Urteil des BGH zeigt. Er hatte über die Frage nach einer Verjährung des sogenannten Stammrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung zu entscheiden, auf die sich der Versicherer berief, nachdem er zuerst Leistungen abgelehnt hatte.

Die Versicherungsnehmerin nahm den Versicherer auf Leistungen aus dem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag in Anspruch, nachdem der Versicherungsfall aus ihrer Sicht eingetreten war. Sie hatte im Februar 2009 einen Skiunfall, aufgrund dessen sie bedingungsgemäß berufsunfähig wurde und einen Leistungsantrag wegen Berufsunfähigkeit stellte. Der Versicherer lehnte diesen im Oktober 2010 ab. Die Versicherungsnehmerin hatte danach noch andere Erkrankungen und stellte einen weiteren Leistungsantrag im September 2014. Auch diesen lehnte der Versicherer im März 2015 ab. Die Versicherungsnehmerin wollte sich damit nicht abfinden und leitete rechtliche Schritte ein. Sie beantragte festzustellen, dass die Versicherung verpflichtet sei, beginnend ab März 2009, hilfsweise ab Januar 2012, die vereinbarten Berufsunfähigkeitsleistungen zu erbringen.

Nachdem das Landgericht Gera zunächst dem Versicherer und in der zweiten Instanz das OLG Jena der Versicherungsnehmerin Recht gegeben hatte, wurde der BGH angerufen. Er hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob auch das sogenannte Stammrecht auf Berufsunfähigkeitsleistungen, nicht nur die Einzelleistungen, verjähren kann.

Auch Stammrecht unterliegt der Verjährung

Der BGH stellt nun heraus, dass das sogenannte Stammrecht in der Berufsunfähigkeitsversicherung – das geschuldete Anerkenntnis des Versicherers bei Eintritt des Versicherungsfalles – einer selbstständigen Verjährung unterliegt. Bei dem Stammrecht handelt es sich bereits um den Gesamtanspruch des Versicherungsnehmers. Bei dem Versicherungsfall in der Berufsunfähigkeitsversicherung handelt es sich um einen sogenannten gedehnten Versicherungsfall, der nach einmal eingetretenen Leistungsvoraussetzungen zu laufenden monatlichen Leistungen führt. Der Anspruch auf diese regelmäßigen Leistungen erlischt erst für den Fall der Feststellung, dass der Grad der Berufsunfähigkeit unter 50% sinkt. Diese Feststellung ist an weitere materielle und formelle Voraussetzungen geknüpft. Somit ist bereits im Leistungsversprechen des Versicherers die auf Dauer angelegte Rechtsposition begründet. Dieser Gesamtanspruch unterliegt entsprechend auch der Verjährung, so der BGH.

Was bedeutet Verjährung?

Wenn der Versicherer sich in einem solchen Fall auf Verjährung beruft, bestehen zwar grundsätzlich Ansprüche des Versicherungsnehmers, jedoch kann er diese aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr durchsetzen. Die dreijährige regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB, wenn erstens der „Anspruch entstanden“ ist und zweitens der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Vorliegend hatten bereits die Vorinstanzen festgestellt, dass die Ansprüche aus dem ersten abgelehnten Leistungsantrag, also der Berufsunfähigkeit, die aus den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Skiunfalles im Februar 2009 resultierte, aufgrund der Ablehnung durch den Versicherer im Jahr 2010 jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Geltendmachung verjährt war. Für diesen Fall hatte die Klägerin aufgrund weiterer Erkrankungen den zweiten Leistungsantrag gestellt, dann mit Leistungsbeginn 2012.

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Seite 2 Wiederkehrende Leistungen sind „mitverjährt“

 
Ein Artikel von
Kathrin Pagel

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Markus Lörch am 06. August 2019 - 10:53

Liebe Frau Pagel,
ich verstehe nicht so ganz inwiefern hier die Vermittler in die Haftung mit hineingezogen werden. Der Vermittler kann eine solche komplexe juristische Beratung nicht machen und darf es auch nicht. Ob der Kunde hier klagen möchte oder nicht oder sich mit einem Vergleich abfinden lassen möchte entscheidet doch er selbst und nicht der Vermittler. Ich würde mich bei einem solch strittigen Sachverhalt auch in jedem Fall raushalten und den Kunden an einen Rechtsanwalt verweisen. Also wo bitte haftet hier der Makler?

Gespeichert von Kathrin Pagel … am 06. August 2019 - 12:50

Lieber Herr Lörch,
es ist eine diffizile Situation, bei der eine kompetente juristische Beratung erforderlich werden könnte, da stimme ich Ihnen zu. In der Praxis wird der Vermittler des Vertrauens sehr oft von seinem Kunden gefragt, ob er diesen oder jenen Vergleich mit dem Versicherer schließen oder wie er sich entscheiden sollte. In dieser herausfordernden Situation kann sich für den Makler ein Haftungsrisiko ergeben. Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine Spezialmaterie mit vielen Herausforderungen.

Gespeichert von Stephan Schulz… am 12. August 2019 - 17:04

Sehr geehrte Frau Pagel,
evtl. habe ich es auch überlesen. Bitte teilen Sie uns doch das entsprechende Aktenzeichen zu diesem Verfahren mit, sodass wir einmal nachlesen können, um welche Versicherung es sich hier handelt. Oder noch einfacher wäre es, wenn Sie sie kurz benennen.