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19. August 2022
Altersvorsorge braucht Wettbewerb von Finanzprodukten

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Altersvorsorge braucht Wettbewerb von Finanzprodukten

Sie sprechen von einer schärferen Regulierung vor allem in der Provisionierung der Vermittlungsleistung?

Ja. Ich bin aber kein Verfechter eines Provisionsverbotes. Was wir vielmehr brauchen, ist ein angemessenes Maß an Provision, und das haben wir nicht. Wenn wir vernünftige Provisionen hätten, würde die Maklerschaft automatisch mehr in Richtung Verbraucherschutz rutschen, so wie wir es beim BdV eben verstehen.

Im Frühjahr schlug der Exekutivdirektor für Versicherungsaufsicht, Herr Dr. Grund, die Einführung eines Provisionsrichtwertes bei Lebensversicherungen vor. Wie stehen Sie zu dieser Idee?

Wenn dieser Richtwert auf einem vernünftigen Niveau wäre, wäre das ein guter Vorschlag. Aber ich bin mit Herrn Dr. Grund in zwei Punkten nicht einer Meinung: Erstens, ich finde 2,5% als Richtwert immer noch zu viel. Zweitens, die BaFin möchte die Möglichkeit offenlassen, diesen Richtwert in bestimmten Fällen nach oben hin auszuweiten. Das finde ich falsch. Ich begrüße es aber sehr, dass die BaFin mit ihrer Studie zu den Kostenanteilen bei Lebensversicherungsprodukten im März 2022 überhaupt mal eine aussagekräftige Stellungnahme und mit dem Richtwert auch ein Instrumentarium vorgelegt hat.

Mit welchem Richtwert könnte sich denn der BdV anfreunden?

Der BdV hat schon vor ein paar Jahren 1,5% als Maximalwert vorgeschlagen. Seitdem ist die Produktwelt nochmals deutlich schlechter geworden, sodass man einen Richtwert nochmals neu analysieren müsste und weiter absenken müsste.

Ausschlaggebend für diese aus Verbrauchersicht schlechte Produktlandschaft war ja der Sündenfall, dass bei der Provisionierung weg von der versicherten Leistung hin zur Beitragshöhe gegangen wurde. Das ist ein katastrophales Incentive, da nur noch möglichst lange Beitragszahlungen und möglichst hohe Beiträge die Provision nach oben schrauben. Als Verbraucherschützer habe ich Verträge vorgelegt bekommen, in denen die Dauer der Beitragszahlung – natürlich mit Abkürzungsmöglichkeiten – auf bis 85 Jahre festgesetzt worden war. Die Provision ist in diesem Falle natürlich höher als bei einer Beitragslaufzeit bis zum 65. Lebensjahr. Genau dieser Anreiz geht massiv zulasten der Verbraucher und übrigens auch zulasten der individuellen Altersvorsorge.

Rückblickend auf 40 Jahre BdV kann man sich dann aber schon wundern, warum der Verein Mitte der 1990er-Jahre infolge dieser Änderung bei der Provisionierung nicht mehr Gegenwind gemacht hat.

Zum einen war der BdV zu der Zeit einfach deutlich kleiner und damit weniger wirkungsvoll aufgestellt. Zum anderen hatten wir eine völlig andere Welt. Deregulierung hieß das Zauberwort. Außerdem hatte Verbraucherschutz in der Politik keinen allzu großen Stellenwert. Die Entstehung der Verbraucherschutzorganisationen stand erst an ihrem Anfang. Unter diesen Rahmenbedingungen wurde dieses Anliegen nicht wirklich wahrgenommen. Aber selbstverständlich hätte ich mir gewünscht, dass damals ein stärkerer BdV diese Veränderungen im Sinne des Verbrauchers beeinflussen hätte können.

 
Ein Interview mit
Axel Kleinlein