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5. April 2019
Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Provisionen im Stornofall

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Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Provisionen im Stornofall

Keine Nachbearbeitung bei Kleinststorni und Eigenverträgen

In einigen Ausnahmefällen kann die Nachbearbeitung auch entbehrlich sein. Hierbei handelt es sich jedoch um echte Ausnahmefälle. Die Nachbearbeitungsverpflichtung entfällt bei sogenannten Kleinststorni. Hintergrund ist, dass auch der wirtschaftlich denkende Ver­sicherungsvertreter bei diesen Kleinststorni keine eigenen Stornobekämpfungsmaßnahmen ergriffen hätte. Diese können daher auch nicht vom Versicherer gefordert werden. Die Grenze ist dabei bei einer Rückforderung von 50 Euro je Versicherungsvertrag zu ziehen (OLG Brandenburg Urteil vom 07.10.2010, Az.: 12 U 96/09). Andere Instanzgerichte vertreten hierzu auch eine Wertgrenze von 100 Euro. Allerdings ist auch zu erwähnen, dass einzelne Instanzgerichte auch bei Kleinststorni eine Nachbearbeitungsverpflichtung des Versicherer bejaht haben, wenn im konkreten Einzelfall davon ausgegangen werden kann, dass auch ein wirtschaftlich denkender Ver­sicherungsvertreter den Kleinststorno nachgearbeitet hätte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2016, Az.: 16 U 32/16).

Ferner ist eine Nachbearbeitung nicht erforderlich, wenn es sich um Versicherungsverträge des Versicherungsvertreters selbst oder seiner nahen Angehörigen handelt. Unter diesen Voraussetzungen ist eine eigenständige Nachbearbeitung des Vertrages durch den Versicherer nicht erforderlich, der Ver­sicherungsvertreter verstößt vielmehr gegen den in § 242 BGB normierten Grundsatz von Treu und Glauben, wenn er sich darauf beruft, der Versicherer habe ihn nicht zur Einhaltung des von ihm selbst geschlossenen Vertrages angehalten (OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2009, Az.: 12 U 254/08).

Aussichtslosigkeit von Stornobekämpfung

Eine Nachbearbeitung ist auch dann nicht erforderlich, wenn Stornobekämpfungsmaßnahmen von Anfang an aussichtslos sind. Dies ist etwa der Fall bei feststehender Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers oder wenn dieser einen Interessenwegfall mitteilt (OLG Zweibrücken, Urteil vom 24.05.2011, Az.: 8 U 158/08).

Die Rechtsprechung in der Fragestellung der Rückforderung von Provisionen im Stornofall ist komplex. Um zu prüfen, ob Rückforderungen rechtmäßig sind, empfiehlt es sich, einen im Vertriebsrecht spezialisierten Anwalt zu beauftragen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2019, Seite 116 f. oder in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Jens Reichow