Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler
Unlängst nahm eine Studie der Fachhochschule Dortmund mit dem Titel „Wert unabhängiger Versicherungsberatung“ die Aufmerksamkeit der Medien in Anspruch. Das Fazit der Studie im besten Genderdeutsch: „Kund:innen verschmähen Honorarberatung in der Rentenversicherung“. Über den vermurksten Titel ist hier schon geschrieben worden (siehe AssCompact 06/2025, Seite 70). Denn in Wahrheit geht es in der Studie nicht um den Wert einer unabhängigen Versicherungsberatung, wie sie nur von gem. § 34d Abs. 2 GewO zugelassenen Versicherungsberatern erbracht werden darf, sondern ausschließlich um den Vergleich zweier Vertriebsmodelle: Vermittlung von Fondspolicen „brutto“ mit eingepreisten und vom Versicherer zu zahlenden Vermittlungsprovisionen einerseits und Vermittlung von Fondspolicen „netto“ mit offengelegten und vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Vermittlungsprovisionen andererseits.
Hintergrund und Ziel der Studie
Das Vergütungssystem der Versicherungsmakler, in dem Versicherer dem Makler für vermittelte Versicherungsverträge eine Provision oder – vornehmer – Courtage zahlen, ist spätestens seit den vom New Yorker Staatsanwalt Spitzer aufgedeckten Geschäftspraktiken eines internationalen Großmaklers nicht nur bei Verbraucherschützern, sondern zunehmend auch in der Politik zu einem Streitthema geworden. Versicherungsmaklern wird vorgeworfen, die zu vermittelnden Versicherungen nicht nach dem Interesse des Kunden, sondern nach der Höhe der Courtage auszusuchen. Dies kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, ist aber in dieser pauschalen Behauptung nicht verallgemeinerbar. Natürlich können unterschiedliche Courtagehöhen Anreize setzen und Interessenkonflikte auslösen. Zur Auflösung der Konflikte gibt es aber hinreichende gesetzliche Regeln und darüber hinaus berufsständische Selbstverpflichtungen.
Als Alternative zum herkömmlichen Courtagemodell haben sich am Markt alternative Vergütungssysteme unter den ebenso unglücklichen wie missverständlichen Begriffen Honorarberatung respektive Honorarvermittlung entwickelt. Im Grunde handelt es sich dabei wie bei der Courtage um eine erfolgsabhängige (nämlich Abschluss eines Versicherungsvertrages) Vergütung, nur dass die Courtage nicht vom Versicherer, sondern vom Kunden zu zahlen ist.
In der Studie sind die Autoren nun der Frage nachgegangen, ob es „eine grundsätzliche Akzeptanz von externalisierten Vergütungen für Beratung und Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten“ gibt. Vulgo: Sind Kunden bereit, für die Vermittlung von Nettopolicen ein separates Entgelt zu bezahlen?
Methodik der Studie
Eine Stichprobe von 2.034 repräsentativ ausgewählten Personen, die – so die Voraussetzung für die Teilnahme – grundsätzlich bereit waren, eine Rentenversicherung abzuschließen, wurde bei der Befragung in sechs Experimentalgruppen und eine Kontrollgruppe aufgeteilt. Drei Experimentalgruppen (1 bis 3) erhielten jeweils ein Angebot brutto (100 Euro monatlich, 20 Jahre Laufzeit, 6% Wertsteigerung pro Jahr, Effektivkostenabzug 2,5%, Effektivverzinsung ergo 3,5%, Ablaufleistung gerundet 35.000 Euro) und netto (95 Euro monatlich – damit über 20 Jahre eine Beitragsersparnis von 1.200 Euro, 20 Jahre Laufzeit, 6% Wertsteigerung pro Jahr, Effektivkostenabzug 2%, Effektivverzinsung ergo 4%, Ablaufleistung gerundet 35.000 Euro sowie zusätzlich ein Honorar in Höhe von 500 Euro (Gruppe 1), 900 Euro (Gruppe 2) und 1.300 Euro (Gruppe 3).
Drei weitere Experimentalgruppen (4 bis 6) erhielten ebenfalls jeweils ein Angebot brutto und netto, nur mit dem Unterschied, dass die Honorare in Höhe von 500, 900 und 1.300 Euro aufwandsabhängig und inkl. 19% USt. ausgestaltet waren (vier, sechs,acht Stunden zu je 105, 126, 137 Euro plus USt. gleich 500, 900 und 1.300 Euro).
Da der Barwert der Beitragsersparnis in Höhe von 1.200 Euro bei der Nettopolice abgezinst lediglich ca. 866 Euro beträgt, ist der Gesamtaufwand der Nettopolice plus Honorar bei der 500-Euro-Variante etwas günstiger, bei der 900-Euro-Variante etwa gleichauf und bei der 1.300-Euro-Variante etwas höher als bei der Bruttopolice. Die Kontrollgruppe (7) erhielt lediglich Bruttoangebote.
Seite 1 Notizen zur Studie „Wert unabhängiger Versicherungsberatung“
Seite 2 Wichtige Ergebnisse

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