Interview mit Jennifer Brockerhoff, Finanzberaterin und Inhaberin der Brockerhoff Finanzberatung
Frau Brockerhoff, im September 2022 ist Ihr neues Buch „30 Minuten – Nachhaltige Geldanlage“ erschienen. Entspricht diese Zeitspanne in etwa einem Beratungsgespräch über nachhaltige Investments?
Ein guter Scherz! Eine Beratung zu Vermögensanlagen umfasst mehrere Termine, da kommt nun ein weiterer dazu, um die Komplexität des Themas Nachhaltigkeit adäquat zu erläutern.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei Fragen rund um nachhaltige Geldanlage haben sich eingetrübt. Die hohe Inflation schränke die Sparbereitschaft in der Bevölkerung ein, heißt es. Was verspüren Sie davon in der Finanzberatung?
Eine Zurückhaltung bei der Neuanlage von Geldern war seit Beginn des russischen Angriffskrieges deutlich zu spüren, unabhängig davon, ob diese konventionell oder nachhaltig angelegt werden sollten. Bereits im Dezember ist die Anzahl an neuen Anfragen wieder vermehrt gestiegen, vor allem im Bereich nachhaltiger Investments.
Studien deuten an, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ angesichts der Krisenstimmung aus Inflation, Krieg und Wirtschaftsflaute an Stellenwert verliert. Was stellen Sie bei Ihrer Kundschaft fest?
Wenn Sie kurzfristige Stimmungsbarometer meinen, mag das durchaus stimmen. Aktuelle Ereignisse lassen gerne den langfristigen Blick vorübergehend vernebeln. Die Anpassung der Wirtschaft an den bereits im Gang befindlichen Klimawandel bleibt die größte Herausforderung. Das treibt meine Kundschaft ebenfalls um, sodass ich bei ihr keine Veränderung des Stellenwertes feststellen kann – ganz im Gegenteil!
In diesem Zusammenhang sind die Erkenntnisse aus der Klimapsychologie hilfreich. Denn das innere Warnsystem des Menschen reagiert vor allem bei akuter Angst, Schock oder Panik. Der langsam, aber stetig voranschreitende Klimawandel erfüllt diese Kriterien nicht, sodass viele Menschen eher unterschwellig und unterbewusst besorgt sind.
Bei nachhaltigen Investments lässt sich zwischen privater Geldanlage einerseits und Altersvorsorgebausteinen andererseits unterscheiden. Welcher Bereich läuft wie gut?
Hier laufen beide Bereiche im Gleichschritt gut, obwohl die Auswahlmöglichkeiten bei der privaten Geldanlage deutlich größer sind.
Bei der privaten Geldanlage existieren nachhaltige Sparprodukte, Aktienfonds, ETFs und Anleihefonds. Worin investiert Ihre Kundschaft bevorzugt?
Meine Kundinnen und Kunden sind in der Regel langfristige Investoren, sodass Aktienfonds und ETFs in professionellen und gerne auch digitalen Vermögensverwaltungen bevorzugt werden.
Seite 1 Jennifer Brockerhoff: „Öko-Kitsch muss endlich ein Ende haben“
Seite 2 Die Produkte der Anbieter berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien in unterschiedlicher Intensität. Wie streng darf die nachhaltige Geldanlage denn bei Ihrer Kundschaft sein?
Seite 3 Und welche Gütesiegel und andere Hilfestellungen nutzen Sie, um den Nachhaltigkeitsanspruch eines Finanzprodukts einschätzen zu können?
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