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22. Mai 2025
Unabhängigkeit ist eine Voraussetzung für das Berufsbild

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Unabhängigkeit ist eine Voraussetzung für das Berufsbild

Unabhängigkeit ist eine Voraussetzung für das Berufsbild

Finanzielle Unabhängigkeit

Einige Instanzgerichte vertreten die weitergehende Auffassung, dass erhebliche Teile des Verkehrs die Bezeichnung Unabhängigkeit dahin verstehen, dass der Makler keine Leistung von Versicherern erhält und somit auch finanziell unabhängig ist. Dabei hat der BGH schon 1985 festgestellt, dass das übliche Bezahlsystem den Status des Maklers als Sachwalter nicht infrage stellt. Das beschriebene Berufsbild des Maklers gelte trotz der in vielen Ländern bestehenden Übung, dass die Provision der Versicherungsmakler vom Versicherer getragen werde.

Dass die Praxis natürlich anders aussehen kann, ist keine Frage. Das Provisionsgeschachere im Zusammenhang mit der Spitzer-Affäre oder den Allüren des „Versicherungsmaklers“ Göker sind nur in allzu schlechter Erinnerung. Dennoch ist es zu weitgehend, die Unabhängigkeit der Makler nur wegen der Courtage infrage zu stellen. Der Makler entscheidet unabhängig nach fachlichen Kriterien, welche Versicherer er anbietet, und es entscheidet der Kunde, ob er einen angebotenen Versicherungsvertrag abschließt. Und es ist der Kunde, der die eingepreiste Courtage wirtschaftlich trägt. Ist dies hinreichend deutlich und transparent kommuniziert, kratzt das Bezahlsystem nicht an der Unabhängigkeit des Maklers. Natürlich können unterschiedliche Courtagehöhen Anreize setzen und Interessenkonflikte auslösen. Zur Auflösung der Konflikte gibt es aber hinreichende gesetzliche Regeln und darüber hinaus berufsständische Selbstverpflichtungen.

Leider fehlte den Gerichten in den angestrengten Verfahren das notwendige Differenzierungsvermögen, um sich von ihrer auf das Gewerberecht gestützten Eindimensionalität zu lösen, um die Ganzheitlichkeit des Themas der Unabhängigkeit der Versicherungsmakler zu erfassen. Auf der einen Seite werden Makler verpflichtet, bei der Marktauswahl auch Direktversicherer zu berücksichtigen, und auf der anderen Seite wird ihnen die Unabhängigkeit abgesprochen. Wie soll das gehen?

Aktueller Stand

Aktuell ist die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt. Zwei Verfahren gehen in die nächste Instanz. Noch ist also Zeit für Vernunft und sachlichen Diskurs. Natürlich sind die Rechtsfragen komplex, nicht zuletzt wegen der unglücklichen, kaum konsistenten Nomenklatur des Gesetzgebers. Aber gerade deshalb ist es nachlässig, die Deutungshoheit über berufsständische Begriffe allein den Verbraucherschützern zu überlassen.

Wo bleibt die Unterstützung durch die Verbände?

Leider ist, abgesehen von gelegentlichen Äußerungen, dass Makler natürlich unabhängig seien und sich auch mutig so bezeichnen sollen, von den Verbänden im Moment wenig bis gar nichts zu hören. Kleine Makler, die sich mutig als unabhängig bezeichnet haben, werden in teure Gerichtsverfahren gezogen und fühlen sich allein gelassen. Sie erfahren weder finanzielle noch inhaltliche Unterstützung. Wenn sich das nicht kurzfristig ändert, müssen alle Verbände ihre Sinnhaftigkeit sofort infrage stellen. Es ist völlig unverständlich, dass sie so hasenfüßig reagieren. Die Verbände haben in ihren Reihen mehr Sachverstand und berufsständisches Know-how als die Verbraucherschützer.

Handlungsoptionen für Verbände

Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, die in Gerichtsverfahren befindlichen Makler argumentativ zu unterstützen. Darüber hinaus sollte es möglich sein, Gespräche mit Verbraucherschützern zu führen und vielleicht sogar Arbeitsgruppen zu bilden, um perspektivisch Gemeinsamkeiten, insbesondere aber wirkliche Probleme und Missstände der Branche zu finden. Zu Zeiten des leider viel zu früh verstorbenen ehemaligen Referenten für Versicherungen und Finanzen beim Bundesverband der Verbraucherzentralen Wolfgang Scholl war das möglich. Von ihm stammt die Aussage, Versicherungsmakler seien auch Verbraucherschützer. Davon sind wir heute weit entfernt.

De lege ferenda ist eine Klarstellung der Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers überfällig. Die Verbände müssen – vielleicht im Rahmen der Umsetzung der Kleinanlegerstrategie – den deutschen Gesetzgeber drängen, endlich sein Versprechen eines konsistenten Finanz- und Versicherungsvermittlerrechts einzulösen. Dazu gehören klare Strukturen und klare Begriffe.

Handlungsoptionen für Makler

Ebenso wichtig und dringend ist es, das echte Berufsbild der Versicherungsmakler an Kunden, Medien und Politik zu kommunizieren. Dazu gehören ein reflektiertes Selbstverständnis als treuhänderähnlicher Sachwalter, das ehrliche Handeln als Bundesgenosse des Kunden, unbedingte Professionalität und der sensible und offene Umgang mit Vergütungsfragen. Voraussetzung sind Unabhängigkeit und faire Wettbewerbsbedingungen.

Über Hans-Ludger Sandkühler

Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.

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Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 05/2025 und in unserem ePaper.