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18. Mai 2020
34f-Vermittler: "Die BaFin pflegt eine strengere Aufsichtskultur"

34f-Vermittler: "Die BaFin pflegt eine strengere Aufsichtskultur"

Christian M. Düssel ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der GRA Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Im Interview mit AssCompact gbit er Auskunft über das Gesetzgebungsverfahren zum geplanten Aufsichtswechsel über die 34f-Vermittler auf die BaFin und erläutert, wie Vermittler, die sich gut vorbereiten, von der Reform profitieren können. Das Interview fand vor wenigen Wochen statt, die Diskussion um das Gesetz geht seither stetig weiter.

Herr Düssel, das Bundeskabinett hat kürzlich – in turbulenten Zeiten – den Gesetzentwurf zur BaFin-Aufsicht über 34f-Vermittler beschlossen. Ist die Aufsichtsübertragung trotz Kritik an mancher Stelle damit so gut wie durch?

Auch wenn sich die Stimmen im Kabinett mehren, die die Übertragung der Aufsicht auf die BaFin kritisch bewerten, dürfte die Mehrheit das Vorhaben weiterhin unterstützen. Ob es aber auch so kommt? Wir werden es sehen. Die Bundes­regierung hat jedenfalls angekündigt, dass die entsprechenden gesetzlichen Regelungen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden sollen. Aber Sie sagen zu Recht: Wir leben in turbulenten Zeiten!

Vermittlerverbände nennen das Gesetz gerade in der Corona-Krise mittelstandsfeindlich. Wie sehen Sie das?

Keine Frage: Die Übertragung der Aufsicht auf die BaFin wird mittelständische Unternehmen zunächst härter treffen als die großen Vermittlungsgesellschaften. Aber es ist noch zu früh, um zu beurteilen, wie sich die neue Regelung auf Dauer auswirkt. Denn aus Erfahrung wissen wir, dass Regulierung auch als Chance begriffen werden kann. Sie stärkt in jedem Fall das Vertrauen und erhöht die Qualitätsvermutung. Beides sind gute Argumente am Markt.

Vermittler verlieren damit auch den Kontakt zu den IHK und Gewerbeämtern. Die BaFin scheint vielen wenig greifbar, wenn es um Fragen geht. Kann die BaFin eine adäquate Anlaufstelle sein und Beratungsdienst­leistungen bieten?

Nein, ganz sicher nicht. Die BaFin wird Beratungsdienstleistungen gegenüber den Vermittlern – anders als die IHK und Gewerbeämter – nicht erbringen. Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Aber das heißt nicht, dass wir in Zukunft Unklarheit und Unsicherheit erleben müssen. Vermittler brauchen nun professionelle Beratung von Fachleuten, die das Handeln der BaFin nicht zuletzt dank eines regelmäßigen, konstruktiven und verlässlichen Austausches kennen.

Was bedeutet denn die geplante Änderung der Aufsicht nun inhaltlich für den einzelnen Vermittlerbetrieb?

Eine große Umstellung! Auch wenn die inhaltlichen Voraussetzungen formell identisch bleiben: Die BaFin pflegt eine andere – um nicht zu sagen: strengere – Aufsichtskultur als etwa die regionalen IHK. Das beginnt schon bei der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen. Auch Ordnungswidrigkeitenverfahren dürften sicherlich mit einem anderen „Temperament“ geführt werden. Aufgrund der zentralen Aufsicht durch die BaFin droht der konkrete Bezug zum Einzelfall zu leiden. Auf jeden Fall wird es schwieriger. Und da nicht jeder Vermittler gleich aufgestellt ist, bedarf es individueller Unterstützung. Aber die BaFin handelt nach klaren Mustern. Die muss ein Berater ebenso kennen wie jegliche Form und Ausprägung der Finanzvermittlung.

Die FinVermV soll im August 2020 ebenfalls in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) eingefügt werden. Was bedeutet das wiederum rechtlich?

Inhaltlich wurde die FinVermV an die EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II angepasst. Die wichtigste Änderung, die sich für Anlagevermittler ergibt, ist die Taping-Pflicht. Wenn Finanzvermittler ihre Beratungsdienstleistungen telefonisch erbringen, müssen sie diese fortan aufzeichnen und aufbewahren. Dies hat rechtliche Aspekte, aber auch technische. So ergeben sich zum Beispiel Implikationen mit Blick auf die DSGVO, also den Datenschutz. Hinzu kommen auch einige neue Bußgeldtatbestände, etwa wenn die Änderung von Stamm- und Kontaktdaten nicht umgehend angezeigt wird. Vermittler werden nun ähnliche Maßnahmen ergreifen müssen, wie die Kredit- und Finanzinstitute bei der Umsetzung von MiFID II. Aber auch hier gilt: Pragmatische Lösungen sind machbar. Das wissen wir aus unseren zahlreichen Beratungsmandaten von Kreditinstituten, die wir in Sachen MiFID II unterstützen durften. Vermittler sollten sich ganz genau anschauen, wen sie sich für die Anpassung an Bord holen.

