Banken und Versicherer vertreiben Restschuldversicherungen zur Absicherung der Ratenzahlungen etwa zusammen mit Konsumentenkrediten. Die Absicherung springt ein, wenn der Kreditnehmer arbeitslos oder arbeitsunfähig wird oder stirbt. Allerdings monieren die europäischen und nationalen Aufsichtsbehörden bereits seit längerer Zeit, dass rund um die Verkaufspraxis von Restschuldversicherungen zahlreiche Interessenkonflikte und Benachteiligungen der Verbraucher wie zu hohe Abschlussprovisionen bestehen. So gilt in Deutschland in diesem Bereich beispielsweise seit Kurzem ein Provisionsdeckel (AssCompact berichtete).
Marktüberprüfung stellt vier Problemfelder fest
Und nun hat die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) eine weitere eindringliche Warnung an Versicherer und Banken im Bereich der Restschuldversicherung herausgegeben. Anlass der Warnung sind vier Problemfelder, die die Frankfurter Aufsichtsbehörde infolge einer hauseigenen Marktüberprüfung über die Funktionsweise des EU-Marktes im Bereich von Restschuldversicherungen festgestellt hat:
- Begrenzte Marktauswahl
Zunächst monierte EIOPA die begrenzte Marktauswahl bei den Produkten. Grundsätzlich stehe es Verbrauchern zwar frei, von Banken angebotene Kreditprodukte mit einer Restschuldversicherung eines beliebigen Anbieters zu kombinieren. Die weit verbreiteten Cross-Selling-Praktiken hinderten die Verbraucher aber daran, da 83% der Banken solche Policen an ihr Hauptkreditprodukt koppeln, so EIOPA.
- Große Preis- und Qualitätsunterschiede
Außerdem ergab die EIOPA-Überprüfung große Unterschiede hinsichtlich der Versicherungsbedingungen, der Ausschlüsse, und der Produktgestaltung zwischen den Anbietern. Dies erschwere den Verbrauchern, die Produkte zu vergleichen und die richtige Entscheidung zu treffen. Davon abgesehen variieren weiterhin die Preise für die Produkte viel zu stark zwischen den Ländern, aber auch innerhalb, moniert EIOPA.
- Nachteilige Kündigungsbedingungen
Ferner machen es die Anbieter ihren Kunden sehr schwer zu kündigen oder zu wechseln. Laut EIOPA verlangen 43% der befragten Versicherer, dass nicht nur ganz bestimmte Bedingungen für eine Kündigung erfüllt sein sollten, sondern auch noch, dass das kreditgebende Institut in die Kündigung einwilligt – ein untragbarer Zustand laut EU-Aufsicht.
- Schädliche Interessenkonflikte
Und die hohen Provisionen können zu erheblichen und nachteiligen Interessenkonflikten führen. Außerdem dient der Vertrieb wohl vor allem der hauseigenen Gewinnmaximierung. Denn laut der EIOPA-Marktanalyse behielten Banken und Versicherer zwischen 74% und 92% der Bruttoprämie für Kosten und Gewinn ein.
EIOPA: Bei Bedarf auch Inspektionen vor Ort
Die Konsequenz dieser Analyse: Die EU-Aufsicht warnt nun Versicherer und Banken eindringlich, dass sie die IDD-Vorgaben zur Vergütung und zur Produktaufsicht streng zu beachten haben. Konkret fordert die EIOPA die Anbieter auf, Maßnahmen zur Verbesserung der Vertriebspraxis zu ergreifen. Auch solle sichergestellt werden, dass Restschuldversicherungen besser den Bedürfnissen des Zielmarktes entsprechen. Andernfalls würden sie aufsichtsrechtliche Maßnahmen riskieren. „Die EIOPA und die nationalen Behörden werden den Markt vorrangig überwachen und bei Bedarf ihre Aufsichtsbefugnisse ausüben, unter anderem durch Inspektionen vor Ort. Im Falle eines Verstoßes und je nach Schwere des Verstoßes können geeignete Sanktionen und Verwaltungsmaßnahmen gegen Versicherer und Banken verhängt werden“, teilt EIOPA wörtlich mit. Allerdings: Grundsätzlich erkennt EIOPA die verschiedenen Vorteile einer Restschuldversicherung für Verbraucher durchaus an – nur eben nicht zu der im Markt gebräuchlichen Vertriebspraxis. (as)
Bild: © Orange Bowl – stock.adobe.com
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