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27. April 2022
Streift die BaFin ihre Samthandschuhe ab?
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Streift die BaFin ihre Samthandschuhe ab?

Höhere Eigenmittelanforderungen, die Deckelung des Neukundengeschäfts und verhängte Geldbußen. Die BaFin hat in den vergangenen Monaten ein härteres Vorgehen zur Schau gestellt. Ist dieser Eindruck nur auf die gesteigerte Maßnahmentransparenz zurückzuführen oder hat sich die Behörde tatsächlich gewandelt?

Was haben die Quirin Privatbank, die Fondsdepot Bank und die Investitionsbank Berlin gemeinsam? Alle drei Finanzinstitute wurden von der BaFin dazu verdonnert, zusätzliche Eigenmittelanforderungen zu erfüllen. Bei diesen drei Sanktionen handelt es sich jedoch nicht um die Gesamtbilanz der BaFin-Maßnahmen seit Jahresbeginn, sondern lediglich um jene eines guten Monats. Angeordnet wurden diese zusätzlichen Eigenmittelanforderungen zwischen dem 20.01.2022 und dem 22.02.2022. In den vergangenen Tagen wurden sie veröffentlicht. Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Greift die BaFin etwa härter durch?

BaFin unter neuer Führung

Seit August 2021 hat Mark Branson das Amt des BaFin-Präsidenten inne. Der 53-jährige Brite sollte die von Skandalen gezeichnete Behörde umkrempeln. Im Zuge dessen hat er ihr auch ein höheres Maß an Transparenz verordnet. Neben der härteren Gangart, die Branson ebenfalls nachgesagt wird, macht die BaFin das Fehlverhalten der geahndeten Finanzinstitute nun auch öffentlich, was zuvor nicht üblich war. Sind die Maßnahmen der BaFin also in Wahrheit überhaupt nicht verschärft worden, sondern jetzt nur transparenter?

Das darf bezweifelt werden. Branson ist wohl tatsächlich bereit, die Samthandschuhe der Behörde abzustreifen. So zitierte das Handelsblatt bereits im Januar einen hochrangigen Finanzaufseher mit den Worten: „Er hat einen Härtegrad, den ich so noch nicht erlebt habe.“ Da war Branson noch keine sechs Monate im Amt.

Bilanz des Neuen an der BaFin-Spitze

Seit dem Antritt Bransons wurden aber nicht nur erhöhte Eigenmittelanforderungen vonseiten der BaFin gestellt. Die Behörde verhängte auch eine Wachstumsbremse für das wertvollste deutsche FinTech N26, das nach Ansicht der Aufseher nicht genug für die Vermeidung von Geldwäsche getan hatte (AssCompact berichtete). Auch der Ton wurde rauer. So ging die BaFin in einer Analyse, die im BaFin-Journal erschienen war, hart mit den Anbietern von Fondspolicen ins Gericht, wie AssCompact bereits berichtete.

Sonderbeauftragter für VTB Bank Europe

Des Weiteren setzte die BaFin auch einen Sonderbeauftragten mit Geschäftsleiterbefugnissen für die in Frankfurt ansässige Tochter der russischen VTB Bank ein, nachdem der VTB Bank Europe bereits zuvor ein Einlageaufnahmestopp verordnet worden war (AssCompact berichtete). Dadurch sollte verhindert werden, dass die VTB Bank ihre Tochtergesellschaft zur Umgehung der Russland-Sanktionen nutzt.

Weitere Sanktionen

Außerdem hat die BaFin in den vergangenen Monaten auch zahlreiche Geldbußen verhängt. Zuletzt traf es beispielsweise die Investmentgesellschaft Wellington Management, gegen die eine Geldbuße von 165.000 Euro festgesetzt wurde. Das Unternehmen war seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen.

Besonders auffällig bleibt jedoch die schiere Zahl der Anordnungen zusätzlicher Eigenmittelanforderungen. Mit dieser Maßnahme wurden nicht nur die eingangs erwähnten drei Finanzinstitute sondern auch so unterschiedliche Unternehmen wie das FinTech Solarisbank, die Stadtsparkasse Bad Pyrmont, die Varengold Bank, die Deutsche Industriebank (IKB) und viele weitere belegt.

Aufsicht mit mehr Biss

Die erhöhte Transparenz, die Branson herzustellen versucht, dürfte also nur die halbe Miete sein. Die BaFin versucht offenbar zunehmend, den „Biss“ zu zeigen, den sich der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz von ihr gewünscht hatte.

Gefragt nach den Bereichen, in denen die BaFin künftig mehr Biss haben will, antwortete der Behördenpräsident Branson bereits im September letzten Jahres folgendermaßen: „Die Bafin muss den Mut haben, unangenehme Entscheidungen zu treffen, auch wenn wir keine perfekte Informationslage haben und wenn damit gewisse Risiken verbunden sind. Denn nicht zu entscheiden und abzuwarten ist für die Kunden und für die Stabilität des Finanzsystems oft noch riskanter. Entscheidend ist, dass wir Wirkung erzielen – und nicht nur brillante Analysen vorlegen.“ (tku)

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