Die Sicherung der Rente – für die aktuelle Regierung eine der wichtigsten Aufgaben, und zwar nicht nur die gesetzliche Säule. Vor knapp zwei Wochen hat das Finanzministerium unter Lars Klingbeil (SPD) einen Referentenentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge vorgelegt. Und der ist gar nicht so unähnlich zum Entwurf der Ampel-Koalition aus dem vergangenen Jahr. Ein Altersvorsorgedepot, welches (manche würden sagen: „endlich“) ermöglicht, mit staatlicher Förderung am Kapitalmarkt zu investieren, sowie eine Ablösung der mittlerweile nur wenig beachteten Riester-Rente sind geplant.
Einige Stichworte: Ein Standarddepot mit einer Kostendeckelung von 1,5%; Verteilung der Abschlusskosten und Vertriebsgebühren auf die gesamte Vertragslaufzeit; mögliche Senkung der Beitragsgarantie auf 80%; Auszahlplan bis zum 85. Lebensjahr. Über die Details zum Entwurf hat AssCompact bereits berichtet.
Am Mittwoch, den 17.12.2025, soll es endlich soweit sein: Das Kabinett will den Entwurf diskutieren und auf den Weg in den Bundestag bringen. Vorbehaltlich des dortigen Beschlusses und der Absegnung durch den Bundesrat soll die Reform dann am 01.01.2027 „live“ gehen. Wie planen die Versicherer mit solch einer Reform? Und wie ordnet ein auf Altersvorsorge spezialisierter Makler diese ein? AssCompact hat nachgefragt.
Versicherer begrüßen Handeln der Politik
Der Konsensus unter den Versicherern scheint zu sein: Es ist positiv zu bewerten, dass überhaupt Bewegung in das Reformvorhaben kommt. Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) kommentiert: „Der GDV begrüßt, dass nach Jahren der Diskussion nun endlich ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liegt.“
Denn dass die gesetzliche Rente künftig nicht mehr reichen wird, um den Lebensstandard im Alter zu halten, darüber sprechen unter anderem die Versicherer bereits seit Jahren. „Ich halte es für sehr gut, wenn die Politik den Bürgern aufzeigt, wie dringend notwendig es ist, privat vorzusorgen, und dies auch aktiv fördert“, so Stefanie van Holt, Vertriebsvorständin der VOLKSWOHL BUND Versicherungen.
Auszahlplan erntet Kritik
Und wie sehen die Versicherer den Entwurf im Detail? Laut LV 1871-Vorstand Hermann Schrögenauer geht er „in die richtige Richtung“. Doch natürlich gibt es auch Kritik aus den Reihen der Versicherungsunternehmen. Vor allem der angedachte Auszahlplan schmeckt den Unternehmen nicht – doch das war zu erwarten. Versicherer und Aktuare betonen immer wieder die Bedeutung einer lebenslangen Rente.
Die höhere Flexibilität, die eine Absenkung der Garantien mit sich bringen würde, sehen die Versicherer positiv. Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Lebensversicherung, Dr. Guido Bader, wünscht sich „sinnvolle Modifikationen und Verbesserungen des bestehenden Riester-Produkts. Insbesondere geringe Garantien halten wir für sinnvoll und können diese mit unseren Produkten sehr gut abbilden.“
Versicherer sind zuversichtlich, schnell reagieren zu können
Apropos Produkte: Sind bereits Produkte, die die geplante Reform umsetzen, in Planung? Und wie schnell wären solche Änderungen von der Versicherungswirtschaft überhaupt umsetzbar? „Sollte es demnächst konkrete Anforderungen geben, werden wir schnell reagieren und unsere Vertriebspartner mit passenden Lösungen versorgen“, versichert die VOLKSWOHL-BUND-Vorständin van Holt.
Auch bei der Stuttgarter ist man zuversichtlich, dass etwaige Anpassungen schnell passieren können: „Solange wir uns in den bisherigen Strukturen bewegen und bestehende Produkte modifizieren und verbessern, können wir schnell reagieren. Vorgaben zu Kosten, Garantien, Rentenbezug, Fördergrenzen usw. lassen sich rasch umsetzen“, sagt Bader.
Wie so oft liegt der sprichwörtliche Teufel jedoch im Detail. „Eine genaue Planung ist erst möglich, wenn die Details bekannt sind“, so Bader weiter. „Komplexität in der Umsetzung entsteht nicht aus großen Linien, sondern manchmal aus unmerklichen Details. Und manchmal machen solche Details Produkte auch kaputt – ich erinnere nur an den Erstaufschlag EIOPAS zum PEPP.“
Wird die Reform die Nachfrage erhöhen?
Schlussendlich wird der Erfolg der Reform natürlich auch an der Nachfrage nach den Produkten gemessen. Was erwarten sich die Versicherer hier? Die Stuttgarter erwartet „unbedingt“ größeres Interesse im Zuge der Reform. Der Versicherer hat bereits im August dieses Jahres ein neues Riester-Produkt auf den Markt gebracht – und ist sehr zufrieden mit der Resonanz. „Wir können eine hohe Akzeptanz und Nachfrage im Markt verzeichnen – das Neugeschäft spricht für sich“, so Bader.
