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8. Oktober 2020
Tödlicher Unfall auf dem Arbeitsrückweg nicht versichert

Tödlicher Unfall auf dem Arbeitsrückweg nicht versichert

Ein Mann war auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle zu seinem Wohnort tödlich verunglückt. Seine hinterbliebene Ehefrau forderte Leistungen von der zuständigen Berufsgenossenschaft. Die weigerte sich zu zahlen, da es sich ihrer Meinung nach nicht um einen Wegeunfall handele. Nun musste das BSG entscheiden.

Die Nachricht, dass ein geliebter Angehöriger einen Verkehrsunfall erlitten hat, trifft einen in der Regel unvermittelt. Jeder weiß, dass es ständig passieren kann, aber kaum jemand rechnet damit. Ein – wenngleich auch schwacher – Trost kann es sein, wenn es sich bei dem Verkehrsunfall um einen gesetzlich versicherten Wegeunfall handelt. Unter diesen Umständen kann man wenigstens auf umfassende Leistungen durch die Berufsgenossenschaft vertrauen. Und im schlimmsten Fall sind zumindest die Hinterbliebenen abgesichert. Besonders bitter wird es dann für die Angehörigen, wenn sich herausstellt, dass der gesetzliche Unfallversicherungsträger die Leistung ablehnt, wie in einem aktuellen Fall geschehen. Ob die Berufsgenossenschaft im Recht war, musste nun in letzter Instanz das Bundessozialgericht (BSG) entscheiden.

Zusammenstoß mit Lkw

Ein Produktionsmitarbeiter hatte 2014 während der Schicht, bei laufender Maschine seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen. Der Grund dafür konnte nie ermittelt werden. Der Mann fuhr dann mit seinem Auto die typische Route von seinem Arbeitsplatz in Richtung seines Wohnorts. Nicht mehr weit von seinem Wohnort entfernt, stieß er mit mit einem Lkw zusammen und erlag anschließend seinen Verletzungen.

Überstürzter Aufbruch vom Arbeitsplatz

Weder hatte der Mann seinen Kollegen oder seinem Arbeitgeber Bescheid gegeben, wieso er vorzeitig aufgebrochen war, noch hatte er seiner Ehefrau eine Nachricht geschrieben, dass er jetzt losfahre, wie es sonst seine Gewohnheit war. Der Mann hatte nicht einmal ausgestempelt.

Berufsgenossenschaft will keinen Wegeunfall erkennen

Die zuständige Berufsgenossenschaft hatte in Anbetracht der Umstände einen Anspruch der Ehefrau auf Hinterbliebenenleistung abgelehnt. Nach Ansicht des Versicherungsträgers habe es sich bei dem Verkehrsunfall nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt, da nicht feststellbar sei, wohin der Verstorbene auf dem Weg gewesen sei.

Prozessverlauf

Die Witwe hatte daraufhin gegen die Berufsgenossenschaft geklagt und Hinterbliebenenleistungen, wie beispielsweise Witwenrente und Sterbegeld, eingefordert. Das erstinstanzliche Sozialgericht Dresden hatte die Berufsgenossenschaft noch zur Anerkennung des Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall verurteilt. Das Landessozialgericht Sachsen hob das Urteil jedoch im Berufungsverfahren auf und wies die Klage der Frau ab. Es sei nicht klar, ob der Verstorbene tatsächlich den Heimweg angetreten habe oder ob er einen dritten Ort erreichen wollte.

Ziel des Mannes kann nicht mehr festgestellt werden

Im Revisionsverfahren vor dem BSG hatte die Frau letztinstanzlich auch keinen Erfolg. Die Bundesrichter sehen in dem Unfallereignis keinen versicherten Wegeunfall gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII. Es könne tatsächlich nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sich der Mann auf dem Weg nach Hause befand oder ein anderes Ziel (mit einer Aufenthaltsdauer von mindestens zwei Stunden) hatte.

Keine Beweiserleichterung aufgrund des Ablaufs

Wäre der Geschehensablauf der übliche gewesen, hätte eine Beweiserleichterung gegriffen, die für derartige Fälle vorgesehen ist, in denen die Zielsetzung des Verunglückten nicht mehr nachvollzogen werden kann. Da vom üblichen Ablauf des Geschehens aber mit dem fluchtartigen Aufbruch abgewichen wurde, komme die Beweiserleichterung zugunsten der klagenden Witwe nicht in Betracht. Die junge Frau erhält dementsprechend keine Hinterbliebenenleistungen von der Berufsgenossenschaft. (tku)

BSG, Urteil vom 06.10.2020, Az.: B 2 U 9/19 R

Bild: © B Toy Anucha – stock.adobe.com

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