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2. Juli 2020
Rückprovisionsrisiko durch die Corona-Krise

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Rückprovisionsrisiko durch die Corona-Krise

Für den Versicherungsvertrieb stellt sich im Rahmen der Corona-Krise eine bedeutsame rechtliche Frage: Wer trägt das pandemiebedingte Rückprovisionsrisiko? Rechtsanwalt Jürgen Evers schätzt die Lage ein und verdeutlicht, welche Bedeutung dem Vermittlerstatus sowie der Versicherungsart zukommt.

Für alle Vermittler sind Provisionsrückforderungen ärgerlich, besonders hoch sind die Risiken jedoch für jene, die im Personengeschäft gegen erstjährige Abschlussprovisionen tätig sind. Denn hier können beachtliche Rückforderungen entstehen. Vor allem gilt das für bAV-Vermittler. Diese müssen fürchten, dass arbeitgeberfinanzierte Verträge infolge der Insolvenz des Arbeitgebers storniert werden, entgeltumwandlungs­finanzierte Verträge wegen Kurzarbeit oder betriebsbedingter Kündigungen nicht mehr bedient werden können oder bAV-Verträge von Gesellschafter-Geschäftsführern Maßnahmen zur Sanierung des Betriebes zum Opfer fallen.

Die Lage der Versicherungsvertreter

Vermittler müssen sich fragen, inwieweit sie das Gesetz schützt. Für Vertreter gilt im Ausgangspunkt der Grundsatz des Provisionserhalts. Nach § 87 Abs. 3 Satz 1 HGB hat der Vertreter auch dann Anspruch auf Provision, wenn der von ihm vermittelte Versicherungsvertrag nicht oder nicht so ausgeführt wird, wie er abgeschlossen wurde. Allerdings wird der Versicherer nach Satz 2 der Vorschrift von der Pflicht zur Provisionszahlung frei, wenn und soweit die Nichtausführung der Versicherung auf Umständen beruht, die er nicht zu vertreten hat. Aber was bedeutet dies in Ansehung einer Pandemie?

Zwar haben Gerichte, wenn es um Rückprovisionsanspruch wegen notleidender Versicherungsverträge geht, nach der Entscheidung des EuGH alle Umstände zu berücksichtigen, um festzustellen, ob die Nichtausführung der Versicherungsverträge vom Versicherer zu vertreten ist. Indessen liegt auf der Hand, dass auch der Unternehmer im Verhältnis zum Handelsvertreter Umstände höherer Gewalt, Unglücksfälle und extreme Witterungsverhältnisse nicht zu vertreten hat. Für eine Zurechnung nach Verschuldensgesichtspunkten ist dies klar, weil dem Versicherer weder der Vorwurf eines vorsätzlichen noch der eines fahrlässigen Handelns gemacht werden kann, soweit es um die Folgen der Corona-Pandemie geht. Zum gleichen Ergebnis führt die Wertung der Frage des Vertretenmüssens auch dann, wenn man sie dahin beantwortet, welcher Risiko­sphäre der Grund der Nichtausführung der Versicherungsverträge zuzuordnen ist. Anders als im Arbeitsrecht, das dem Arbeitgeber den Arbeitsausfall infolge höherer Gewalt als Betriebsrisiko zuweist, hat der Unternehmer gegenüber dem Handelsvertreter weder für Nichtausführung durch Zufall noch infolge Naturkatastrophen provisionsmäßig einzustehen. Im Gegensatz zu etwaigen Leistungsstörungen auf der Seite des Deckungsschutz bereitstellenden Versicherers liegt höhere Gewalt außerhalb dessen, worauf der Versicherer Einfluss nimmt. Ebenso wenig wie der Unternehmer die verzögerte Ausführung eines Geschäfts infolge einer Grippeepidemie im Sinn des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB zu vertreten hat, hat er dem Vertreter daher im Grundsatz mit der Provision einzustehen, wenn der Kunde durch die Corona-Pandemie nicht in der Lage ist, den Vertrag zu bedienen.

Die Regelungen des § 87a HGB ent­halten eine klare Abgrenzung der Geschäftsrisiken zwischen Parteien eines Vertretervertrages. Zwar obliegt dem Vertreter zunächst nur das Risiko, dass es ihm gelingt, Abschlüsse zu vermitteln. Denn der Vertreter wird dagegen geschützt, den Provisionsanspruch zu verlieren. Allerdings ist dieser Schutz dadurch begrenzt, dass der Unternehmer das Versicherungsgeschäft aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht ausführt. Das Risiko, Kunden zu werben, die die gegenüber dem Versicherer eingegan­gene Verpflichtung nicht erfüllen, muss daher grundsätzlich in erster Linie der Vertreter tragen. Dabei wird allerdings nach Versicherungsart differenziert.

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Ein Artikel von
Jürgen Evers