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19. August 2022
Altersvorsorge braucht Wettbewerb von Finanzprodukten

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Altersvorsorge braucht Wettbewerb von Finanzprodukten

Apropos Wettbewerb: Muss es denn immer der ETF-Sparplan sein oder sind nicht auch aktiv gemanagte Fonds eine gleichwertige Wahl?

Aus Verbraucherschutzsicht sind aktive Fonds keine allzu gute Wahl. Erstens existiert hier ein Kostenproblem. Viele aktive Fonds sind einfach zu teuer. Und zweitens muss man schon ordentlich Glück haben – gerade auch über die lange Ansparphase hinweg –, damit eine höhere Rendite als mit einem ETF zu realisieren.

Werfen wir doch beim Thema Altersvorsorge noch einen Blick auf das Regierungshandeln. Die Renten- und Altersvorsorge-Reform der Regierung lässt auf sich warten. Die grobe Ausrichtung ist aus dem Koalitionsvertrag bekannt. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Wenn ich schon etwas erkennen könnte, dann könnte ich es auch bewerten. Bis dato handelt es sich aber ja nur um Absichtserklärungen und Prüfaufträge seitens der Regierung. Wir hätten uns hier eine rasche Konkretisierung gewünscht. Die 10 Mrd. Euro als Einstieg in eine Kapitaldeckung in der ersten Säule sind weder Fisch noch Fleisch. Was soll denn damit überhaupt passieren? In der dritten Säule scheint eine Art Fonds angedacht zu sein. Aber auch hier fehlt mir die Ausgestaltung, insbesondere die Frage der Auszahlung oder Verrentung ist noch völlig ungeklärt. Ich kann einen guten Willen erkennen, mehr nicht. Ich bin auch nicht sehr optimistisch, dass wir in dieser Legislatur eine Lösung dafür sehen werden.

Sie gehen mit den Versicherern hart ins Gericht, scheuen keine Klage, suchen die Öffentlichkeit und finden damit viel Gehör. Wie wichtig ist das „Lärm-machen“ für das Erreichen Ihrer Ziele?

Es geht uns nicht darum, Lärm zu machen. Wir machen unsere Stimme stark, um klarzumachen: Unsere Punkte sind wichtig. Ich denke, der BdV sorgt mittlerweile an vielen Stellen dafür, überhaupt für die Belange des Verbrauchers zu sensibilisieren. Und dabei geht es nicht nur ums Lärmmachen, der dann womöglich einfach wieder verklingt, sondern wir möchten die Diskussionen konstruktiv antreiben wie eben auch bei der Riester-Rente. Wir sagen den Menschen aber auch: Kümmert euch um eure Absicherung wie einer Haftpflicht- oder auch einer Elementarschadenversicherung. Aber die Gefahr, dass man eine falsche Haftpflicht besitzt, ist deutlich niedriger als eine zu teure Lebensversicherung.

Sie haben diverse verbraucherfreundliche Urteile – wenn auch einige Versicherer diese nicht so nennen würden – erstritten und wirken auf Gesetzesvorlagen und -änderungen ein. Was konkret hat denn der BdV bewirkt?

Der BdV hat eine Reihe von Verbesserungen für die Versicherten angestoßen. Bereits in den 1990er-Jahren haben wir eine verbesserte Transparenz bei Rückkaufswerten oder auch die stärkere Regulierung von Stornoabzügen entscheidend mitbeeinflusst. Auch die Versicherungsbedingungen sähen heute ganz anders aus, wenn es den BdV nicht gäbe.

Die Diskussion um die Bewertungsreserven haben wir bereits sehr erfolgreich geführt. Leider kam uns dann die Bundesregierung dazwischen, die die Weltmeisterschaft 2014 zu nutzen wusste, um weitgehend unbemerkt die Bewertungsreserven zusammenzustreichen. Das halte ich für eine Unverschämtheit, weswegen der BdV nun nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungs­gericht zieht. Aber dass es überhaupt eine Beteiligung an den Bewertungsreserven für die Versicherten gibt, ist ebenfalls dem BdV zu verdanken.

Im Bereich der Sachversicherungen sind wir aber mit dem GDV in einem sehr guten, konstruktiven und positiven Gespräch. Das ist nicht nur ein Gegeneinander, sondern zum Teil auch ein Miteinander. Ich glaube, GDV und BdV helfen den Versicherten, wenn wir es gemeinsam schaffen, bessere Lösungen zu suchen.

Und zu guter Letzt: Da der BdV bereits seit Mitte der 1990er-Jahre eine Schlichtungsstelle für Versicherte hatte, kann sich der Verein auch die Idee des Ombudsmanns auf die Fahne schreiben. Das ist eine echte Erfolgsstory, zumal der GDV daraus eine super Sache gemacht hat.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 96 ff., und in unserem ePaper.

Bilder: Axel Kleinlein, © BdV; © Andrey Popov – stock.abobe.com

 
Ein Interview mit
Axel Kleinlein