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5. Juni 2020
Nutzungsersatz für widerrufene Kreditverträge?

Nutzungsersatz für widerrufene Kreditverträge?

Kann ein Verbraucher, der seinen Kreditvertrag wirksam widerruft, neben der Rückforderung von Tilgungs- und Zinszahlungen auch Nutzungsersatz fordern? Das deutsche Recht bejaht das, doch ein Gericht hatte Zweifel, ob dies mit EU-Recht vereinbar sei. Nun musste der EuGH entscheiden.

Immer wieder kommt es zum Widerruf von Verträgen, in denen die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Derartige Verträge können zeitlich unbegrenzt rückabgewickelt werden. Doch kann man für seine zu erstattenden Tilgungs- und Zinszahlungen auch noch Nutzungsersatz einfordern? Darüber musste der EuGH nun ein Urteil fällen und geriet dabei prompt in Konflikt mit dem deutschen Recht.

Fehlerhafte Widerrufsbelehrung

Ein Mann hatte 2005 zwei Immobilienkreditverträge online bei einer Bank abgeschlossen, um sich den Kauf zweier Eigentumswohnungen zu finanzieren. Die Widerrufsbelehrung in den Vertragsdokumenten war jedoch fehlerhaft. Er widerrief die Verträge zehn Jahre später. Die Bank erkannte den Widerruf nicht an, woraufhin der Mann vor dem Landgericht Bonn gegen die Bank klagte.

Auch Nutzungsersatz eingefordert

Im Zuge des Verfahrens forderte der Kreditnehmer jedoch nicht nur die geleisteten Tilgungs- sowie Zinszahlungen zurück, sondern auch einen Nutzungsersatz. Schließlich habe die Bank mit seinem Geld über Jahre hinweg wirtschaften können. Nach deutschem Recht bestehe ein Anspruch auf Nutzungsersatz in derartigen Fällen, bemerkte das Landgericht. Ob diese Regelung jedoch auch mit EU-Recht vereinbar wäre, bezweifelte das Gericht. Deshalb rief es den EuGH an und bat um eine Auslegung des EU-Rechts.

Kein Anspruch laut EU-Recht

Der EuGH urteilte daraufhin, dass der Verbraucher keinen Anspruch auf Nutzungsersatz habe. Die betreffenden europäischen Richtlinien seien so auszulegen, dass einem Kreditnehmer beim Widerruf nur die Rückzahlung der Tilgungs- sowie Zinszahlungen zustehe.

Verbraucher vor Nutzungsersatz geschützt

Andersherum wäre es jedoch auch denkbar, dass die Bank ebenfalls Nutzungsersatz für den von ihr zur Verfügung gestellten Kredit verlangen würde. Ohne, dass diese Fragestellung vom Landgericht aufgeworfen wurde, ließ sich der EuGH auch hier zu einer Antwort hinreißen. Denn nach Auslegung der EU-Richtlinien sei hier nur dann ein Nutzungsentgelt denkbar, wenn der Kunde beim Abschluss des Vertrags umfassend über diese Möglichkeit informiert worden sei und ausdrücklich zugestimmt habe. (tku)

EuGH, Urteil vom 04.06.2020 – C-301/18

Bild: © beeboys; © K.C. – stock.adobe.com

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