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12. November 2021
BU: Nachprüfungsrecht des Versicherers bei schweren Erkrankungen

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Ein Stempel aus Holz liegt auf einem Dokument. Deutsche Aufschrift Nachprüfung

BU: Nachprüfungsrecht des Versicherers bei schweren Erkrankungen

Vor über zehn Jahren hat das OLG Bremen zum Nachprüfungsrecht des Versicherers bei unheilbaren Erkrankungen geurteilt. Zuletzt hatte Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke sich des Urteils angenommen. Nun präsentiert Rechtsanwalt Dr. Frank Baumann seine Sicht der Dinge in einem Gastbeitrag.

Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen hatte sich in seinem Urteil vom 12.09.2011 (Az.: 3 U 12/11), veröffentlicht in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) 2011, 322, mit dem Nachprüfungsrecht des Versicherers in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beschäftigt.

Versicherter macht Leistung rechtlich geltend

Der als Konstruktionsschlosser tätige Versicherungsnehmer hatte im Rahmen eines Vorprozesses Ansprüche wegen gravierender Rückenprobleme aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit Erfolg geltend gemacht. Der von ihm verklagte Versicherer war durch Urteil des OLG Bremen zur Zahlung der versicherten Berufsunfähigkeitsrente verurteilt worden, nachdem im Rahmen einer Beweisaufnahme festgestellt worden war, dass der Kläger aus orthopädischer Sicht zu 60% berufsunfähig war.

Weitere gerichtliche Feststellung gefordert

Mit dem für ihn günstigen Urteil gab sich der Kläger jedoch nicht zufrieden, sondern forderte den Versicherer darüber hinaus auf, zu erklären, dass ihm kein Nachprüfungsrecht bezüglich seines Gesundheitszustandes zustehe, weil mit einer Besserung seiner Beschwerden nach seiner Auffassung nicht zu rechnen sei. Mit dieser Rechtsauffassung konnte sich der Kläger zu Recht durch zwei Instanzen hindurch nicht durchsetzen.

Kein „Generalausschluss“

In den Entscheidungsgründen führte das OLG Bremen Folgendes aus: Selbst aus der Tatsache, dass nach der bestrittenen Behauptung des Klägers keine Heilungsmöglichkeit bestehe, ergebe sich weder aus § 307 Abs. 1 BGB noch aus § 242 BGB ein „Generalausschluss“ des Nachprüfungsrechts des Versicherers.

Nachprüfungsrecht auch bei unheilbare Erkrankungen

Unter Bezugnahme auf dieses Urteil ist zum Teil die Rechtsauffassung vertreten worden, bei unheilbaren Erkrankungen könnten unter Umständen weitere Untersuchungen des Versicherten von dem Versicherer nicht verlangt werden (vgl. Jöhnke auf asscompact.de vom 03.11.2021). Dies könnte den fälschlichen Eindruck hervorrufen, dem Versicherer stehe kein Nachprüfungsrecht zu, wenn die versicherte Person an einer unheilbaren Krankheit erkrankt sei. Dem ist allerdings nicht zu folgen.

Zuletzt ausgeübter Beruf entscheidend

Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit liegt schon nach dem gesetzlichen Leitbild des § 172 Abs. 2 VVG vor, wenn die versicherte Person ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann. Es kommt demzufolge darauf an, ob der zuletzt in gesunden Tagen konkret ausgeübte Beruf infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls nicht mehr ausgeübt werden kann.

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Ein Artikel von
Dr. Frank Baumann, LL.M.