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3. Juni 2022
PKV: Betriebliche Versicherungen als ergänzende Säule

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PKV: Betriebliche Versicherungen als ergänzende Säule

In Telematiktarifen sah man auch mal die Zukunft der PKV. Es ist ruhig darum geworden. Wie geht es hier weiter?

Die Debatte über „Telematiktarife in der PKV“ war und ist bis heute weitgehend eine Phantomdiskussion. Die rechtlichen Vorgaben der PKV-Kalkulation lassen es nicht zu, günstigere Beiträge gegen die Bereitschaft zu einem digitalen individuellen Gesundheits-Monitoring anzubieten.

Lenken wir den Blick bitte auf die systemische Perspektive: „Den Bundeszuschuss zur GKV dynamisieren wir regelhaft“, heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalitionäre. Was empfinden Sie bei dieser Ankündigung?

Immer mehr pauschale Zuschüsse auf Kosten der Steuerzahler sind keine nachhaltige Lösung. Wenn die Politik einen Anstieg der Beitragssätze dadurch verhindern will, dass sie immer höhere Bundeszuschüsse auszahlt, erzeugt sie einen immensen Konsolidierungsdruck auf den Bundeshaushalt, wenn gleichzeitig die Schuldengrenze eingehalten werden soll. Aktuelle Berechnungen zeigen, dass für das Jahr 2025 schon 69 Mrd. Euro als Zuschuss an die GKV notwendig wären. Das entspricht 17% aller in der Planung des Bundesfinanzminis­ter­iums für 2025 veranschlagten Ausgaben. Ein politischer Verteilungskampf wäre die Folge. Die Zuschüsse an die Kranken- und Pflegeversicherung würden den Spielraum für Investitionen in Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung rauben.

Welche Gefahren lauern aus Ihrer Sicht in einer Verstetigung der Steuerfinanzierung im Gesundheitssystem?

Bei Steuerzuschüssen gibt es neben dem Aspekt der Verschuldung und den damit verbundenen Verteilungskämpfen um den Bundeshaushalt noch weitere Probleme. Mit zunehmenden Zuschüssen aus der Staatskasse driftet die GKV zusehends in ein System der Steuerfinanzierung. Den GKV-Versicherten droht dadurch eine Gesundheitsversorgung nach Kassenlage. Pauschale Steuerzuschüsse an die GKV sind zudem ein massiver Eingriff in den Wettbewerb mit der privaten Krankenversicherung. Unsere Versicherten zahlen Steuern, ihre Krankenversicherung bekommt aber keine Steuermittel. Wenn Steuergelder eingesetzt werden, muss eine klare Verbindung mit konkreten gesamtgesellschaftlichen Aufgaben bestehen, die auch belegbar sind. In der Pflege gibt es jetzt erstmals einen Steuerzuschuss von 1 Mrd. Euro, der einfach als pauschale Finanzierung ausgestaltet wurde. Das ist ein massiver Eingriff im Verhältnis zur PKV.

Welche Schritte erwarten Sie denn demnächst von der Ampelkoalition hinsichtlich der GKV-Finanzierung?

Wir warten aktuell auf den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigten Gesetzentwurf zur GKV-Finanzierung. Nach seinen letzten Äußerungen ist zu befürchten, dass sowohl die Steuerzuschüsse als auch der Beitragssatz steigen sollen. Keine guten Nachrichten, weil es die Wirtschaft mit Steuern und Lohnzusatzkosten stärker belastet und die Generationengerechtigkeit verletzt. Wir haben gute Argumente gegen diesen Ansatz und einige konkrete Gegenvorschläge.

Über Dr. Florian Reuther

Dr. Florian Reuther ist seit Februar 2019 geschäftsführender Direktor des PKV-Verbandes. Bereits seit 2008 ist Dr. Reuther für den PKV-Verband in Köln tätig. Bis 2019 leitete er dort die Rechtsabteilung. Damit hatte er auch die Verantwortung für den Rechtsausschuss, den Vertriebsausschuss sowie die europäischen Interessen des Verbandes. Zuvor studierte Dr. Reuther von 1994 bis 1999 Rechtswissenschaften in Bonn und Köln. Im Anschluss promovierte er 2006 im Kassenarzt- und Verfassungsrecht an der Universität Bonn.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 40 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © Light Impression – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Dr. Florian Reuther