Welche praktischen Auswirkungen hat das auf das Vermittlerbüro?

Zunächst dürften die Neuerungen – wie letztlich alle gesetzlichen Änderungen – zu Unsicherheiten führen. Insbesondere angesichts der Taping-Pflicht wird manch ein Vermittler eine klare Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen und sich fragen, ob es nicht auch Alternativen zur telefonischen Beratung gibt. Hier stellen sich dann rechtliche Fragen, wie, ob und wann Beratungen per E-Mail oder in sonstiger digitaler Form zulässig sind. Die rechtlichen Parameter bilden hier wichtige Leitplanken für eine nachhaltige wirtschaftliche Entscheidung.

Wie kompliziert wird es, wenn Vermittler mehrere Zulassungen haben? Sie müssen im Büro dann mit mehreren Aufsichtsregimen umgehen.

Ganz genau: Mehrere Aufsichtsregime tragen nicht zur Übersichtlichkeit im betrieblichen Alltag bei. Kein Zustand, der auf Dauer bleiben kann. Das dürfte auch dem Gesetzgeber klar sein. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, zumal bereits jetzt die ersten Stimmen, die auch eine Übertragung der Aufsicht für Versicherungsvermittler auf die BaFin fordern, zu vernehmen sind.

Und was wird eigentlich mit dem Erlaubnisverfahren?

Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.2021 sollen der BaFin die Auskunftsrechte gegenüber Finanzvermittlern eingeräumt werden. Vertriebs­gesellschaften sollen sodann innerhalb von sechs Monaten nach Übernahme der Aufsicht die Nachweise einreichen, die zur Durchführung des Nachweisverfahrens nach dem WpHG erforderlich sind. Die sonstigen Finanzvermittler sollen innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach entsprechender Aufforderung durch die BaFin die Nachweise einreichen. Die bestehenden Erlaubnisse nach den §§ 34f, 34h GewO sollen zunächst unter der Prämisse fortgelten, dass die Nachweise nach Aufforderung durch die BaFin rechtzeitig eingereicht werden. Ohne qualifizierte rechtliche Begleitung ist die Gefahr, Fehler zu machen, jedoch erfahrungsgemäß hoch. Und zu reparieren, ist immer schwieriger, als von Beginn an eine solide und rechtssichere Umsetzung zu verfolgen.

Wenn Sie Vermittlern heute drei Tipps geben sollten, wie sähen die aus?

Erstens sollten Finanzvermittler die weitere Entwicklung des Themas im Blick behalten und vor allem auch Fristen, die sich aus den gesetzlichen Änderungen ergeben, beachten. Zweitens sollten sie prüfen, welche Auswirkungen die Änderungen auf den eigenen Betrieb haben. Müssen Verträge angepasst werden? Müssen allgemeine Geschäftsbedingungen überarbeitet werden? Muss bei der Beratungsdokumentation etwas geändert werden? Bei Zweifelsfragen – dies als dritte Empfehlung an Vermittler – gilt: frühzeitig die Unterstützung qualifizierter Berater sicherstellen.

Und auf längere Sicht?

Rechtliche Neuerungen haben stets auch in der Praxis Änderungen zur Folge. Der Markt wird in Bewegung kommen. Das ist nicht nur als Last, sondern – wie eingangs bereits angedeutet – auch als Chance zu begreifen. Finanzvermittler, die sich jetzt klar, schnell und kompetent positionieren, erlangen einen Wettbewerbsvorteil.

Und wo setzt Ihre Kanzlei an?

Unsere Lösungsansätze umfassen ein ganzheitliches Konzept, das heißt: Wir bieten unseren Mandanten Lösungen für all ihre Belange im Zusammenhang mit den gesetzlichen Neuerungen. Wir prüfen Verträge und Formulare auf Aktualität. Wir stehen bei konkreten Fragen zu den rechtlichen Änderungen zur Seite und übernehmen selbstverständlich auch die Kommunikation mit der BaFin, etwa bei der Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen sowie bei Ordnungswidrigkeiten- und sonstigen Verfahren. Weiter helfen wir, wenn es um rechtliche Auseinandersetzungen mit Kunden geht. Unsere Stärke ist die lange Tradition und die große Erfahrung bei allen Themen des Finanzsektors und dessen Regulierung. Zudem steht uns mit der AWADO-Akademie ein kompetenter Partner zur Seite, der regelmäßig Schulungen – auch in digitaler Form – zu den relevanten Themen anbietet. Auch hier können sich Finanzanlagenvermittler vor allem durch Qualität von der Konkurrenz abheben. Wir bieten passende Lösungen für den Erwerb der Sachkunde, um bei allen Themen auf dem Laufenden zu sein.

Bild: © darkbird – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2020 und in unserem ePaper.

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Ein Artikel von
Christian Düssel