Beim VOLKSWOHL BUND zeigt man sich bisher noch etwas zurückhaltend. „Wie die Nachfrage nach dem neuen geförderten Altersvorsorgeprodukt sein wird, hängt maßgeblich von seiner konkreten Ausgestaltung ab. Daher ist eine Einschätzung zum aktuellen Zeitpunkt schwierig“, erklärt van Holt.
Der Referentenentwurf aus Maklersicht
Im Maklerhaus heißt es mehrheitlich ebenso „abwarten“, und zwar „bis die Tinte trocken ist“. So formuliert es Alexander Kukovic, der bei bamboo finance als Versicherungsmakler mit Spezialisierung Vorsorge und Vermögensabsicherung unterwegs ist. Bereits während der Diskussion um die private Altersvorsorgereform thematisiert Kukovic diese mit seinen Kunden. Eine finanzielle Entscheidung mit der Tragweite einer Ruhestandsplanung benötige allerdings eine eindeutige und belastbare Rechtsgrundlage, so der Makler auf AssCompact Nachfrage. Wenn die Fakten geklärt sind, dann wird geprüft, ob und mit welchem Effekt die neuen Möglichkeiten sinnvoll in die individuelle Finanzstrategie der Kunden eingebunden werden können.
Prinzipiell sieht Kukovic es als notwendig an, bestehende Altersvorsorgeprodukte wie die Riester-Rente zeitgemäß weiterzuentwickeln und gleichzeitig jedoch neue, moderne Möglichkeiten wie das Altersvorsorgedepot zu schaffen. Grundsätzlich, so Kukovic, seien Menschen auch bereit, Verantwortung für ihre Altersvorsorge zu übernehmen. Allerdings begegne ihm in jeder Beratung der Wunsch nach Vereinfachung, Flexibilität und Mitgestaltung. Fragestellungen wie „Kann ich die Garantie reduzieren oder weglassen?“, „Ich möchte meine Fonds selbst auswählen.“ und „Wie kann ich meinen Vertragsstand digital verfolgen?“ stehen dabei an der Tagesordnung.
Für Kukovic sollten Reformen langfristig durchdacht werden und so ausgestaltet sein, dass sie in der Praxis tatsächlich auch einen Mehrwert bieten. Und hier sieht der Makler noch Nachbesserungsbedarf.
Verbesserungsvorschläge zum Referentenentwurf
Vor dem Hintergrund der verlangten Flexibilität wäre es für Kukovic bspw. attraktiver, das Verlustrisiko auch durch „weichere bzw. kosteneffizientere Mechanismen (Rentenfaktor, Wertsicherungsfonds, Deckungsstock“ begrenzen zu können. Eine starre Beitragsgarantie bremse in aller Regel die Renditechancen aus.
Beim Thema Altersvorsorgedepot bzw. staatlich geförderte Investitionen in den Kapitalmarkt sieht Kukovic allerdings ein zweischneidiges Schwert. Fondsdepots und ETF-Sparpläne seien aktuell vor allem bei jüngeren Menschen en vogue, wodurch die in Deutschland „immer noch viel zu niedrige“ Investmentquote steige – das sei ein positiver Trend, der auch unbedingt weiter ausgebaut werden sollte. Politisch liege es also nahe, diesen Fortschritt aufzugreifen, indem man ein kapitalmarktnahes Produkt wie das Altersvorsorgedepot fördert.
Kukovic weist allerdings darauf hin, dass selbst bei den Renditen, die bspw. durch den MSCI World über einen Zeitraum von 30 Jahren erzielt werden, der aufgebaute Lebensstandard im Rentenalter nicht dauerhaft gehalten werden könne – das erwirtschaftete Kapital dafür sei dafür nicht ausreichend.
Ein Versicherungsmantel garantiere dies zwar auch nicht, aber es wäre „zumindest“ eine lebenslange Rentenzahlung unabhängig des Kapitalverzehrs garantiert.
Man darf gespannt sein …
Selbst mit Ablauf des 17.12. und mit einem Kabinettsbeschluss zur Reform der privaten Altersvorsorge ist das Thema noch nicht final durch. Aber vielleicht herrscht ja wirklich bald Gewissheit, und die Reformpläne werden zur tatsächlichen Reform.
Der Zeitgeist ist schon seit Längerem viel stärker auf Flexibilität und Wahlfreiheit ausgerichtet – dahin geht eben die gesellschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig aber ist der Deutsche eben sehr sicherheitsbewusst. Das politische Berlin – und folglich dann auch die Produktgeber und die Berater – müssen irgendwie den Spagat zwischen diesen beiden Bedürfnissen hinbekommen. Man darf gespannt auf das Ergebnis sein. (js/mki)
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