„Inzwischen scheint die BU in vielen Häusern in den Winterschlaf gegangen zu sein“, kommentierte Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer beim Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH (infinma), die aktuellen Ergebnisse der Untersuchung „Marktstandards in der BU“. Denn gegenwärtig würden sich laut infinma-Analyse die Anstrengungen der Versicherer bei der Produktentwicklung in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) lediglich auf vermeintlich immer neue Prämiensenkungen und dem „Erfinden“ neuer Berufsbilder beschränken. Die Analysten führen diese Stagnation in der BU vor allem auf den Konkurrenzdruck durch die Grundfähigkeitsversicherung zurück.
Meldepflicht über Wiederaufnahme einer Tätigkeit birgt Unsicherheiten
„Das ist insofern schade, da es immer noch einige Themen gibt, bei denen auf der Bedingungsseite Luft nach oben wäre. Nach wie vor ist es bspw. bei drei von vier Tarifen im Leistungsfall erforderlich, dass die versicherte Person von sich aus die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit anzeigen muss. Das ist durchaus nicht so trivial, wie es sich anhört“, ergänzte Marc Glissmann, ebenfalls infinma-Geschäftsführer. Denn eine Minderung des BU-Grades könne die versicherte Person häufig gar nicht erkennen, da ihr der medizinische Sachverstand dafür fehle.
Außerdem bestehe bei der Änderung bzw. Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit Uneinigkeit darüber, welche Ausprägung und welchen Umfang eine solche Tätigkeit annehmen muss. So sei unklar, ob bspw. bei einem berufsunfähigen Rechtsanwalt das Schreiben eines Buches oder das vereinzelte Halten von Vorträgen bereits unter die Vorschriften falle. Für die versicherte Person ist es daher vorteilhafter, wenn der Versicherer selbst in regelmäßigen Abständen nachfragen würde.
Befristete Anerkenntnisse sind für den Versicherten nicht immer vorteilhaft
Ein weiterer Kritikpunkt der infinma-Analyse bezieht sich auf die Möglichkeit seitens der Versicherer, BU-Leistungen befristet anzuerkennen. Ein solches befristetes Anerkenntnis sei deswegen erforderlich, da die Prüfung einer BU wegen der komplexer werdenden Berufsbilder oft erhebliche Zeit in Anspruch nehme. Die Berufsunfähigkeitsrente muss dann nur für den Zeitraum der Befristung – häufig zwölf oder 18 Monate – geleistet werden. Allerdings begründe ein befristetes Anerkenntnis keine rechtlich bindende Leistungspflicht. Zudem könne währenddessen die Frage nach einer eventuellen Verweisbarkeit zurückgestellt werden.
Ein befristetes Anerkenntnis kann daher laut infinma für die Versicherten durchaus problematisch werden. „In mehr als der Hälfte aller Tarife ist [dennoch] ein befristetes Anerkenntnis vorgesehen. Das ist aus Kundensicht nicht zwingend vorteilhaft; vor allem dann nicht, wenn der Kunde im Anschluss an die Befristung einen komplett neuen Leistungsantrag stellen muss“, erklärt Glissmann weiter.
Seite 1 Berufsunfähigkeit: Produktentwicklung der Versicherer stagniert
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