Deutsche Umsetzung im Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
Europäische Richtlinien wie die IDD gelten nicht unmittelbar in den Ländern der EU, sondern müssen dort durch nationale Gesetzgebung umgesetzt werden. Dies ist in Deutschland durch das Gesetz zur Umsetzung der IDD geschehen, das am 23.02.2018 in Kraft getreten ist.
Seitdem müssen Vermittler bei einer Beratung zu einem VAP gemäß § 7c Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 59 Abs. 1 Satz 2 VVG (Überleitungsvorschrift) die in der IDD vorgegebenen Informationen (Kenntnisse und Erfahrungen, finanzielle Verhältnisse einschließlich Verlusttragfähigkeit, Anlageziele einschließlich Risikotoleranz) erfragen. Vermittler dürfen nur VAP empfehlen, die für den Kunden geeignet sind und dessen Risikotoleranz und Verlusttragfähigkeit entsprechen.
Gemäß § 7c Abs. 2 VVG in Verbindung mit § 59 Abs. 1 VVG hat der Vermittler stets zu prüfen, ob das Versicherungsprodukt für den Versicherungsnehmer angemessen ist. Zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit muss der Vermittler wie in der IDD vorgegeben lediglich Informationen über Kenntnisse und Erfahrung des Kunden erfragen.
§ 7c Abs. 1 VVG übernimmt die Vorgaben der IDD fast wörtlich. § 7c Abs. 2 VVG weicht dagegen geringfügig von der IDD ab und ist dem Gesetzgeber sprachlich verrutscht. Die Formulierung „hat stets zu prüfen“ verleitet zu der Annahme, dass auch im Falle einer Beratung eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen sei. In Branchenveröffentlichungen ist immer wieder zu lesen, dass Vermittler verpflichtet seien, z. B. bei Fondspolicen eine Angemessenheits- und (!) Geeignetheitsprüfung durchzuführen. Ein Blick auf die konkret einzuholenden Informationen offenbart aber, dass die Angemessenheitsprüfung ein integraler Bestandteil der Geeignetheitsprüfung ist. Es ist also entweder eine Geeignetheitsprüfung oder (!) eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen.
Da es dem Vermittler im deutschen Recht – im Unterschied zur IDD – nicht freisteht, ob er eine Beratung anbietet oder nicht, sondern gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 VVG grundsätzlich zur Beratung verpflichtet ist, ist bei der Vermittlung eines VAPs im Regelfall immer eine Geeignetheitsprüfung erforderlich. Lediglich in den Fällen eines Beratungsverzichts des Kunden kommt es zu einer Angemessenheitsprüfung, die deutlich geringere Anforderungen an den Vermittler stellt.
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