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4. Mai 2022
„Wir sind irgendwo in der Mitte eines großen Change-Prozesses“

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„Wir sind irgendwo in der Mitte eines großen Change-Prozesses“

Nun haben wir den Kunden bisher außen vor gelassen. Wie sieht es denn in der digitalen Kommunikation Makler und Kunde aus?

RS Wir haben je nach Kundensegment eine ganz unterschiedliche Durchdringung unserer digitalen Tools. In der Wohnungswirtschaft zum Beispiel arbeiten schon heute viele unserer Kunden in unserem Kundenportal, melden also Schäden „papierlos“ in unsere Systeme. Und auch wir liefern dem Kunden alle Informationen, die er benötigt. Aber auch das passt nicht für jeden Kunden zu seinen Prozessen. Daher arbeiten wir daran, uns mit Intermediären der Wohnungswirtschaft über leistungsfähige Schnittstellen zu verbinden, um zukünftig mit Hausverwalter, Mieter und Handwerkern auf einer Plattform zu kommunizieren.

In Summe lässt sich sagen, dass beispielsweise ein Kundenportal in Ausschreibungen immer häufiger vom Kunden eingefordert wird und dass die Vorstellungen, was ein solches Portal zu leisten hat, immer konkreter werden.

Was könnte sich in der Kundenkommunikation noch verbessern?

RS Wir glauben, dass es dem Kunden bald nicht mehr genügt, sich in ein Portal des Maklers einzuloggen. Er wird vielmehr erwarten, dass seine Schnittstellen bedient werden, und dass der Makler direkt in die Software des Kunden arbeitet bzw. dieser zuarbeitet. Oder dass der Kunde die API des Maklers ansprechen kann. Dies ist der nächste logische Schritt, und Makler sollten sich heute bereits darauf vorbereiten.

Sind Kunden-Apps denn sinnvoll?

JS Auch das kann man nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass Kunden sich die App eines Maklers mit Freude auf ihr Handy installieren. In Spezial­bereichen haben solche Apps aber einen hohen Nutzen. Eine unserer Partnerfirmen setzt beispielsweise für Speditionskunden eine eigene App ein, mit der Fahrer vereinfacht Schäden aufnehmen und melden können. Und das funktioniert auch in Gebieten mit schlechter Netzabdeckung.

Gibt es weitere Tools, die den Makleralltag erleichtern? Oder sind das alles nur Nebensachen?

RS Prozessautomatisierung innerhalb des Maklerbüros ist mehr als nur BiPRO anzuschalten und zu glauben, dass dann alle Prozesse voll automatisiert ablaufen. Ist es noch sinnvoll, mit Tisch-Scannern zu scannen oder besser zentral? Was bedeutet das für meine Arbeitsabläufe? Digitalisierung sollte ganzheitlich im Unternehmen betrachtet werden. Wie arbeite ich heute? Wie möchte ich in drei Jahren arbeiten? Und was muss oder kann ich heute tun, um dieses Ziel zu erreichen?

JS Ja, digitale Themen sollten auf das eigene Unternehmen bezogen und möglichst ganzheitlich und zukunftsbezogen gedacht werden – am besten zusammen mit Spezialisten.

Welche Chancen hat denn eigentlich das digitale Maklerbüro in Zeiten von Big Data oder Ökosystemen, bei denen Versicherer oder auch ganz andere Player aktiv sind?

JS Die Digitalisierung der eigenen Prozesse im Maklerbüro wird bestimmt nicht dazu führen, dass ein einzelner Makler den großen Playern und Datenkraken auf deren Tätigkeitsfeld Konkurrenz macht. Aber wir können von den Entwicklungen lernen, also auf veränderte Erwartungen der Kunden reagieren, effektiver arbeiten und den eigenen Datenschatz heben. Wir Makler sind die unabhängigen Sachwalter und Dienstleister unserer Kunden. Aktuelle Studien belegen, dass gerade der persönliche Service sehr wert­geschätzt wird – eine große Chance für alle Makler, unsere Marktposition durch persönlichen Service und digitale Kompetenz zu behaupten.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 92 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © IRStone – stock.adobe.com

 
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