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27. Juli 2022
Warum Makler keine Angst vor der Cyberversicherung haben sollten

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Warum Makler keine Angst vor der Cyberversicherung haben sollten

Noch immer herrscht Scheu, wenn es in der Beratung um die Cyberversicherung geht. Zudem übertragen manche Makler und Maklerinnen kritische Entwicklungen aus dem Bereich der Industrie auf kleinere und mittelständische Unternehmen. Dabei gibt es gerade im sehr großen Bereich der sehr kleinen Unternehmen und Freiberufler viel Bedarf und viele Chancen.

Interview zur Cyberversicherung und zu einem neuen BWV-Expertenseminar mit Lars Moormann, Geschäftsführer des BWV München, und Michael Steimer, Coach für Cyberversicherungen und einer der Fachkreisleiter Cyber der Vereinigung der Versicherungsbetriebswirte (VVB).
Herr Moormann, die befürchteten Cyberattacken im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg sind bisher ausgeblieben. Wiegen sich viele Firmen deshalb in einer falschen Sicherheit?

Lars Moormann: Ja, aus meiner Sicht ist es definitiv eine falsche Sicherheit. Das hängt damit zusammen, dass viele Cyberangriffe – nicht nur aus Russland – nicht an die Öffentlichkeit kommen. Unternehmen haben kein Interesse daran, dass solche Vorfälle publik werden. Und gerade kleinere und mittlere Unternehmen sind oft nicht gegen Cyberrisiken abgesichert. Laut einer Studie haben 85% der sehr kleinen KMU und Freiberufler keine angemessene Cyberversicherung. Es ist aber hinsichtlich Russland so, dass derzeit Hackergruppen verstärkt für militärische Zwecke eingesetzt werden. Eine große, sehr professionelle russische Hackergruppe hat sich aufgelöst und einzelne Bereiche scheinen sich erst neu zu formieren. Die Versicherungswirtschaft rechnet mit verstärkten Angriffen in der Zukunft.

Wer zählt für Sie zu den KMU?

LM: Das ist für mich zum Beispiel der Handwerker um die Ecke, eine Rechtsanwaltskanzlei, der Friseur. Fast jedes Unternehmen führt persönliche Daten. Aber natürlich gehören auch Unternehmen mit einigen 100 Mitarbeitern dazu und auch diese sind sehr oft nicht abgesichert.

Michael Steimer: Früher gab es mal eine Definition für das Industriegeschäft. Jeder Versicherer hat da jetzt aber seine eigene Aufteilung. Die GDV-Definition ist verbreitet; bis 50 Mio Euro Umsatz/bis 250 Mitarbeiter. Aber die Situation ist wirklich trügerisch. Nehmen wir das relativ kleine Unternehmen beispielsweise aus dem Schwarzwald aber mit weltweiten Niederlassungen und hidden champion in seinem Bereich. Diese Art Unternehmen benötigt eine Cyberabsicherung mit ähnlichen Strukturen wie die große Industrie. Manche Versicherer wie die Allianz haben darauf auch schon reagiert.

Und in der Tat ist es ein Problem, dass man wenig von „normalen“ Schäden hört, denn die kleinen Unternehmen haben große Angst vor einem Reputationsschaden. Ich bin selbst Makler und bin auch im ärztlichen Bereich tätig. Das ist der absolute Supergau, wenn ein Gynäkologe oder eine Gynäkologin den Kundinnen sagen müsste, dass ihre Daten jetzt leider irgendwo im Darknet sind. Aber in den Medien hört man davon wenig, sondern nur von den großen Sicherheitslücken, zum Beispiel von Microsoft oder Log4Shell, Krankenhäusern, Versicherern, Supermarktketten bis hin zum Bundestag. Da kann leicht der Eindruck entstehen, dass für mich beispielsweise als kleiner Steuerberater oder Versicherungsmakler das persönliche Risiko nicht so hoch ist.

Wie hoch können denn die Schäden werden?

MS: Es gibt eine Vielzahl exzellenter Studien, z. B. von Hiscox, Großmaklern und natürlich vom GDV. CyberDirekt, hat gerade eine Studie gemacht: Bei den KMU liegt der Durchschnittsschaden bei 198.000 Euro. Das kann ein kleineres mittelständisches Unternehmen oder eine Arztpraxis durchaus in Bedrängnis bringen. Cyber ist unisono laut allen Studien Top-Gefahr und wird auch so gesehen. Nur das eigene Unternehmen sehen Inhaber und Manager nicht gleichermaßen gefährdet. Aus verhaltenspsychologischer Sicht ist das ein sehr spannendes Thema. Es wundert mich immer wieder, dass zu den gestiegenen aber immer noch moderaten Preisen, zu denen man eine Cyberversicherung kriegen kann, so wenige kleinere Versicherungsnehmer diese letztlich kaufen – und auch, dass so wenige Makler ihre Kunden darauf ansprechen.

 
Ein Interview mit
Lars Moormann
Michael Steimer